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BILDUNG/1036: Missbrauch bei Befristungen in der Wissenschaft eindämmen


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 17. April 2013

Arbeitsgruppe: Bildung und Forschung

Missbrauch bei Befristungen in der Wissenschaft eindämmen



Zur 1. Lesung des SPD-Gesetzentwurfs zum Befristungsrecht in der Wissenschaft erklärt der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Swen Schulz:

Die SPD-Bundestagsfraktion ist nicht länger gewillt, die Untätigkeit der Bundesregierung beim Befristungsmissbrauch im Wissenschaftsbereich hinzunehmen. Die wissenschaftliche Untersuchung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) hatte bereits 2011 eklatante Fehlentwicklungen festgestellt. Die Koalition jedoch ignoriert das Problem. Die SPD-Bundestagsfraktion dagegen ist gemeinsam mit verschiedenen Bundesländern entschlossen zu handeln.

Um die Berufs- und damit Lebensperspektiven vieler junger Wissenschaftler zu verbessern, wird die SPD-Bundestagsfraktion morgen eine Novelle des Befristungsgesetzes im Bundestag einbringen. Wissenschaft als Beruf muss attraktiv sein. Wir dürfen insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht durch schlechte Arbeitsbedingungen und Perspektiven abschrecken. Ein gleichgerichteter Gesetzentwurf wird in der Mai-Sitzung des Bundesrates eingebracht.

Die Gesetzesnovelle hat zum Ziel, die arbeitsrechtliche Position der Beschäftigten im Wissenschaftsbetrieb zu stärken, Mindestlaufzeiten von Befristungen zu definieren und die Rolle der Tarifpartner zu stärken. Damit sollen insbesondere unbegründete kleinteilige Befristungen von unter einem Jahr an Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen verhindert werden. Auch der Schutz der Promovierenden vor Ausnutzung muss verbessert werden. Die wichtigsten konkreten Regelungsinhalte sind daher:

- In der Promotionsphase soll die bis zu sechs Jahre mögliche Qualifizierungsbefristung nur dann genutzt werden dürfen, wenn entsprechende Betreuungsvereinbarungen geschlossen wurden. Darin sind die Rechte und Pflichten der Promovierenden festzulegen und ist insbesondere das Qualifizierungsziel der Beschäftigung zu gewährleisten.

- In der Postdoc-Phase sollen regelmäßig die Vertragslaufzeiten zwei Jahre betragen.

- Bei Befristungen auf Basis einer Drittmittelfinanzierung soll deren Laufzeit künftig mindestens über den gesamten Zeitraum reichen, für den auch die Mittelbewilligung vorliegt. Bei Bewilligungen von über zwei Jahren müssen die darauf basierenden Beschäftigungsverträge mindestens 24 Monate laufen.

- Das gilt auch für nichtwissenschaftliches - also technisches oder akzessorisches - Personal. Deren Befristung auf Drittmittelbasis soll überhaupt nur noch möglich sein, wenn die Erforderlichkeit dargelegt ist und die Mehrheit des entsprechenden Personals an der Einrichtung unbefristet beschäftigt ist.

- Die bisher unterschiedliche Auslegungspraxis, wie studentische Arbeitszeiten auf die Höchstgrenzen von 12 beziehungsweise 15 Jahren anzurechnen sind, soll studierendenfreundlich vereinheitlicht werden. Zusätzlich zu anrechnungsfreien Arbeitszeiten während eines ersten berufsqualifizierenden Studiums werden bei BA/MA-Studiengängen auch Arbeitszeiten während des anschließenden, sogenannten "konsekutiven" Masterstudiums nicht angerechnet.

- Bei der Anrechnung von Eltern-, Betreuungs- oder Pflegezeiten soll eine Regelungslücke geschlossen werden. Künftig werden entsprechende Zeiten automatisch nicht auf die Höchstgrenzen von 12 oder 15 Jahren angerechnet. Auf den bisher erforderlichen tatsächlich geschlossenen Verlängerungsvertrag soll künftig verzichtet werden.

- Schließlich soll die bisher im Gesetz enthaltene Tarifsperre abgeschafft werden, damit künftig die Tarifpartner eigenverantwortlich praxisnahe Regelungen verabreden können.

Das vorgelegte Gesetz schafft einen neuen, tragfähigen Ausgleich zwischen den unbestrittenen besonderen, sachgerechten Befristungsbedarfen im Wissenschaftsbetrieb und den Interessen der Beschäftigten. Es leitet die Arbeitgeber an, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen beschäftigtenfreundlicher einzusetzen. Weitere Regelungsvorschläge, etwa zur Verbesserung der Familienkomponente oder zur weiteren Einschränkung von Drittmittelbefristungen, werden wir in den parlamentarischen Beratungen eingehend prüfen.

Mit der parallelen Initiative im Bundestag und Bundesrat wird deutlich, dass Bundesregierung und Koalitionsfraktionen in dieser Frage isoliert sind. Sie zeigen sich unwillig oder unfähig, die unhaltbare Lage vieler junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erkennen und zu handeln. In den kommenden Beratungen hat sie die Gelegenheit, ihre Position noch einmal zu überdenken und ein positives Signal für die jungen Menschen zu setzen.

Copyright 2013 SPD-Bundestagsfraktion

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 474 vom 17. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013