Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → SPD

FINANZEN/1457: Verpasste Chance für Deutschland - Wahlkampfhaushalt statt Konsolidierung


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 13. März 2013

Arbeitsgruppe: Haushalt

Verpasste Chance für Deutschland: Wahlkampfhaushalt statt Konsolidierung



Anlässlich der heutigen Beschlussfassung im Kabinett über die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2014 erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

Die Bundesregierung hat sich von einem ambitionierten Konsolidierungsziel verabschiedet: Merkel und Schäuble wollen in 2014 immer noch neue Schulden in Höhe von 6,4 Milliarden Euro aufnehmen, sie werden damit in dieser Legislaturperiode rund 100 Milliarden Euro neue Schulden zu verantworten haben. Das wird ab kommenden Jahr bei gegenwärtigem Zinssatz acht bis zehn Milliarden Euro jährlich an Zinsen kosten. Der Bundesfinanzminister hat die guten Zeiten der vergangenen Jahre nicht für eine konsequente Senkung der Neuverschuldung genutzt. Über 30 Milliarden Euro Steuergeld im Jahr werden für Zinsen bezahlt - Geld, dass dem Bund für seine Aufgaben fehlt. Wir brauchen endlich eine Schubumkehr.

Zusätzlich werden sogar Haushaltslöcher in Höhe von knapp 1,7 Milliarden Euro verschleiert, indem - zum Beispiel für das Betreuungsgeld und den Hochschulpakt - pauschale Einsparungen in den Haushalt aufgenommen werden (so genannte Globale Minderausgaben), die noch gar nicht vollzogen sind. Wo diese Mittel eingespart werden sollen, sagt die schwarz-gelbe Bundesregierung nicht, sondern schiebt es der nächsten Bundesregierungvor die Füße.

Die Ausgaben bleiben mit knapp 297 Milliarden Euro in 2014 sehr hoch und nahezu auf dem Niveau wie 2013 - und das, obwohl in 2013 insgesamt 8,6 Milliarden Euro als Kapitalbeitrag an den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu zahlen waren. In 2014 werden noch 4,3 Milliarden Euro an den ESM gezahlt. Um diese Zahlungen bereinigt lagen die Ausgaben in 2013 bei 293 Milliarden Euro, in 2014 liegen sie bereinigt bei 292,6 Milliarden Euro. Und das, obwohl die Bundesregierung in 2014 knapp vier Milliarden Euro weniger Zinsausgaben als bislang geplant veranschlagt hat. Gespart wird also entgegen allen Schönredens gar nicht mehr. Die Behauptung der Bundesregierung, sie habe ressortübergreifend finanzielle Mittel eingesammelt, wird so zur Selbsttäuschung und zu einer Täuschung der Öffentlichkeit.

Auch ist keine Rede mehr von den Altschulden der Finanz- und Wirtschaftskrise: Die zusätzlichen Schulden für die Konjunkturprogramme des Jahres 2009 werden wieder nicht getilgt, weil vom niedrigen Bundesbankgewinn von erwarteten zwei Milliarden Euro in 2014 knapp 600 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt an Griechenland überwiesen werden und die verbleibenden 1,4 Milliarden Euro nicht ausreichen, um den Investitions- und Tilgungsfonds zu bedienen. Sie werden erneut in die Zukunft geschoben - mitsamt Zinsen. Damit fließt echtes deutsches Steuergeld an den griechischen Staat.

Um ihre Bilanz für den Wahlkampf zu schönen, greifen Merkel und Schäuble unverantwortlich ein weiteres Mal in die Sozialkassen - bereits 2013 hat die Koalition tief in die Taschen der Beitragszahler gegriffen. Der gesetzlichen Rentenversicherung wurden im Jahr 2013 schon knapp 2,1 Milliarden Euro entzogen (Vorab-Entzug 760 Millionen Euro zuzüglich Beitragssenkung, die zu 1,3 Milliarden Euro weniger Bundeszuschuss führt); das wird für 2014 mit weiteren 400 Millionen Euro fortgesetzt. Dem Gesundheitsfonds wurden in 2013 schon knapp 2,5 Milliarden Euro entzogen, in 2014 werden es 3,5 Milliarden Euro sein. Bundesgesundheitsminister Bahr ist auf ganzer Linie gescheitert. Stattdessen werden die Haushaltslöcher gestopft. Die Sozialkassen werden für kurzfristigen Wahlkampfhaushalt geplündert. Das ist das Geld der Beitragszahler, der arbeitenden Menschen.

Weitere Einschnitte bei Eingliederung von Arbeitslosen: Der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales steigt zwar leicht an. Diese Mittel werden aber lediglich für höhere Ausgaben beim Arbeitslosengeld II und der Grundsicherung im Alter verwendet. Nach schwarz-gelber Tradition wird damit wieder kein weiterer Euro für die Eingliederung für Arbeitsuchende eingeplant. Die nicht angemessenen Einschnitte setzen sich fort, für Fortbildung steht zu wenig zur Verfügung. In Zeiten des Fachkräftemangels, in denen dringend zusätzliche Qualifizierung benötigt wird, versündigt sich die Koalition auch hier an Deutschlands Zukunft. Und sie verweigert den ehrlich und anstrengend arbeitenden Menschen weiter einen gesetzlichen Mindestlohn, der endlich zu fairen Einkommen führt. Ein Mindestlohn von 8,50 pro Stunde würde zu Lohnverbesserungen von etwa 14 Milliarden Euro für die Beschäftigten führen. Stattdessen werden sie über das ALG II subventioniert.

Keine Steigerung der Investitionen: Um Deutschlands Zukunft zu erhalten und nicht länger von der Substanz zu leben, brauchen wir dringend mehr Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Städtebauprogramme und Energiewende. Das muss durch Umschichtungen im Haushalt, aber auch durch mehr Mittel geschehen. Die Bundesregierung tut das glatte Gegenteil: Die Investitionen sinken um knapp eine Milliarde Euro auf nur noch 25,3 Milliarden Euro. Merkel und Schäuble zehren an Deutschlands Substanz.

Besonders gravierend ist dabei die finanzielle Aufkündigung der Energiewende: Im Energie- und Klimafonds (EKF) sind in 2014 Einnahmen aus dem Erlös der CO2-Zertifikate von 2,18 Milliarden Euro geplant, das entspricht einem Zertifikatspreis von knapp zehn Euro. Aktuell werden gerade einmal etwa vier Euro pro Zertifikat erlöst, Tendenz sinkend. Da der EKF sich nur sehr begrenzt Mittel aus dem Bundeshaushalt leihen kann (nur zehn Prozent seines Wirtschaftsplans für ein Jahr), werden wichtige Projekte wie die Gebäudesanierung, das Marktanreizprogramm und die Forschung und Entwicklung von Elektroantrieben weiter ins Stocken geraten oder sogar ausfallen. Deutschland verliert damit den Anschluss bei Zukunftstechnologien. Nun hat die Koalition im Kabinett zwar beschlossen, auf den Bankraub bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) formal zu verzichten. Stattdessen sollen aber Förderprogramme aus dem EKF auf die KfW übertragen und damit der Entscheidung des Parlaments entzogen werden. Faktisch werden sie damit zum antidemokratischen Schattenhaushalt.

Kein Abbau von Subventionen: Die Koalition hat im Eckpunktebeschluss keine einzige Subvention gekürzt, sondern mit dem Betreuungsgeld sogar eine weitere aufgenommen. Eine traurige Bilanz für die FDP, die sich finanzpolitisch in dieser Legislaturperiode nicht durchsetzen konnte, sondern das glatte Gegenteil von dem getan hat, was sie jahrelang im "Liberalen Sparbuch" forderte.

Die Ansätze für Zinszahlungen des Bundes werden in 2014 um insgesamt knapp vier Milliarden Euro gegenüber der Planung gesenkt, in der Finanzplanung bis 2017 sogar um etwa 26 Milliarden Euro. Die Ausgaben steigen im Finanzplanungszeitraum aber von 302 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 308,7 Milliarden Euro im Jahr 2017. Damit werden 32 Milliarden Euro schlicht verjuxt.

Die Finanz- und Bankenbranche wird wieder mal geschont: Die Koalition hat zweimal Anträge der SPD abgelehnt, wenigstens die Bankenabgabe zu erhöhen, um den deutschen Bankenrettungsfonds (Restrukturierungsfonds) robuster zu machen. Die Finanztransaktionssteuer, die Bundesfinanzminister Schäuble mit Einnahmen von zwei Milliarden Euro im Finanzplan hatte, wird wieder einmal verschoben. Wie lange werden die Koalitionäre im Bundestag die Lippenbekenntnisse der Bundesregierung noch dulden?

Das traurige Fazit für Deutschland: Die Bundesregierung zeigt kein Engagement mehr, handelt damit verantwortungslos und schiebt Löcher in die Zukunft, um dann nach der Wahl die Steuern zu erhöhen. Während die SPD ehrlich sagt, wenige Steuern für einige erhöhen zu wollen, verschleiern das Merkel und Brüderle in der Hoffnung, dass andere dann ihre Arbeit machen werden.

Copyright 2013 SPD-Bundestagsfraktion

*

Quelle:
Pressemitteilung Nr. 319 vom 13. März 2013
SPD-Bundestagsfraktion, Pressestelle
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: 030/227-5 22 82, Fax: 030/227-5 68 69
E-Mail: presse@spdfraktion.de
Internet: www.spdfraktion.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2013