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RECHT/472: Sigmar Gabriel zum Tod von Winfried Hassemer


SPD-Pressemitteilung vom 10. Januar 2014

Sigmar Gabriel zum Tod von Winfried Hassemer



Zum Tode des früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer erklärt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel:

Am Donnerstag starb der Strafrechtsprofessor und frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer. Er war ein Jurist, der mit seinen großen intellektuellen Fähigkeiten Freiheit und Gerechtigkeit diente. Ganz in der Tradition des großen sozialdemokratischen Staatsrechtlers Gustav Radbruch, den er verehrte, war für Hassemer die Jurisprudenz eine wertorientierte Wissenschaft. Das machte ihn zu einem sehr politischen Menschen. Wie kein anderer hat Winfried Hassemer Entscheidungen des Verfassungsgerichts in der breiteren Öffentlichkeit erklärt und für sie gestritten. Er tat dies voller Humor und ohne Jargon. Winfried Hassemer hat auf diese Weise anerkannt, dass das Bundesverfassungsgericht, überhaupt jede Rechtsprechung, nicht allein der Sphäre des Rechts angehört. Wie jede politisch wirkende Verfassungsinstitution in der Demokratie muss es sich der Debatte stellen.

Winfried Hassemer war sich der gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Recht formuliert und angewandt wird, sehr bewusst. Trotzdem vertrat er entschieden seine Urteile. Manche von ihnen, wie etwa die 2003 verkündete Ablehnung eines Verbots der NPD oder die 2005 unter seinem Vorsitz gefällte Entscheidung über die Auflösung des Bundestages, führte ihn mitten hinein in die politische Arena. Winfried Hassemer hat sich wie kaum ein anderer dieser Herausforderung gestellt.

Für Winfried Hassemer stand die Freiheit des Individuums im Zentrum seines Denkens als Strafrechtler. Das prägte auch sein Wirken beim Bundesverfassungsgericht. Immer wieder bemühte er sich um einen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Zielen Sicherheit und Freiheit. Unser Land hat mit ihm einen profilierten liberalen, im besten Sinne unabhängigen und stets streitbaren Juristen verloren.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 005/14 vom 10. Januar 2014
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2014