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UMWELT/992: Gefahr durch Strahlung wird nicht ernst genug genommen


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 25. April 2013

Arbeitsgruppe: Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Gefahr durch Strahlung wird nicht ernst genug genommen



Anlässlich des 27. Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und der öffentlichen Anhörung hierzu im Umweltausschuss erklären die zuständigen Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Marco Bülow und Oliver Kaczmarek:

Wir gedenken den Tausenden Opfern der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Leider wird die Zahl der Opfer auch nach mehr als 27 Jahren wohl noch steigen, denn die Folgen von Strahlung werden erst langfristig in ihrer gesamten Dimension sichtbar werden. Auch unter den Folgen der Strahlung durch den GAU in Fukushima werden noch viele Menschen in Japan leiden müssen. Die Sachverständige Dr. Dörte Siedentopf von IPPNW (Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung) sprach in der öffentlichen Anhörung von zu erwartenden 20.000 bis 120.000 zusätzlichen Krebserkrankungen. Schon jetzt weisen mehr als 40 Prozent von 133.000 untersuchten Kindern in der Region Fukushima Zysten und Knoten in der Schilddrüse auf. Die Folgen auch von niedriger Strahlung würden noch immer unterschätzt, dabei würde diese nachweisbar zu Zellschädigungen und Mutationen führen.

Die Aussagen der Sachverständigen in der Anhörung des Umweltausschuss bestätigten die Befürchtung, dass die von radioaktiver Strahlung ausgehende Gefahr noch immer nicht ernst genug genommen wird. So ist die Situation in Tschernobyl nach Aussagen des Sachverständigen Wladimir Kuznetsov, Direktor des Nuklear- und Strahlungssicherheits-Programms von Green Cross Russland und zehn Jahre Ingenieur in Tschernobyl, nach wie vor gefährlich. Durch den Super-GAU, Brände und weitere Havarien sind viele Bauteile des AKW sehr belastet worden. Die Probleme werden aber aus Geldmangel nicht beseitigt. Der alte Sarkophag weist Undichtigkeiten auf und der neue ist noch nicht fertig. Kuznetsov fordert eine unabhängige Kontrolle der Arbeiten in Tschernobyl. Ansonsten würden die Maßnahmen mit Sicherheit nicht so ausgeführt und Gelder würden nicht so verwendet werden wie es nötig wäre. Deutschland solle sich an einer solchen Kontrolle beteiligen.

Unverständlicherweise sind in Russland noch immer elf Reaktoren des Tschernobyl-Typs in Betrieb. Kuznetsov berichtete, dass der russische Betreiber Rosatom nach Fukushima zwar alle Atomkraftwerke überprüft habe: Diese Überprüfung habe aber lediglich zwei Wochen gedauert, mit dem Resultat, dass alles in Ordnung sei und ein Unfall wie in Fukushima in Russland nicht passieren könne. Wladimir Kuznetsov, der als einziger Techniker bis Oktober 2012 im Beirat von Rosatom saß, erklärte, dass er dort keinerlei technische Informationen erhalten habe, um die Situation in den Atomkraftwerken beurteilen zu können. Das von ihm geschilderte mangelnde Bewusstsein in Russland und der Ukraine für die Gefahren der Atomenergie ist äußerst besorgniserregend.

Die falsche Einschätzung der Gefahren der Atomenergie in anderen Teilen der Welt sollte die Bundesregierung sensibel machen. Statt Verantwortung zu übernehmen, ist ihr Vorgehen nach dem in Deutschland beschlossenen Atomausstieg hauptsächlich von Desinteresse geprägt.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung daher auf, sich weltweit stärker für Sicherheit von Atomkraftwerken und die Beendigung der Nutzung von Atomenergie einzusetzen. Darüber hinaus möchten wir all jenen ehrenamtlichen Organisationen in ganz Europa danken, die sich auch heute noch für die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl engagieren. Sie verdienen unsere höchste gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung.

Copyright 2013 SPD-Bundestagsfraktion

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 538 vom 25. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013