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AFRIKA/1018: Côte d'Ivoire - Ehemalige Rebellen kassieren mit, Ende der 'Parallelabgaben' gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2011

Côte d'Ivoire: Ehemalige Rebellen kassieren mit - Ende der 'Parallelabgaben' gefordert

Von Grit Porsch


Berlin, 8. August (IPS) - In Côte d'Ivoire hat der gewählte Staatspräsident Alassane Ouattara seinen legitimen politischen Machtanspruch zwar für sich entschieden, doch von geordneten Verhältnissen kann in dem westafrikanischen Land weiterhin kaum die Rede sein. So kommt der Wiederaufbau der Verwaltungsstrukturen im jahrelang von Ex-Rebellen kontrollierten Norden erst langsam voran, und Steuern, Zölle und Gebühren werden einem Bericht des UN-Informationsdienstes IRIN nach Art moderner Wegelagerei eingetrieben.

Die Bürger sind verunsichert und verlangen ein einheitliches, für das ganze Land verbindliches Steuersystem. Die Lebensmittelhändlerin Makoura Dagnogo aus dem nördlichen Korhogo, die kürzlich mit einem für umgerechnet rund 2.000 US-Dollar gemieteten Lastwagen unterwegs war, berichtete, wie sie im Norden von Soldaten der gemischten Streitkräfte 'Forces Républicaines de Côte d'Ivoire' (FRCI) mit 750 Dollar zur Kasse gebeten worden war. Und im Süden hätten ihr Angehörige der FRCI weitere 216 Dollar abverlangt, weil die im Norden oder Süden ausgestellten Zahlungsbelege im jeweils anderen Landesteil nicht anerkannt werden. "Dieses Durcheinander schadet allen", klagte die Geschäftsfrau gegenüber IRIN. "Ein harmonisiertes, einheitliches Steuersystem würde dem ganzen Land nützen."


Administratives Tohuwabohu

Auch Zié Sekongo, der im nördlichen Korhogo ein Restaurant betreibt und ein Videogeschäft gegründet hat, bekommt das fiskalische Durcheinander der Übergangszeit zu spüren. "In manchen Gegenden kassieren die Ex-Rebellen weiterhin Steuern, während staatliche Unternehmen wie die Stromlieferanten beginnen, ihre seit 2002 aufgelaufenen Rückstände einzutreiben." Der Wirtschaftsexperte Souleymane Ouattara stimmte ihm zu: "Wenn die Regierung ihr Steuersystem wiederbeleben will, muss sie die verschiedenen öffentlichen Kassen und Steuerveranlagungen unverzüglich vereinheitlichen", betonte er.

Zié Cissy, ein Finanz- und Wirtschaftsberater im Finanzministerium, ist zuversichtlich. "Ministerpräsident Soro Guillaume hat erklärt, die Regierung werde keine Kosten scheuen und bald mit umfassenden Maßnahmen dieses Parallelsystem der Staatseinnahmen, das in der politisch-gesellschaftlichen Krise von 2002 entstanden ist, aus der Welt schaffen", sagte er.

Um zu verhindern, dass Côte d'Ivoire politisch und fiskalisch auseinander fällt, hat die internationale Krisengruppe in ihrem aktuellen Afrikabericht vom 1. August der Regierung in Abidjan Vorschläge zur Rückkehr zu einem geordneten Steuersystem vorgelegt. Das unabhängige Gremium empfiehlt, die irregulären Mautstationen, Checkpoints und anderen Kontrollposten im Land abzuwickeln. Marktgebühren und alle übrigen Formen von doppelt kassierten Steuern sollten abgeschafft, alle seit Beginn der Rebellion 2002 im Norden besetzten Verwaltungsstellen geräumt und Versorgungsunternehmen ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden. (Ende/IPS/mp/2011)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2011