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AFRIKA/1355: Afrika - 'Transparency International' stuft auch Privatsektor als äußerst korrupt ein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Dezember 2015

Afrika: 'Transparency International' stuft auch Privatsektor als äußerst korrupt ein

von Jutta Wolf


BERLIN (IPS/IDN) - In Simbabwe vergewaltigte ein Mann ein neunjähriges Mädchen, das auf dem Weg zur Schule war. Die Polizei nahm den Täter fest, ließ ihn kurz darauf aber wieder frei - weil er Schmiergeld gezahlt hatte. Dieser Fall ist keine Ausnahme. In ihrem neuen Bericht 'People and Corruption: Africa Survey 2015' stuft die Organisation 'Transparency International' die Polizei und die Privatwirtschaft auf dem Kontinent als hochgradig korrupt ein. "Solche Geschichten erfahren wir jeden Tag", heißt es in dem Report. "In vielen Ländern kann man mit Geld erreichen, dass Polizeibeamte jedes Verbrechen übersehen, so grauenvoll es auch sein mag. Es ist nur eine Frage des Preises."

Mehr als jeder Fünfte in Afrika kommt in irgendeiner Form mit Korruption in Berührung. "Erschreckenderweise müssen wir davon ausgehen, dass fast 75 Millionen Menschen im vergangenen Jahr Schmiergeld gezahlt haben. Einige von ihnen haben sich damit einer Haftstrafe entzogen. Andere waren zu den Zahlungen gezwungen, um Zugang zu dringend benötigten grundlegenden Dienstleistungen zu erhalten."

In der jüngsten Afrika-Ausgabe des Globalen Korruptionsbarometers, die 'Transparency International' gemeinsam mit 'Afrobarometer' herausgab, wurden zwischen März 2014 und September dieses Jahres 43.143 Personen in 28 Staaten zu ihren Erfahrungen mit Bestechung befragt. "Mehr als die Hälfte aller Afrikaner (58 Prozent) haben den Eindruck, dass die Korruption zunimmt und dass ihre Regierungen das Problem nicht bekämpfen können. In Sierra Leone, Nigeria, Liberia und Ghana halten die Bürger das Ausmaß der Bestechlichkeit in ihrem Land für besonders gravierend", heißt es im Bericht.


Nur wenige Bürger trauen ihren Regierungen

Wenigen Staaten in der Region wird bescheinigt, effizient gegen das Übel vorzugehen. In Botswana, Lesotho, Burkina Faso und im Senegal müssen dem Bericht zufolge nur wenige Menschen Schmiergelder zahlen, und die Bürger haben das Gefühl, dazu beitragen zu können, die Korruption zu stoppen.

Dadurch, dass es mittlerweile Staaten in der Region gibt, die dem Problem gewachsen sind, sieht 'Transparency International' einerseits Grund zur Hoffnung. Auf der anderen Seite zeigt sich die Organisation aber auch enttäuscht darüber, dass die meisten afrikanischen Länder bei der Eindämmung der Bestechlichkeit offensichtlich nicht vorangekommen sind.

In Südafrika sind sogar 83 Prozent der Einwohner der Ansicht, dass die Korruption in der jüngeren Vergangenheit zugenommen hat. In keinem Land Afrikas hat eine klare Mehrheit der Bevölkerung ein positives Urteil über die Anstrengungen der Regierungen im Kampf gegen die Bestechlichkeit abgegeben. 18 von 28 Regierungen wird in diesem Zusammenhang von der Mehrheit der Bürger vollständiges Versagen vorgeworfen.

Auf dem ganzen Kontinent gelten Polizei und Unternehmensvorstände als besonders korrupt. Während die Polizei regelmäßig als hoch bestechlich eingestuft wird, sind Vertreter der Privatwirtschaft in den bisherigen Korruptionsbarometern von 'Transparency International' nie derart negativ bewertet worden wie jetzt. Aus früheren Berichten ging bereits hervor, dass Personen, die mit Polizei und Gerichten zu tun hatten, am ehesten Schmiergeld gezahlt haben. Insofern wird nun deutlich, dass in diesen für die Sicherheit und Aufrechthaltung der Rechtsordnung wichtigen Bereichen keine Fortschritte erreicht wurden.


Schmiergeldzahlungen in Liberia besonders verbreitet

Aus der Untersuchung geht weiterhin hervor, dass 22 Prozent aller Personen, die in den Staaten südlich der Sahara in den vergangenen zwölf Monaten mit Behördenvertretern in Kontakt kamen, Bestechungsgeld zahlten. Am gravierendsten ist die Situation in Liberia, wo in fast 70 Prozent der Fälle Geld geflossen ist. In ganz Afrika war die Wahrscheinlichkeit, dass ärmere Menschen Schmiergeld zahlen mussten, etwa doppelt so hoch wie bei den Wohlhabenden.

Die Bewohner Afrikas zeigen sich gespalten bei der Frage, ob einfache Bürger den Kampf gegen Korruption beeinflussen können. Nur 53 Prozent sind der Ansicht, dass sie selbst etwas gegen das Problem ausrichten können. 38 Prozent sind der gegenteiligen Meinung. Die meisten Befragten meinen, dass sie am meisten erreichen können, wenn sie Fälle von Bestechlichkeit zur Anzeige bringen und Schmiergeldforderungen ablehnen. Allerdings haben bisher nur zehn Prozent derjenigen, die Bestechungsgeld zahlten, dies tatsächlich angezeigt.

Dennoch kommt der Bericht von 'Transparency International' zu dem Schluss, dass Erfolge im Kampf gegen Korruption möglich sind. Bestechlichkeit wird als ein Haupthindernis für Entwicklung und Wirtschaftswachstum gesehen. Da sie das Vertrauen der Bürger in den Staat und und seine Institutionen schmälert, werden die Regierungen aufgefordert, mit vereinten Kräften gegen das Problem anzugehen.

Zu diesem Zweck wird empfohlen, Gesetze gegen korrupte Unternehmen und Geldwäsche zu verschärfen und strenger über ihre Einhaltung zu wachen, um den hohen Abfluss von Kapital aus der Region einzudämmen. Von den Regierungen verlangt 'Transparency International', das Informationsrecht der Bürger zu stärken und 'Whistleblowern' gesetzlichen Schutz zuzusichern. Damit kann es der Zivilgesellschaft erleichtert werden, öffentliche Institutionen transparenter und besser überprüfbar zu machen. (Ende/IPS/kf/07.12.2015)


Links:

http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2595-bribing-ones-way-to-basic-necessities-of-life-in-africa
http://www.transparency.org/whatwedo/publication/people_and_corruption_africa_survey_2015

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2015

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