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ASIEN/706: Philippinen - Rückhalt für Familienplanungsgesetz, Abgeordneten droht Exkommunikation (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Januar 2011

Philippinen: Rückhalt für Familienplanungsgesetz - Abgeordneten droht Exkommunikation

Von Kara Santos

Position der Kirche zu reproduktiven Rechten in der Kritik - Bild: Kara Santos/IPS

Position der Kirche zu reproduktiven Rechten in der Kritik
Bild © Kara Santos/IPS

Manila, 7. Januar (IPS) - Die katholische Bischofskonferenz auf den Philippinen (CBCP) hat Abgeordneten, die ein Gesetzespaket für das Recht auf reproduktive Gesundheit verabschieden wollen, mit der Exkommunizierung gedroht. In den Augen der Kirchenvertreter fördern Familienplanungsmethoden eine "Kultur des Todes und der Unmoral". Doch mit ihrer Ansicht stehen sie zunehmend alleine da.

Ende des Jahres haben Aktivisten erstmals eine 'Exkommunikationsparty' veranstaltet, um gegen die Einmischung der Geistlichen in die Landespolitik zu protestieren. Die Veranstaltung fand unter dem Motto 'Wenn die Unterstützung des Gesetzes für reproduktive Gesundheit Exkommunikation bedeutet, dann exkommuniziert mich' statt.

Derzeit liegen dem Parlament des südostasiatischen Landes insgesamt sechs Gesetze vor, die die Verwendung von Anti-Baby-Pillen, Kondomen und Co erlauben. Die katholische Kirche, die lediglich natürliche Formen der Familienplanung anerkennt, versucht die Verabschiedung der Vorlagen durch Druck auf die Abgeordneten zu verhindern. Politikern, die einen universellen Zugang zu Familienplanungsmethoden und Informationen über Möglichkeiten der Geburtenkontrolle befürworten, droht der Ausschluss aus der katholischen Kirche.

Katholische Gruppen widersetzen sich dem geplanten Gesetz, weil es ihrer Meinung nach der Promiskuität junger Menschen und Abtreibungen Vorschub leistet. Erst unlängst hatten Mitglieder von 'Pro-Life Philippines' unter Führung des erklärten Familienplanungsgegners Eric Manalang einer Gruppe von Studenten, armen Müttern und jungen Gesundheitsexperten den Zutritt zu einer Veranstaltung gegen die Verabschiedung des Gesetzes für reproduktive Gesundheit in der Kathedrale der Hauptstadt Manila untersagt.


"Weiche von uns Satan!"

"Weiche von uns Satan! Du hättest deine Mutter bitten sollen, dich abzutreiben", lautete eine Fürbitte, die von einem Pro-Life-Aktivisten vorgetragen und von einem Freidenker aufgenommen worden war. "Manalang bezeichnete sogar die gläubigen Katholiken unter uns als Teufel", berichtete Red Tani, der Vorsitzende der Philippinischen Freidenker. "Wenn die Kirchenhierarchie die Unterstützung der Gesetze für reproduktive Gesundheit als Ketzerei betrachtet, soll sie uns unter allen Umständen exkommunizieren."

Auf der Exkommunikationsparty hatten die Teilnehmer ein symbolisches 'Exkommunikationsdokument' unterzeichnet, das allen Kirchengemeinden des Landes zugestellt werden soll. "Es ist wunderbar, dass das Wort Meinungsfreiheit eine Bedeutung hat", meinte dazu der Künstler und Aktivist Carlos Celdran.

Im September hatte Celdran auf einer ökumenischen Feier die Haltung der katholischen Kirche gegenüber Verhütungsmitteln kritisiert. Daraufhin wurde er wegen 'Beleidigung der Gefühle der Gläubigen' festgenommen. 85 Prozent der 92 Millionen Philippiner sind katholisch.

In seiner Weihnachtsmesse verglich der CBCP-Vorsitzende Bischof Nereo Odchimar das Gesetz für reproduktive Gesundheit mit Terrorismus. "Wird es verabschiedet, kann der Schoß einer Frau zu einer furchtbaren Gefahr für all diejenigen werden, die noch geboren werden", erklärte er in einer offiziellen Mitteilung.

Sylvia Estrada-Claudio, Leiterin des Zentrums für Frauenstudien an der Universität der Philippinen, hatte ebenfalls an der Exkommunikationsparty teilgenommen. Wie sie betonte, "ist es schon erstaunlich, wie viele Katholiken, die auch weiterhin als Katholiken bezeichnet wurden, hierher gekommen sind, um sich exkommunizieren zu lassen".


Bevölkerungsmehrheit will verhüten

Obwohl die Veranstaltung in aller Schnelle organisiert worden war, waren alle Eintrittskarten ausverkauft. Das gleiche gilt für T-Shirts, auf denen für das neue Gesetz geworben wurde. 71 Prozent der Bevölkerung, das hat eine Untersuchung des Meinungsforschungsinstitut SWS herausgefunden, sind im Grunde für die Verabschiedung des Gesetzes für reproduktive Gesundheit. 76 Prozent wünschen sich die die Einführung von Aufklärungsunterricht an den öffentlichen Schulen.

Wie Elizabeth Angsioco, die Landesvorsitzende der Demokratisch-Sozialistischen Frauen auf den Philippinen (DSWP), erklärte, ist das Gesetz seit langem überfällig. "Arme Frauen sterben weiterhin an den Folgen einer vermeidbaren Schwangerschaft und an Geburtskomplikationen. Diese unnötigen Todesfälle müssen ein Ende haben." Durchschnittlich kommen auf den Philippinen Tag für Tag 4.000 Kinder zur Welt, und jeden Tag sterben nach Angaben des UN-Frauenfonds (UNIFEM) mindestens elf Frauen an geburtsbedingten Komplikationen. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.cbcponline.net/
http://www.prolife.org.ph/home/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=54045

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2011