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ASIEN/728: Indien - Korruptionsvorwürfe bringen Regierung in die Glaubwürdigkeitskrise (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. April 2011

Indien: Korruptionsvorwürfe bringen Regierung in die Glaubwürdigkeitskrise

Von Sujoy Dhar


Neu-Delhi, 4. April (IPS) - In Indien ist Klage gegen den ehemaligen Telekom-Minister A. Raja und mehrere Firmenmanager erhoben worden. Sie stehen in Verdacht, den Staat um mehr als 39 Milliarden US-Dollar geprellt zu haben.

So soll Raja Breitbandlizenzen der zweiten Generation weit unter Wert an große Mobiltelefondienstanbieter wie 'Reliance Telecom' und 'Unitech Wireless' verkauft zu haben. Die Unternehmer veräußerten die Lizenzen später zu erheblich höheren Preisen.

Mit mehr als 770 Millionen Wireless-Kunden verfügt Indien über den schnellstwachsenden Telekommarkt der Welt. Doch der Skandal hat dem Telekomsektor geschadet. So sind bereits führende Investoren abgesprungen, um in anderen Bereichen, etwa dem Technologie- und dem Bankensektor, zu investieren.

Indien wird seit Monaten von einer Korruptionsaffäre nach der der anderen heimgesucht, die die Regierungsallianz 'United Progressive Alliance' (UPA) in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise gestürzt haben. Auch wird immer häufiger der Ruf nach einem Rücktritt des Regierungschefs laut.

"Der Ministerpräsident muss zurücktreten", meinte Lal Krishna Advani, Chef der hindu-nationalistischen Bharatiaya-Janata-Partei (BJP) im Zusammenhang mit einer weiteren Affäre, die ein Zeitungsbericht ausgelöst hatte, der sich auf von WikiLeaks veröffentlichte Protokolle US-amerikanischer Diplomaten bezog. Demnach hat die indische Regierung Millionen Rupien für den Kauf von Abgeordnetenstimmen ausgegeben, um ein Geschäft mit den USA über die zivile Nutzung von Atomkraft durchs Parlament zu bringen.


Ansehensverlust

"Die Regierung ist vollständig am Boden", kommentiert der politische Analyst Paranjoy Guha Thakurta. Das Ansehen des Premierministers sei durch korrupte Politiker aus seinem Umfeld in Misskredit geraten.

Im März hatte der Oberste Gerichtshof die Ernennung von P. J. Thomas zum Leiter der 'Central Vigilance Commissioner' (CVC), der Korruptionsbekämpfungsbehörde Indiens, rückgängig gemacht. Das Gericht berief sich auf Thomas' Verwicklung in einen Erdölimportskandal, der von seiner Behörde nicht entdeckt worden war.

Politischen Analysten zufolge war das Urteil der größte Schlag gegen die Singh-Regierung, zumal der Ministerpräsident den Ausschuss geleitet hatte, der der Ernennung von Thomas zum CVC-Leiter zustimmte.

Der Oberste Gerichthof wirft der Regierung ferner vor, keine Maßnahmen ergriffen zu haben, um zu verhindern, dass wohlhabende Inder ihre Gelder in Steueroasen verbringen. Einem Bericht der 'Global Financial Integrity' (GFI) zufolge hat Indien zwischen 1948 und 2008 213 Milliarden Dollar durch solche illegalen Finanzflüsse verloren.

Der Beratungsfirma KPMG zufolge schaden die Korruptionsskandale dem Ansehen Indiens im Ausland, sind wachstumshemmend und schrecken Auslandsinvestoren ab. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2011