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ASIEN/750: Japan - Große Einschnitte in der Entwicklungshilfe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Juni 2011

Japan: Große Einschnitte in der Entwicklungshilfe

Von Suvendrini Kakuchi


Tokio, 16. Juni. (IPS) - Vor dem Hintergrund der Tsunami-, Erdbeben- und Nuklearkatastrophe im März reduziert Japan seine internationale Entwicklungshilfe. Davon werden unter anderem die internationalen Kampagnen gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria betroffen sein. Experten raten zu einer verstärkten Zusammenarbeit des Staates mit der Privatwirtschaft.

Hilfsorganisationen warnen davor, dass die globalen Gesundheitsprogramme Einschnitte von rund 200 Millionen US-Dollar verkraften müssen. Damit sind die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zur Armutsbekämpfung gefährdet. Um Kritiker zu besänftigen, teilte der japanische Außenminister Takeaki Matsumoto kürzlich mit, dass die Einschränkung der Hilfen auf ein Jahr befristet sei.

2011 beläuft sich das japanische Budget für die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) auf 7,2 Milliarden Dollar. Dies entspricht weniger als 0,18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im April beschloss das Kabinett Kürzungen von fast zehn Prozent - rund 600 Millionen Dollar - noch im laufenden Jahr.

Matsumoto bezeichnete die Maßnahme zwar als "bedauerlich", betonte aber zugleich, dass die Regierung in Tokio vor allem die Ausgaben für Darlehen in Yen und Beiträge zu multilateralen Fonds beschneiden werde. Damit soll verhindert werden, dass der nationale Wiederaufbauplan nach der Katastrophe im eigenen Land Rückschläge erleidet.


Japans Einfluss in der Welt schwindet

"Japans Entwicklungshilfe ist ein wichtiger Pfeiler der Diplomatie des Landes und treibt das Wachstum in Asien voran", erklärte der außenpolitische Experte Takeshi Inoguchi im Gespräch mit IPS. "Die neuen Kürzungen werden bewirken, dass sich Japan auf der internationalen Bühne weniger stark behaupten kann als bisher." Inoguchi warnte davor, dass das Vorgehen Tokios den Interessen des Landes längerfristig schaden werde.

Nach dem Erdbeben haben auch kleinere Entwicklungsländer substanzielle Hilfen für Japan bereitgestellt. Dies wurde als Zeichen des Respekts der internationalen Staatengemeinschaft für ein großes Geberland gewertet.

Inoguchi zeigte sich außerdem darüber besorgt, dass Japan in Asien angesichts des rasanten Aufstiegs der weltweit zweitgrößten Wirtschaftsmacht China immer weiter an Gewicht verliert. Auch Indien wird in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle spielen. "In einer sich rasch wandelnden Welt, in der neue Mächte wie China Einfluss in der Region ausüben, ist eine Kürzung des japanischen Budgets für Entwicklungshilfe wenig sinnvoll", kritisierte der Experte.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten gehörte Japan zu den größten Gebern in Asien. Durch seine Entwicklungshilfe hat das Land Infrastrukturprojekte, den Technologie-Transfer und die Armutsbekämpfung gefördert. Bislang war Japan nach den USA der zweitgrößte Geber für Staaten wie China und Indonesien. In den letzten zwei Jahren hat auch Indien einen erheblichen Teil dieser Zuwendungen erhalten, mit denen die lokale Industrie und die Infrastruktur ausgebaut werden sollten.

Japans Position eines führenden Geberstaates hat jedoch in letzter Zeit gelitten. Im vergangenen Jahr belegte das Land unter den Gebern in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nur noch den fünften Platz.

Aus dem vom Außenministerium in Tokio herausgegebenen Informationsbericht über Entwicklungshilfe für 2010 geht bereits hervor, dass wirtschaftliche Probleme im eigenen Land und ein Mangel an öffentlicher Unterstützung Kürzungen notwendig machten. Der Report empfiehlt öffentlich-private Partnerschaften, um die Entwicklung in den Ländern des Südens voranzubringen.


Kooperation des Staates mit privaten Unternehmen notwendig

Mari Nakamura vom 'Institute for Developing Economies' hält eine Zusammenarbeit des Staates mit japanischen Firmen für notwendig, um hoch entwickelte Technologien weiter zu fördern. "Japan revidiert seine alte Strategie, um gemeinsam mit dem privaten Sektor Hilfen für Entwicklungsländer bereitzustellen", sagte sie.

Als künftige Pfeiler der Entwicklungszusammenarbeit benannte Nakamura Mikrofinanzierung, Sozialmarketing und Bildungsförderung. Auch die Erfahrung japanischer Unternehmen beim Umweltschutz werde benötigt. Der Elektronik-Konzern Sony beispielsweise will kostengünstige tragbare Stromgeneratoren an Entwicklungsländer verkaufen. Der Nahrungsmittelkonzern Ajinomoto untersucht zurzeit, wie sich in Ghana nährstoffreiche Babynahrung für den lokalen Markt produzieren lässt. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2011