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ASIEN/835: Korea - Säbelrasseln dämpft Hoffnung auf nukleare Abrüstung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. April 2013

Korea: Säbelrasseln dämpft Hoffnung auf nukleare Abrüstung

von Jim Lobe



Washington, 3. April (IPS) - Die zunehmenden Spannungen zwischen Nordkorea auf der einen Seite und Südkorea und den USA auf der anderen haben derzeit jede Hoffnung auf eine atomare Abrüstung zunichte gemacht. Dabei hatte Pjöngjang noch im März letzten Jahres mit Washington vereinbart, die Entwicklung von Kernwaffen auf Eis zu legen.

Vielmehr veranlassten die jüngsten Schritte der drei wichtigsten Akteure UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zu dem Aufruf, Ruhe zu bewahren. Jede weitere Eskalation berge die Gefahr einer unglückseligen Verkettung der Umstände. "Die Krise ist bereits viel zu weit fortgeschritten", warnte er auf einer Pressekonferenz in Andorra.

Wie Ban, ein ehemaliger südkoreanischer Außenminister, weiter erklärte, gebe es für Nordkorea keinen Grund, auf Konfrontationskurs mit der internationalen Gemeinschaft zu gehen. Mit Atomwaffen sei nicht zu spaßen.

Ban nahm damit Bezug auf die Androhung der Regierung in Pjöngjang vom 2. April, den Atomreaktor in Yongbyon wieder hochzufahren. Der Komplex verfügt nach Angaben des US-amerikanischen Geheimdienstes über ausreichend Plutonium für den Bau von acht Atombomben. Allgemein wird davon ausgegangen, dass zwei Bomben 2006 und 2009 unterirdisch getestet wurden. Das Kernkraftwerk verfügt zudem über eine Urananreicherungsanlage und somit über eine weitere Möglichkeit, Atomwaffen herzustellen.

Der Atommeiler war vor sieben Jahren im Rahmen des Abkommens 'Heizöl gegen Atomkraft' infolge der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen USA, China, Japan und Russland und den beiden koreanischen Bruderstaaten abgeschaltet worden.


Muskelspiele

Der Reaktor werde unverzüglich wieder ans Netz gehen, hieß es nun in einer Mitteilung der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA. Er werde Strom generieren und dem Land dabei helfen, sich als atomare Streitmacht bis zum Zeitpunkt der weltweiten nuklearen Abrüstung zu positionieren.

Die USA haben indes einen weiteren Zerstörer zur Unterstützung der 'USS John McCain' in die Krisenregion entsandt. Dabei handelt es sich um das Raketenabwehrschiff 'USS Decatur', das im Westpazifik Stellung bezog.

Das Einsatzkommando fällt in eine Zeit, in der die USA und Südkorea ihre diesjährigen Militärübungen 'Foal Eagle' abhalten. Im Zuge der gemeinsamen Manöver hat die US-Luftwaffe demonstrativ Übungsangriffe mit B-52- und B2-Tarnkappenbombern gegen Nordkorea geflogen und damit Nordkorea weiter gereizt. Die Lage war ohnehin schon durch die im letzten Monat gegen Nordkorea verhängten wirtschaftlichen und politischen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gespannt.

Der Sicherheitsrat, dem auch Nordkoreas engster Verbündeter und wichtigster Treibstoff- und Lebensmittellieferant China angehört, hatte die Sanktionen einstimmig beschlossen. Damit reagierte er auf die am 12. Februar von Nordkorea durchgeführten unterirdischen Atomtests, den dritten seit 2006. Seit der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat, die mit dem Beginn der Operation Foal Eagle zusammenfiel, beschuldigt der 29-jährige Diktator Kim Jong-un Washington und Seoul, einen Atomschlag gegen Nordkorea zu planen.

Das Land selbst hat indes eine Reihe von Gegenmaßnahmen ergriffen. So führte es eigene militärische Übungen durch, widerrief den Waffenstillstand mit Seoul und kappte die Hotline zur südkoreanischen Regierung. Außerdem drohte es mit Präventivschlägen gegen Südkorea, die USA und deren Stützpunkte im Pazifik. Zu den jüngeren Maßnahmen gehört die Ankündigung, in den Kriegszustand mit Südkorea eingetreten zu sein.

Die US-Regierung hat zwar im Verlauf der Krise betont, dass Nordkorea offenbare keine besonderen Vorkehrungen getroffen habe, um seine Drohungen wahr zu machen. Jedoch befürchtet sie offenbar, dass die Feindseligkeiten angesichts der Alarmbereitschaft, in der sich die beiden Bruderstaaten befinden, und in Ermangelung einer Hotline leicht in eine Katastrophe münden könnten.


"Gefahr eines irrtümlich herbeigeführten Krieges"

"Es besteht Anlass zu der Sorge, dass ein von beiden Seiten irrtümlich durchgeführter Bombenanschlag eine Vielzahl tragischer Ereignisse nach sich ziehen könnte", warnte Alan Romberg, ein ehemaliger Asien-Berater des US-amerikanischen Außenministeriums, der derzeit das Asien-Programm des US-amerikanischen 'Stimson Center' leitet. "Hier geht es nicht um die Gefahr eines absichtlich sondern eines irrtümlich herbeigeführten Kriegseintritts."

Im Gespräch mit IPS unterstrich Romberg, dass die Ankündigung Pjöngjangs nicht notwendigerweise eine schlechte Nachricht sei, wohl aber die Entschlossenheit Nordkoreas zum Ausdruck bringe, mit der nuklearen Abrüstung solange zu warten, bis auch andere Atommächte dazu bereit seien. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das neue sogenannte 'Gesetz zur Festigung der Position eines Atomwaffenstaats aus Gründen der Selbstverteidigung', das die Oberste Volksversammlung Nordkoreas am 1. April beschlossen hat und das der Atomstrategie Nordkoreas einen rechtlichen Rahmen gibt.

Wie dem Gesetzestext zu entnehmen ist, sind die nordkoreanischen Atomwaffen zur Abschreckung gedacht. Sie sollen ausschließlich im Fall eines Angriffes durch einen verfeindeten Atomwaffenstaat oder als Vergeltungsschlag zum Einsatz kommen. Weiter wurde auch die Zusammenarbeit zugunsten einer atomaren Nichtverbreitung und Abrüstung in Aussicht gestellt. Nordkorea fahre im Gunde zweigleisig, so Romberg. Zum einen leite man Schritte ein, um zu zeigen, dass man an seinem Atomprogramm festhalte. Zum anderen erfolge dies in einer rechtlich geordneten Weise.

Washington hat bereits mehrfach Bereitschaft signalisiert, mit Pjöngjang über verschiedene Punkte zu verhandeln. Dazu gehört auch ein dauerhaftes Friedensabkommen, sollte sich Nordkorea bereit erklären, nuklear abzurüsten. "Doch in dieser Frage hat Nordkorea dicht gemacht", versicherte Romberg mit Blick auf die Ankündigung Nordkoreas, den Atomreaktor von Yongbyon wieder in Betrieb zu nehmen.


Direkte Gespräche gefordert

Eine zunehmende Zahl regierungsunabhängiger US-Analysten ist der Meinung, dass Washington sich stärker als bisher darum bemühen sollte, Pjöngjang zum Umdenken zu bewegen. In einem weit beachteten Kommentar forderte Mike Chinoy von der University of Southern California Präsident Obama auf, eine hochrangige Delegation nach Nordkorea zu entsenden.

"Nur direkte Gespräche mit Kim Jong-un werden den USA erlauben, sich ein realistisches Bild von den Chancen eines Dialogs und einer Wiederbelebung der diplomatischen Beziehungen zu machen", meinte Chinoy. "Die Alternativen sind so trostlos - bestenfalls eine Fortsetzung der Spannung und schlimmstenfalls ein neuer Koreakrieg oder eine furchteinflößende nukleare Verbreitung. Es ist die Sache wert, dass Obama das politische Risiko auf sich nimmt, um Kims Absichten zu prüfen." (Ende/IPS/kb/2013)


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/04/escalating-korea-crisis-dims-hopes-for-denuclearisation/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2013