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ASIEN/945: Nepal - Hoffen auf Geberkonferenz in diesem Monat (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2015

Nepal: Hoffen auf Geberkonferenz in diesem Monat

von Zhai Yun Tan


Bild: © Asiatische Entwicklungsbank /CC-BY-2.0

Eine Familie neben einem zerstörten Haus in der Nähe von Naglebhare, Nepal
Bild: © Asiatische Entwicklungsbank /CC-BY-2.0

WASHINGTON (IPS) - Das Erdbeben der Stärke 7,8 und die zahlreichen Nachbeben haben Nepal Verluste verursacht, die einem Drittel seiner Wirtschaftsleistung entsprechen. Nun hofft das südasiatische Land auf die Geberkonferenz am 25. Juni in der Hauptstadt Katmandu. Fest steht, dass die 27 Millionen Nepalesen noch viele Jahre unter den gravierenden Folgen der Naturkatastrophe zu leiden haben werden.

Nepals Finanzministerin Ram Sharan Mahat hat die Naturkatastrophe als das schlimmste Desaster in der nepalesischen Geschichte bezeichnet. Mehr als 8.000 Menschen kamen ums Leben, 22.000 Menschen wurden verletzt. Die Kosten der Schäden werden auf 5,15 Milliarden US-Dollar, die der Verluste auf 1,9 Milliarden Dollar geschätzt. Drei Fünftel aller Schäden betreffen den Wohnsektor.

"Jeder dritte Nepalese leidet unter den Folgen der Beben, jeder zehnte wurde obdachlos", so der Minister weiter. 500.000 Haushalte, in der Regel arme kleinbäuerliche Familien, haben ihre Lebensgrundlagen verloren. Die Weltbank geht davon aus, dass eine Million Nepalesen infolge der Katastrophe in die Armut abgerutscht sind.

Das UN-Amt für die Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) erklärte auf seiner Webseite, dass 8,1 Millionen Nepalesen auf Hilfe angewiesen seien und 1,9 Millionen Nahrungsmittelhilfe benötigten. Doch bisher wurden erst 129 Millionen Dollar der 422 Millionen Dollar, die die Vereinten Nationen eingefordert hatten, aufgebracht.


Entwicklungsrückschläge

Nepal ist ein hoch verschuldetes Entwicklungsland. Die Verbindlichkeiten machen 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des südasiatischen Landes aus. Trotz aller Schwierigkeiten war es dem Staat vor der Tragödie gelungen, einige wichtige entwicklungspolitische und wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Den amtlichen Zahlen zufolge ist der Anteil der Armen an der Bevölkerung in den letzten 20 Jahren von 42 Prozent auf 23,8 Prozent gefallen.

"Die Beben haben der nepalesischen Wirtschaft erheblichen Schaden zugefügt, und es besteht die Gefahr, dass die beeindruckenden Erfolge bei der Armutsbekämpfung zunichte gemacht wurden", fürchtet Annette Dixon, Weltbank-Vizepräsidentin für Südasien. "Das Land braucht finanzielle Mittel zur Finanzierung des Wiederaufbaus über zuverlässige Programme, die die Resilienz des Landes vor neuen Naturkatstrophen erhöhen und den besonders hilfsbedürftigen Menschen zugutekommen", betonte sie.

Die Geberkonferenz am 25. Juni in Katmandu wird von der nepalesischen Regierung, der Asiatischen Entwicklungsbank (AsDB), der Europäischen Union, der indischen Regierung, der japanischen Entwicklungsbehörde, den Vereinten Nationen und der Weltbank durchgeführt.

Nepal sieht sich angesichts der bevorstehenden Monsunregen mit neuen Herausforderungen wie der Vertreibung von tausenden Menschen konfrontiert. Hilfsorganisationen wie CARE arbeiten auf Hochtouren, um die vielen, in Notunterkünften ausharrenden Menschen mit Blechen zum Schutz vor den Niederschlägen auszustatten.

"Unser Hauptanliegen besteht zurzeit darin, die Menschen sicher und trocken durch die Monsunzeit zu bringen", sagte der CARE-Experte für Notunterkünfte, Tom Newby, in einer Mitteilung vom 5. Juni. "Familien wollen wissen, was sie tun können, um ihre Häuser so aufzubauen, dass sie sicherer sind. Uns kommt die Aufgabe zu, ihnen dabei zu helfen."

Orla Fagan, Pressesprecherin des Asien-Pazifik-Regionalbüros von OCHA, erklärte in einer Mail gegenüber IPS, dass die Bereitstellung von Unterkünften ein Hauptanliegen der UN-Organisation sei. "Die Beben haben 500.000 Familien obdachlos gemacht", sagte Fagan und fügte hinzu, dass größere Anstrengungen vonnöten seien, um das Land in die Lage zu versetzen, den Wiederaufbau voranzubringen.

Nach Ansicht von Rupa Joshi vom Weltkinderhilfswerk UNICEF in Nepal geben vor allem die fragilen Hügelregionen des Landes Anlass zu Sorge. "Der Monsunregen ist im Anmarsch", betonte sie gegenüber IPS. "Wenn es, wie letzte Woche im Osten Nepals, aus Kübeln regnet, wird es in den Bergen zahlreiche Erdrutsche geben."

Organisationen wie UNICEF und das Welternährungsprogramm WFP organisieren derzeit den Schulbesuch der Kinder, bauen sichere Geburtszentren und verteilen Nahrungsmittel in den schwer erreichbaren Gebirgsregionen.


Schuldenerlass gefordert

Andere Gruppen wie das 'Jubilee USA'-Netzwerk, eine Allianz aus mehr als 75 US-Nichtregierungsorganisationen und 400 -Religionsgruppen, versuchen derzeit, Nepal zu einem Erlass seiner Schulden zu verhelfen, die das Land bei der Weltbank, der AsDB und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) hat. Insgesamt schuldet Nepal internationalen Gebern 3,8 Milliarden Dollar.

"Der Staat zahlt seinen Gläubigern jeden Tag 600.000 Dollar", sagte Eric LeCompte, der Chef der Koalition. "Das ist ein horrender Betrag, der für Hilfseinsätze freigesetzt werden könnte. Nepal könnte sich zudem um Gelder aus dem Krisenbewältigungsfonds (CCR) der Weltbank bemühen, der auf eine Verringerung der Schuldenlast für Staaten mit niedrigen Einkommen abzielt."

Damit Nepal für den CCR in Frage kommt, muss das Land unter Beweis stellen, dass mindestens ein Drittel der Bevölkerung in der Krise steckt und mehr als ein Viertel der nationalen Produktionskapazität zerstört wurde.

Dem Jubilee-USA-Netzwerk hat sich erfolgreich für Schuldenerlassinitiativen für die von Ebola betroffenen westafrikanischen Staaten eingesetzt. Wie LeCompte berichtete, wird die nepalesische Regierung die Geberkonferenz am 25. Juni nutzen, um einen Schuldenerlass zufordern. (Ende/IPS/kb/19.06.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/06/donor-conference-to-tackle-nepal-reconstruction/

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IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2015

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