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ASIEN/954: Asien-Pazifik - Megacities werden noch größer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Oktober 2015

Asien-Pazifik: Megacities werden noch größer

von Tharanga Yakupitiyage


JAKARTA/NEW YORK (IPS) - Ein Großteil der Bevölkerung in der Asien-Pazifik-Region lebt in Städten. Einem UN-Bericht zufolge nimmt der Trend stetig zu, sodass bis zum Jahr 2018 die Hälfte der Menschen der Region in urbanen Zentren leben werden und Megacities immer weiter anwachsen.

Dem Bericht nach sind die Städte der Asien-Pazifik-Region von 1980 bis 2010 um insgesamt eine Milliarde Menschen angewachsen. Bis 2050 sollen 3,5 Milliarden Menschen die Städte der Region bevölkern. Allein in China und Indien soll die Zahl der Stadtbewohner bis 2050 um 696 Millionen ansteigen.

Der Bericht 'The State of Asian and Pacific Cities 2015' ist in Zusammenarbeit der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik (UN-ESCAP) und dem UN-Programm für menschliche Siedlungen (UN-Habitat) entstanden. Vorgestellt wurde es am 19. Oktober auf dem sechsten Asien-Pazifik-Forum für Städte in der indonesischen Hauptstadt Jakarta.

Demnach werden nicht nur die bisher 17 Megacities der Region weiter expandieren, sondern es wachsen noch mehr Städte zu solch gigantischen urbanen Zentren heran. Bis zum Jahr 2030 werden fünf weitere Megacities erwartet, sodass die Gesamtzahl auf 22 anwächst.

Als Grund für den anhaltenden Trend nennen die Autoren des Berichts die fortschreitende Globalisierung und das stetige Wirtschaftswachstum, das mehrere hundert Millionen Menschen aus der Armut befreit hat. Dadurch seien die Mittelschichten Asiens stark angewachsen. Bereits jetzt werden rund zwei Milliarden Menschen dazu gezählt.

In der Asien-Pazifik-Region leben etwa 3,74 Milliarden Menschen - mehr als die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. Die Volkswirtschaften in der Region wachsen stetig, wenn auch in einem unterschiedlichen Tempo. Aus einem Report von UN-ESCAP vom Mai dieses Jahres geht hervor, dass sich die durchschnittlichen Realeinkommen in den Übergangsländern seit den frühen neunziger Jahren verdoppelt haben. In China ist das Durchschnittseinkommen in dem Zeitraum sogar um das Siebenfache angestiegen, während sich die Realeinkommen in Bhutan, Kambodscha und Vietnam verdreifacht haben. Während das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Vergleich zum Vorjahr in China in diesem Jahr voraussichtlich auf sieben Prozent fällt, ist in Indien eine Zunahme des BIP um 0,7 Prozent auf 8,1 Prozent zu erwarten. In Indonesien wird mit einem Zuwachs von fünf auf 5,6 Prozent gerechnet.


Immer noch leben in Asien die meisten Armen

Doch trotz des gestiegenen Wohlstands hat die Region noch immer die größte Slum-Bevölkerung der Welt: 60 Prozent aller Menschen weltweit, die in Armutsvierteln leben, sind in der Asien-Pazifik-Region beheimatet. Darüber hinaus lebt hier die global größte Anzahl von Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Der Weltbank zufolge leben 758 Millionen Menschen in Asien von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag.

Weitere 40 Prozent - etwa 933 Millionen Menschen - fallen zwar nicht unter die Kategorie 'Ärmste der Armen', sind aber mit Einnahmen von zwei Dollar pro Tag in einer ähnlich schwierigen Situation.

Eines der Probleme, mit denen Niedriglöhner zu kämpfen haben, sind steigende Preise. Nahrungsmittel sind teurer geworden, und auch Grundstückspreise ziehen an. Dadurch wird Land wertvoller, und Bewohner in ärmeren Gegenden sehen sich drohender Aufwertung und letztlich sogar Zwangsräumungen gegenüber.

Bereits im Jahr 2008 wurden rund 500.000 Menschen aus ihren Häusern in Peking geworfen. Sie mussten Platz für neue Sportstätten, Einkaufszentren, aber auch Wohn- und Bürogebäude machen, um die Olympischen Spiele ausrichten zu können. Ähnlich erging es 200.000 Menschen in Neu-Delhi, die im Jahr 2010 ihre Häuser räumen mussten, um Platz für die Commonwealth Games zu machen.

Doch auch ohne besondere Ereignisse sind die Lebensbedingungen für Arme in der Asien-Pazifik-Region häufig schwierig: Viele haben keinen Zugang zu fließendem Wasser, zu Sanitäranlagen oder medizinischer Versorgung.

"Die aktuellen Wirtschaftsmodelle bieten keine ausreichende Basis für inklusive und nachhaltige Entwicklung", sagte UN-ESCAP-Chefin Shamshad Akhtar in Jakarta.


Hohe Anfälligkeit für Naturkatastrophen

Als weiteres Problem der wachsenden Megastädte weist der Bericht darauf hin, dass sie besonders anfällig für Naturkatastrophen und die negativen Auswirkungen des Klimawandels seien. Das zeigen allein die Statistiken: In den Jahren 1970 bis 2011 traten fast drei Viertel aller weltweiten Naturkatastrophen in der Asien-Pazifik-Region auf. Die größten Opfer sind in der Regel in der armen Bevölkerung zu finden. Die Autoren des Berichts fordern daher, Asiens Städte sicherer zu machen und besser gegen den Klimawandel und gegen Naturkatastrophen zu rüsten. Dies ist auch in den UN-Nachhaltigkeitszielen festgeschrieben, die kürzlich in New York verabschiedet wurden.

Seit der Finanzkrise 1997 sind die Investitionen in die Infrastruktur in Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Thailand und Vietnam von 38 Milliarden im Krisenjahr auf 25 Milliarden im Jahr 2010 gesunken. Eine gute Infrastruktur ist jedoch dringend nötig, um die grundlegenden Dienstleistungen für die Armen zu verbessern. Dazu gehören auch bessere öffentliche Verkehrsmittel und Stromnetze. Schätzungen zufolge werden in Süd- und Südwestasien jährlich etwa 400 Milliarden Dollar für die Stromerzeugung benötigt. Nur 71 Prozent aller Bewohner Südasiens haben Zugang zu Strom, im Gegensatz zu 92 Prozent in Ost- und Südostasien.

Auch die Bereitstellung von Wasser und sanitären Anlagen muss dringend verbessert werden. Dies ist ein immenses Problem in einer Welt, in der laut ESCAP 41 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu Toiletten und 75Prozent kein Leitungswasser haben. Aufgrund der zunehmenden Verstädterung gibt es einen zusätzlichen Infrastrukturbedarf. ESCAP geht davon aus, dass die Region in den nächsten 15 Jahren mehr als elf Billionen Dollar brauchen wird, um die durch die Urbanisierung entstehenden Probleme zu lösen. (Ende/IPS/jk/21.10.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/10/urbanisation-may-be-biggest-challenge-for-asia-pacific-new-report-says/

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IPS-Tagesdienst vom 21. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2015

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