Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

GRIECHENLAND/011: Vor neuer Privatisierungs- und Entlassungswelle (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 33 vom 17. August 2012
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Ausverkauf ohne Hemmnisse
Griechenland vor neuer Privatisierungs- und Entlassungswelle

von Dirk Grobe



Derzeit wird den Griechen tröpfchenweise bekanntgegeben, worauf sich die Regierung von Konservativen, Sozialdemokraten und Linksdemokraten Anfang August mit den Kontrolleuren der "Troika" von EU, EZB und IWF geeinigt hat: auf ein weiteres Ausgabenkürzungs- und Privatisierungsprogramm über insgesamt 11,5 Milliarden Euro.

Die Troika-Kontrolleure hatten nach dem Abschluss ihres letzten Kontrollbesuchs in Athen am 5. August verkündet, dass es "produktive Diskussionen" und "Übereinstimmung über die Notwendigkeit, die Anstrengungen zu verstärken" mit der griechischen Regierung gegeben habe. Im September wollen die Troika-Kontrolleure erneut nach Athen kommen, um zu prüfen, was die Regierung inzwischen davon in Gang gebracht hat. Davon wird abhängig gemacht, wie der Troika-Bericht an die EU- und IWF-Entscheidungsgremien im September aussehen wird. Eine positive Bewertung der Troika ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem EU-"Rettungsschirm" an Griechenland zur Bezahlung fällig werdender Kredite von in- und ausländischen Banken und Finanzkonzernen und der dabei aufgelaufenen Zinsen. Andernfalls müsse der griechische Staat seine Zahlungsunfähigkeit erklären.

Um dies zu vermeiden, werden jetzt offenbar von der griechischen Regierung alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Troika zufriedenzustellen. Als Erstes gab Finanzminister Stournaras am 6. August bekannt, dass in Kürze ein neues Gesetz im Parlament beschlossen werden soll, das derzeit noch bestehende "Hindernisse" für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen beseitigt. Damit würden Verwaltungsakte zur Erleichterung von Privatisierungen legitimiert.

Laut Angaben der griechischen Nachrichtenagentur ANA gehören zu den zehn ersten Unternehmen, die neu zur Privatisierung vorgesehen werden, der ehemalige Flughafen "Hellenikon" in Athen, die Gas-Vertriebsunternehmen DEPA und DESFA, das für die Olympiade 2004 geschaffene Olympische Pressezentrum sowie 48 weitere Immobilien, die sich derzeit noch in öffentlicher Hand befinden, ferner die staatliche Lotterie und der staatliche Anteil an dem Sportwettenanbieter OPAK. Die Landwirtschaftsbank ATE wurde bereits in zwei Teile zerlegt und der gesunde Teil für 95 Millionen Euro an die Bank von Piräus verkauft. Vorgesehen ist ferner die Privatisierung der Eisenbahnen, der Elektrizitätsgesellschaft DIE und der Sparkassen.

Am 9. August wurde aus Regierungsquellen bekanntgegeben, dass neben dem Privatisierungsprogramm auch das Programm zur Entlassung von Staatsbediensteten wieder aufgenommen werden soll, das vor den Wahlen im Mai und Juni aus wohlüberlegten Gründen zeitweise eingestellt worden war. Demnach sollen in diesem und dem nächsten Jahr mindestens 40.000 staatliche Angestellte in die "Arbeitsreserve" versetzt werden, in der sie ein Jahr lang 40 Prozent ihres bisherigen Gehalts bekommen, bevor sie dann endgültig entlassen werden.

Es fällt auf, dass in allen Berichten über die Ergebnisse des Troika-Kontrollbesuchs in Athen nichts mehr zu hören ist von einer "Neuverhandlung" der Sparauflagen für Griechenland, obwohl alle drei derzeit an der Regierung beteiligten Parteien im Wahlkampf erklärt hatten, dass sie sich, wenn sie gewählt werden, um eine "Erleichterung" bzw. "Streckung" der Sparauflagen bei der EU bemühen werden.

*

Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 44. Jahrgang, Nr. 33 vom 17. August 2012, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
Telefon 0201 / 22 54 47
E-Mail: redaktion@unsere-zeit.de
Internet: www.unsere-zeit.de
 
Die UZ erscheint wöchentlich.
Einzelausgabe: 2,80 Euro
Jahresbezugspreise:
Inland: 126,- Euro, Ausland: 130,-
Ermäßigtes Abo: 72,- Euro
Förder-Abonnement: ab 150 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2012