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OZEANIEN/031: Pazifik - Bevölkerung geht bei Rohstoffförderung leer aus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Februar 2014

Pazifik: Wachstum ohne menschliche Entwicklung - Bevölkerung geht bei Rohstoffförderung leer aus

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Menschen in Papua-Neuguinea vor ihrem Dorf, das durch einen Erdrutsch infolge der Gasproduktion zerstört wurde
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Sydney, 25. Februar (IPS) - In westlichen Pazifikländern wie Papua-Neuguinea und den Salomonen werden Gold, Kupfer, Nickel, Gas und Nutzholz gewonnen, um die Nachfrage der wirtschaftlich aufstrebenden Staaten in Ost- und Südostasien zu befriedigen. Diese Inselstaaten haben in den vergangenen sieben Jahren Wachstumsraten von sechs bis elf Prozent verzeichnet. Die menschliche Entwicklung blieb dabei aber auf der Strecke.

"Die Dorfgemeinschaften haben sehr wenig Vertrauen in Rohstoffförderprojekte, die von den Regierungen vorangetrieben werden", sagt Maureen Penjueli, Koordinatorin der unabhängigen Organisation 'Pacific Network on Globalisation' mit Sitz auf den Fidschi-Inseln. "Es ist der Eindruck entstanden, dass die Regierungen auf der Seite großer Firmen stehen, ausländische Investitionen fördern und sich nur wenig um die Interessen ihrer eigenen Bevölkerung kümmern. Indigene Landbesitzer und zivilgesellschaftliche Gruppen werden nicht ausreichend darüber zu Rate gezogen, welche Form von Entwicklung für den Pazifikraum am ehesten angemessen wäre."

In Papua-Neuguinea sind mindestens sechs Gold- und Kupferminen in Betrieb. Das größte ist PNG LNG, ein Projekt zur Förderung von Flüssiggas, in den zentralen Hochlandgebieten, das dem Staat ab 2014 jährliche Einnahmen von etwa 1,5 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von 30 Jahren erbringen soll.

Auf den Salomonen, einem Archipel nordöstlich von Australien, wird seit etwa einem halben Jahrhundert Holz geschlagen. Dieser Wirtschaftszweig trägt derzeit zu 15 Prozent zu den Staatseinnahmen und zu 60 Prozent zu den Exporteinnahmen bei. Die kurzfristigen Interessen der Unternehmen sind mit denen der Bewohner der melanesischen Inselgruppe unvereinbar, denen es um den Erhalt der eigenen Kultur und Identität sowie das Wohlergehen künftiger Generationen geht.


Hohe Armutsraten

Die Regierung von Papua-Neuguinea beansprucht das Recht auf die Bodenschätze, während auf den Salomonen die traditionellen Landeigentümer entscheiden, was mit den Wäldern geschieht. Weder in dem einen, noch in dem anderen Fall sind es die normalen Bürger, die profitieren.

Zwei Millionen der insgesamt sieben Millionen Einwohner von Papua-Neuguinea leben in Armut. Die Sterblichkeitsrate bei den unter Fünfjährigen liegt bei 75 pro 1.000 Lebendgeburten. Auf den Salomonen leben 23 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Die Alphabetisierungsrate beträgt 17 Prozent.

Mangels Erfahrungen geraten die Regierungen der Pazifikstaaten offenbar bei Verhandlungen mit internationalen Investoren über Abkommen zur Nutzung von Rohstoffen ins Hintertreffen. Eine ungesunde Allianz zwischen der politischen Elite und ausländischen Unternehmen dient den Interessen einiger weniger und geht zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit in ländlichen Gebieten, deren Menschenrechte nicht ausreichend geschützt sind und denen keine angemessenen staatlichen Dienstleistungen zur Verfügung stehen.

Auf den Salomonen wurden die Aktivitäten südostasiatischer Holzfirmen in den 1980 Jahren von zunehmender Korruption und Nichtbeachtung bestehender Regelungen begleitet. "Die Verbindungen zwischen Politikern und ausländischen Holzunternehmen sind komplex und stark", meint ein Sprecher der Anti-Korruptionsorganisation 'Transparency International' in Honiara, der Hauptstadt der Salomonen. "Wir hören regelmäßig, dass Politiker ihre Macht missbrauchen, um Holzfäller zu schützen, Einfluss auf die Polizei zu nehmen und ausländische Firmen von Steuern zu befreien. Im Gegenzug dazu werden die Politiker von den Holzunternehmen finanziert."

Wie Lily Duri Dani, eine Grundbesitzerin auf den Salomonen, berichtet, hat die Korruption zu einer Benachteiligung von Frauen bei Entscheidungen über die Landnutzung geführt. "Frauen würden ehrliche und faire Entscheidungen treffen und die Einnahmen dazu verwenden, ärmeren Menschen zu helfen", versichert sie.

Kritik kommt auch von der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW). Sie berichtet, dass schlechte Regierungsführung und Bestechlichkeit in Papua-Neuguinea die normalen Bürger daran hinderten, an dem Reichtum an Rohstoffen teilzuhaben. "Großanlegte Förderprojekte haben Umwelt- und Menschenrechtsprobleme verursacht, gegen die die Regierung nichts unternimmt."


Alkoholismus und häusliche Gewalt

Das Flüssiggas-Vorhaben verheißt Gewinne für ausländische Investoren wie 'Exxon Mobile' und die Tochterfirma 'Esso Highlands', die 80 Prozent der Anteile halten. Soziale Folgen, die von der Otago-Universität in Neuseeland dokumentiert wurden, schließen zunehmende Ungleichheit, Alkoholkonsum, häusliche Gewalt und Prostitution ein. In den Dörfern wurde zudem ein Anstieg der Lebensmittelpreise um 38 Prozent verzeichnet. Dienstleistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheit verschlechtern sich, da viele Beschäftigte lukrativere Jobs in der Gasbranche annehmen.

2012 wurden die Dörfer Tumbi und Tumbiago bei einem Erdrutsch zerstört, der durch Grabungen eines Subunternehmers der Gasprojektbetreiber verursacht wurde. Rund 60 Menschen kamen ums Leben, 42 Gebäude wurden dem Erdboden gleich gemacht. Da die Regierung von Papua-Neuguinea keine unabhängige Untersuchung des Unglücks durchführen ließ, erfuhren die Opfer keine Gerechtigkeit.

Der Bürgermeister von Tumbi, Jokoya Piwako, der seine gesamte Familie durch die Katastrophe verlor, beschuldigte Regierung und Unternehmen, nur an ihrem eigenen Profit interessiert zu sein. Der Entschuldungsorganisation 'Jubilee Australia' zufolge sind die Chancen gering, dass die durch das Gasprojekt erwirtschafteten Einnahmen die negativen ökonomischen und sozialen Auswirkungen kompensieren können.

In der Provinz Enga liegt die Porgera-Goldmine, die sich mehrheitlich im Besitz des kanadischen Unternehmens 'Barrick Gold' befindet. In den vergangenen 20 Jahren wurde dort Gold im Wert von 20 Milliarden Dollar gefördert. In den Dörfern der Umgebung herrscht aber bittere Armut. Laut HRW haben dort private Sicherheitsmänner Massenvergewaltigungen verübt.

Im vergangenen Jahr organisierte das UN-Entwicklungsprogramm UNDP auf den Fidschi-Inseln eine regionale Konferenz, auf der diskutiert wurde, was getan werden müsste, damit die lokale Bevölkerung von der Rohstoffproduktion profitieren kann. Doch bisher gibt es noch kein Rahmenwerk, das die Regierung zu Transparenz und die Unternehmen zur Rechenschaft verpflichten würde. Außerdem fehlen Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt. Die Dorfgemeinschaften haben zudem kein Mitspracherecht bei Entscheidung über den Umgang mit natürlichen Ressourcen. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/02/golden-poverty-rises-pacific-islands/

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IPS-Tagesdienst vom 25. Februar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2014