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USA/369: USA - Reform der Nahrungshilfepolitik, Güter sollen aus Empfängerländern kommen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. März 2013

USA: Reform der internationalen Nahrungshilfepolitik - Güter sollen aus Empfängerländern kommen

von Carey L. Biron



Washington, 1. März (IPS) - Die US-Regierung hat offenbar vor, ihre internationale Nahrungshilfepolitik umzustellen. So sollen die Empfänger künftig mit dem versorgt werden, was ihre Länder und Regionen selbst hervorbringen.

In Kürze will Präsident Barack Obama den mit Spannung erwarteten Haushaltsentwurf für das Fiskaljahr 2014 vorlegen. Politische Beobachter sehen den Entwurf als wichtigen Indikator für die politischen Ziele Obamas zu Beginn seiner zweiten Amtszeit. Eine Koalition aus Nichtregierungsorganisation begrüßte kürzlich in einer gemeinsamen Erklärung die möglichen Veränderungen.

Zunächst aber werden ab dem 1. März ohne Mitwirkung des Parlaments drastische Budgetkürzungen umgesetzt. Diese automatischen Kürzungen, die etwa drei bis acht Prozent des US-Etats ausmachen sollen, werden sich nach Ansicht von Experten ungünstig auf die Entwicklungshilfe und globale Gesundheitsprogramme auswirken.

Die erwarteten Veränderungen bei der Lebensmittelhilfe stehen aber im Einklang mit Reformen, die zivilgesellschaftliche Gruppen in den USA seit Jahrzehnten anmahnen. Sie zielen auf eine Steigerung der Effizienz und sollen Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken, die durch billiges US-Getreide verursacht wurden. Die Vereinigten Staaten stellen weltweit die umfangreichsten Lebensmittelhilfen bereit, die eigentlich nur als Notlösung gedacht sind.


Gesunder Menschenverstand

"Wir haben gehört, dass der Präsident statt Kürzungen vorschlagen will, die US-Lebensmittelhilfen auf lokaler oder regionaler Ebene zu beschaffen. Das wäre allenthalben besser, als so weiterzumachen wie bisher", meinte Karen Hansen-Kuhn vom 'Institute for Agriculture and Trade Policy' (IATP). Ein solches Vorgehen, das auf dem gesunden Menschenverstand beruhen würde, sei bereits seit 50 Jahren überfällig. Nahrungsmittel lokal zu besorgen, würde die Lebensmittelhilfen effizienter machen und auch den Kleinbauern in den jeweiligen Regionen nutzen.

Gemeinsam mit elf weiteren humanitären Organisationen und Lobbygruppen veröffentlichte IATP am 26. Februar eine Erklärung, in der die bisher nicht offiziell bestätigten Veränderungen bei der Lebensmittelhilfe gutgeheißen werden. Die Gruppen forderten die Obama-Regierung auf, "einen klaren Reformvorschlag einzubringen, der sich auf der historischen Führungsrolle der USA als großzügigster Geber der Welt gründet". Sie riefen zudem zu größerer Flexibilität bei der Umsetzung von Hilfsprogrammen auf.

Nach Ansicht von Vertretern mehrerer Hilfsgruppen wird die Regierung vermutlich die Verantwortung für die Lebensmittelprogramme, die bislang dem Agrarministerium zukommt, der Entwicklungsbehörde USAID übertragen. Inoffiziell wurde zudem bekannt, dass die Regierung künftig darauf verzichten will, in den USA produziertes Getreide an lokale Organisationen weiterzugeben, die es dann verkaufen können. Kritiker haben die Praxis immer wieder als ineffizient kritisiert. Dieser Meinung hat sich 2011 die US-Rechenschaftsbehörde GAO in einem Bericht angeschlossen.

In den vergangenen 50 Jahren haben sich die USA zu dem größten Geber von Lebensmittelhilfen entwickelt. Im vergangenen Jahr gab der US-Kongress etwa 2,5 Milliarden Dollar für solche Programme frei. 1,5 Milliarden Dollar waren für das Nahrungsmittel-für-Frieden-Programm bestimmt.

Als das Programm 1954 nicht zuletzt als Maßnahme gegen die Expansion des Kommunismus gestartet wurde, konnten die USA aus ihren vollen Kornspeichern schöpfen und das Getreide großzügig an die Bedürftigen in der Welt verteilen. Farmer und Reeder in den USA erhielten zusätzlich finanzielle Anreize. Noch heute gilt die Regel, dass 75 Prozent der Lebensmittelhilfen auf Schiffen unter US-Flagge befördert werden müssen.

Die Getreidereservoirs in den USA werden allerdings seit den 90er Jahren kaum noch gefüllt. Nach Ansicht von Kritikern reichen die Ankäufe durch die Regierung nicht aus, die Agrarpreise so zu beeinflussen, dass die Bauern davon profitieren können. Die USA sind heute das einzige große Geberland, das weiterhin Naturalien als Hilfsleistung in humanitäre Krisengebiete schickt, anstatt finanzielle Ressourcen bereitzustellen, mit dem in den Regionen lokal produzierte Nahrung und andere Hilfsgüter beschafft werden könnten.


Preiswerter und effizienter

Gegnern dieser Strategie zufolge haben sich die Kosten der Hilfelieferungen für die US-Regierung dadurch verdoppelt. Inmitten der Budgetverhandlungen in Washington, bei denen große Gegensätze zwischen den Lagern zutage treten, hoffen Hilfsorganisationen nun darauf, dass die Parlamentarier effizientere Strategien unterstützen werden.

Die Idee, Lebensmittelhilfen an Ort und Stelle zu besorgen, ist nicht neu. Präsident George W. Bush schlug in seiner Amtszeit bereits Veränderungen vor, wonach ein Viertel der Hilfslieferungen in den jeweiligen Regionen beschafft werden sollten. Auch führende Vertreter von USAID haben sich längst für solche Veränderungen ausgesprochen. Timi Gerson vom 'American Jewish World Service' zufolge könnten die USA 17 Millionen Menschen zusätzlich versorgen, wenn sie die gesamten Lebensmittelhilfen in den jeweiligen Ländern einkaufen würden. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.iatp.org/
http://transition.usaid.gov/our_work/humanitarian_assistance/ffp/
http://ajws.org/
http://www.ipsnews.net/2013/02/aid-groups-applaud-potential-reforms-to-u-s-food-aid/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 1. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2013