Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BILDUNG

BERUF/1620: Agrarwissenschaftliche Ausbildung muss praxisbezogen und international sein (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 16. September 2014

Qualität, Innovation und Praxisbezug sichern Agrarwissenschaftliche Ausbildung muss praxisbezogen und international sein

DBV-Präsidium beschließt Positionspapier zur agrarwissenschaftlichen Ausbildung an Hochschulen und Universitäten



Die Agrarwissenschaft muss als eigenständige Lehr- und Forschungsdisziplin gestärkt werden. Sie integriert Biowissenschaften, Technik- und Ingenieurwissenschaften sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und ist als praxisnahe und anwendungsorientierte Universitätsausbildung für die Zukunftssicherung der deutschen Land- und Agrarwirtschaft unverzichtbar. Dies wird in einem Positionspapier zur agrarwissenschaftlichen Ausbildung des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes (DBV) betont, das heute (16. September 2014) beschlossen wurde.

Die Anzahl der Studierenden in den Agrar, Forst- und Ernährungswissenschaften ist mit 47.766 Studierenden im Wintersemester 2012/2013 ausgehend von bundesweit 40.489 Studierenden im Wintersemester 2008/2009 in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.

Ein aktueller, kontinuierlicher Wissen- und Innovationstransfer aus der Agrarforschung über die agrarwissenschaftliche Lehre in die Praxis und auch umgekehrt aus der Praxis in die Lehre und Forschung bleibt oberstes Gebot.

Für eine erfolgreiche Zukunft der agrarwissenschaftlichen Ausbildung ist nach Auffassung des Deutschen Bauernverbandes folgendes erforderlich:

1. Die akademische Lehre im Bereich der Agrarwissenschaften muss möglichst eng mit der landwirtschaftlichen Praxis verzahnt sein.
Nicht nur die Land- und Agrarwirtschaft selbst, sondern auch das agrarische Beratungs- und Bildungswesen und die vielfältigen landwirtschaftlichen Dienstleistungszweige sind mehr denn je auf qualifizierte Fach- und Führungskräfte mit einer soliden, wissenschaftlich fundierten Ausbildung angewiesen.

2. Das Profil der agrarwissenschaftlichen Lehre ist nicht nur fachlich, sondern auch methodisch-didaktisch auf die praxis- und berufsorientierte Qualifizierung angehender Führungskräfte für die Land-/Agrarwirtschaft auszurichten.
Der wissenschaftlich geschulte Nachwuchs für die Agrar- und Ernährungsbranche ist im beruflichen Alltag nicht nur auf solide Fachkompetenzen angewiesen, sondern zunehmend auch auf methodische und persönlich-soziale Kompetenzen ("soft skills"). Nur auf dieser Grundlage kann es gelingen, ländliche Räume im wirtschaftlichen Wettbewerb mit den Metropolregionen weiter zu entwickeln und nachhaltig zu sichern.

3. Der Praxisbezug des agrarwissenschaftlichen Studiums ist besonders wichtig für den Lernerfolg der Studierenden und deren Vermittlung in berufliche Tätigkeiten nach Abschluss eines Studiums.
Studenten der Agrarwissenschaften sollten bereits vor bzw. zu Beginn ihres Studiums vertiefte Einblicke in die betriebliche Praxis gewinnen und diese im Verlauf ihres Studiums systematisch weiter ausbauen. Diese Praxisbezüge sollten systematisch mit den Studieninhalten verknüpft werden.

4. Die agrarwissenschaftlichen Hochschulstandorte sind in einer regional und fachlich systematischen Gesamtstruktur nachhaltig zu sichern.
Um einen möglichst engen Informations- und Kompetenzverbund innerhalb der gesamten Produktions-, Verarbeitungs- und Handelskette herzustellen, ist eine stärkere Verknüpfung der agrarwissenschaftlichen Hochschulen mit wissenschaftlichen und beratenden Einrichtungen in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen erforderlich.

5. Die Hochschulen sind gefordert, die Praxis- und Arbeitsmarktrelevanz der vielen neuen Bachelor- und Masterstudiengänge kritisch zu prüfen sowie diese transparent zu machen.
Seit der Bologna-Reform hat es außerordentlich vielfältige Ausdifferenzierungen der Studiengänge in den Agrarwissenschaften und angrenzenden Disziplinen gegeben. In den kommenden Jahren erscheint es notwendig, verstärkt auf die Transparenz und Kommunikation der Ausbildungsziele und -inhalte gegenüber den Studieninteressierten und den Unternehmen/Arbeitgebern zu achten.

6. Duale Studiengänge mit verzahntem Erwerb von dualen Berufsabschlüssen und hochschulischen Bachelor-Abschlüssen werden ausdrücklich begrüßt. Die inhaltlichen Schwerpunkte und die Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen müssen mit Blick auf den Arbeitsmarkt jedoch noch wesentlich verbessert werden.

7. Möglichkeiten zur Anerkennung und Anrechnung beruflicher Qualifikationen, insbesondere Fachschulabschlüsse/Meisterprüfung, hinsichtlich akademischer Bildungsgänge sind noch nicht ausreichend geklärt.
Die Durchlässigkeit aus der beruflichen Fortbildung in Richtung der agrarwissenschaftlichen Studiengänge ist verbesserungsbedürftig. Überschneidungen und Konkurrenzeffekte sind zu vermeiden und Synergieeffekte zu erschließen. Aktivitäten zur Qualitätssicherung und Akkreditierung akademischer Studiengänge befürwortet der Berufsstand. Er bekundet seine Bereitschaft, dabei konstruktiv mitzuwirken.

8. Eine stärkere internationale Ausrichtung des deutschen Hochschulsystems ist auch im Bereich der Agrarwissenschaften erforderlich.
Ebenso wie in der beruflichen Erstausbildung und Fortbildung wird grenzüberschreitende Mobilität und internationale Vergleichbarkeit auch im Hochschulbereich immer wichtiger. In dieser Hinsicht sind in den kommenden Jahren noch vielfältige Bürokratisierungen und Überregulierungen zu überwinden.

9. In den hochschulinternen Anreizsystemen, z.B. bei der Besetzung von Lehrstühlen, sollte eine "gute Lehre" gegenüber den Forschungsleistungen und der Publikationstätigkeit stärker gewichtet werden.
Ergänzend sollten wissenschaftlich basierte Fachpublikationen in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften im Vergleich zu einschlägigen (zumeist in englischer Sprache verfassten) Veröffentlichungen wissenschaftlicher Fachjournale einen höheren Stellenwert erhalten.

Grundsätzlich spricht sich der Deutsche Bauernverband im Gesamtverbund der deutschen Wirtschaft für eine eigenständige und wettbewerbsorientierte Organisationsstruktur der Hochschulen und Universitäten aus. Durch eine Entbürokratisierung des Hochschulrechts müssen die Hochschulen, mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum bekommen. Dies gilt beispielsweise für die eigenständige Studentenauswahl, die inhaltliche Profilierung sowie die Zusammenarbeit mit der Forschung außerhalb der Hochschulen einschließlich der forschenden Wirtschaft. Ein gutes Forschungsumfeld macht auch die Lehre an den Hochschulen attraktiv.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 16. September 2014
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 407
Fax: 030 / 31 904 431
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2014