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SYRIEN/006: Dialog und Versöhnung statt Krieg (ZLV)


Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek - 15. Februar 2012

Dialog und Versöhnung statt Krieg

Syriens Vize-Außenminister Mekdad fordert internationale Unterstützung gegen bewaffnete Gruppen



von Karin Leukefeld, Damaskus - Mittwoch 15. Februar 2012


Faisal Mekdad ist seit 2006 stellvertretender Außenminister der Arabischen Republik Syrien. Zuvor war er Botschafter Syriens bei der Organisation der Vereinten Nationen und dabei auch im UNO-Sicherheitsrat. Unsere Korrespondentin Karin Leukefeld sprach mit Mekdad in Damaskus über die derzeitigen Kämpfe im Land.


Frage: In Homs kämpft die syrische Armee gegen bewaffnete Gruppen. Geht die Armee auch - wie es in vielen Berichten heißt - gegen Zivilisten und Wohngebiete vor?

Antwort: In Homs haben wir eine sehr spezielle Situation. Homs ist eine multiethnische, multireligiöse Stadt und sehr sensibel, weil sie im Zentrum Syriens liegt. Homs liegt zudem nahe an den Grenzen zu zwei Nachbarländern (Libanon, Türkei, Anm.d.R.), von wo viele Waffen an die bewaffneten Gruppen geliefert werden. Die Sicherheitskräfte versuchen bei ihrem Vorgehen gegen diese bewaffneten Gruppen ausdrücklich, keine Zivilisten, ihre Häuser oder ihr Eigentum zu beschädigen.

In den letzten zehn Monaten hieß es in den ausländischen Medien und aus den Staaten, die diese bewaffneten Gruppen unterstützen, immer, es gebe keine bewaffneten Gruppen. Die Regierung töte ihr eigenes Volk. Nun ist die Wirklichkeit für alle sichtbar, es gibt diese bewaffneten Gruppen, gegen sie gehen die Sicherheitskräfte vor.

Frage: Die Journalisten, die hier in Syrien arbeiten, versuchen seit Tagen, nach Homs zu gelangen, um die Angaben, die aus der Stadt kommen, zu verifizieren. Warum ist das nicht möglich?

Antwort: Ich bin sicher, man wird Ihnen den Zugang ermöglichen. Aber die Lage ist schwierig. Diese bewaffneten Gruppen haben Ihren Kollegen Gilles Jacquiers getötet und sofort wurden Stimmen laut, die Regierung habe das getan. Bedauerlicherweise hat sich die französische Regierung nicht einmal an der Untersuchung beteiligt, die wir eingeleitet haben. Wir wollen nicht, dass Journalisten von Rebellen oder anderen getötet werden, wir müssen sie schützen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Journalisten bald dorthin können.

Frage: Wie können Sie diesen Kampf, der seit Monaten viele Opfer gefordert hat, beenden?

Antwort: Durch einen nationalen Dialog und Versöhnung. Die internationale öffentliche Meinung sollte die bewaffneten Gruppen auffordern, Dialog und Versöhnung zuzustimmen. Das ist besser, als weiter zu kämpfen.

Frage: Etliche europäische Botschafter wurden aus Damaskus zurückgerufen, aus europäischer Sicht ist Syrien isoliert. Können Europa und Syrien wieder zusammenkommen?

Antwort: Natürlich. Nicht wir haben Europa isoliert, Europa isoliert uns. Wir mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten Europas ein, aber einige europäische Staaten unterstützen sogar die bewaffneten Gruppen ...

Frage: Können Sie das konkretisieren?

Antwort: Wir werden bald ausführliche Dokumente darüber veröffentlichen. Wir bedauern, dass die Botschafter zurückgerufen wurden, aber man informierte uns, dass sie zurückkommen werden. Es ist in ihrem Interesse, die Entwicklung hier zu verfolgen. Wir waren nie gegen einen Dialog mit Europa, aber leider hat man dort sogar hochrangige Vertreter des Außenministeriums auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Wir sind offen für Diskussionen, wir wollen, dass Europa in diesem Teil der Welt vertreten ist.

Frage: Es gibt Überlegungen, die Beobachtermission der Arabischen Liga wieder nach Syrien zu entsenden, vielleicht mit UNO-Beobachtern. Was halten Sie davon?

Antwort: Es gibt keine Transparenz darüber, was geplant ist. Wir wissen nicht, warum die Mission ausgesetzt wurde, warum einige Beobachter abgezogen wurden. Wir erhalten keine Informationen, nur was durch die Medien sickert. Wir haben der Fortsetzung des Mandats der Mission zugestimmt, das ist bekannt. Doch dürfte allen Seiten klar sein, dass das bisherige Protokoll für die Mission nicht tragfähig ist. Das Mandat muss nicht nur erneuert, sondern auch überarbeitet werden. Ob wir die Anwesenheit ausländischer Beobachter akzeptieren werden, kann ich heute nicht sagen. Änderungen des Mandats werden wir mit der Arabischen Liga diskutieren müssen.


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Quelle:
Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2012