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SYRIEN/039: Dominostein Damaskus - wo gehobelt wird ... (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. März 2014

Syrien: Im Schatten der Ukraine - Konflikt um die Krim trübt Friedensaussichten

von Thalif Deen


Bild: © Europäisches Amt für humanitäre Hilfe

Der Syrer Omar lebt mit seiner siebenköpfigen Familie einschließlich seiner Mutter Samah in einem Flüchtlingscamp in Jordanien. In seinem Heimatland war er Arabischlehrer gewesen
Bild: © Europäisches Amt für humanitäre Hilfe

New York, 19. März (IPS) - Der syrische Bürgerkrieg geht ins vierte Jahr, doch ein baldiges Ende der Krise ist nicht in Sicht. Erschwerend kommt hinzu, dass der jüngste Konflikt in der Ukraine nicht nur die gesamte internationale Aufmerksamkeit absorbiert, sondern die Hoffnung auf ein geschlossenes Auftreten der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (UNSC) vollends zunichte gemacht hat.

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Syrien haben Schätzungen zufolge bisher mehr als 140.000 Menschen das Leben gekostet. Nach UN-Angaben vom 11. März wurden etwa 5,5 Millionen Kinder zu Flüchtlingen gemacht. Zudem befindet sich die syrische Wirtschaft im freien Fall, und die Hälfte der 22 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung lebt inzwischen unterhalb der Armutsgrenze. Etwa 2,5 Millionen Syrer haben ihre Arbeit verloren. Die Erwerbslosenrate wird auf 44 Prozent geschätzt.

Dennoch ist der UNSC weiterhin handlungsunfähig. Das dürfte auch so bleiben, da sich in dem neuen Konflikt auf der Halbinsel Krim die USA und Russland feindlich gegenüberstehen. Wie der Diplomat eines Entwicklungslandes gegenüber IPS erklärte, wird Syrien, nachdem die Ukraine ins Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit gerückt ist, vollends durch den Rost fallen. "Die tödlichen Zerstörungen in den letzten drei Jahren in Syrien könnten in Vergessenheit geraten", befürchtet er. Das gelte vor allem dann, wenn Washington und Moskau weiter auf Konfrontationskurs gingen.

Wie Jose Luis Diaz, Leiter des UN-Büros von 'Amnesty International', kritisiert, ist das Größte, das der UNSC in den letzten drei Jahren zustande gebracht hat, der Aufruf an die syrischen Konfliktparteien und insbesondere an die Regierung, ihrer Verantwortung nachzukommen. "Diese Verantwortung besteht darin, die Menschen nicht an Hunger und Medikamentenmangel sterben zu lassen."

Bild: © Europäisches Amt für humanitäre Hilfe

Drei der Kinder, die sich in Omars Zelt versammelt haben, werden nach eigenen Angaben weiter unterrichtet
Bild: © Europäisches Amt für humanitäre Hilfe


Kritik an Handlungsunfähigkeit des Sicherheitsrats

Nachdem sich Moskau und Peking den vom Westen geforderten Strafmaßnahmen gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad widersetzt hatten, unterstützten sie im letzten Monat die UNSC-Resolution 2139, die den freien Zutritt von Nothelfern in Syrien fordert.

"Wir hoffen, dass Russland und China sicherstellen, dass die Resolution respektiert wird und, falls nötig, dass weitere Schritte gegen diejenigen Konfliktparteien eingeleitet werden können, die ihr zuwiderhandeln", fügt Diaz hinzu.

Die Syrer hätten vor drei Jahren nichts anderes getan, als friedlich für ihre universellen Rechte und Freiheiten zu demonstrieren, zog UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am 12. März düster Bilanz. "Doch beantwortet wurden ihre Forderungen mit brutaler Gewalt, einem ausufernden Blutvergießen und den für Bürgerkriege so typischen Zerstörungen." Ban appellierte an die Kriegsparteien, sich die immer länger werdende Liste der tagtäglichen Gräuel endlich zu Herzen zu nehmen. "Ich bedaure zutiefst die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, der Region und der Syrer, diesen entsetzlichen Konflikt zu stoppen."

Eine Friedenskonferenz in Genf im letzten Monat, auf der der Syrien-Gesandte Lakhdar Brahimi den Vorsitz führte, endete in einer Sackgasse. Ban rief insbesondere die USA und Russland dazu auf, den zum Erliegen gekommenen Friedensprozess wieder in Gang zu bringen.


Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofs gefordert

Genauso wichtig sei jedoch, dass der UNSC seinen eigenen Vorgaben Taten folgen lasse, meint Diaz. Dazu gehöre auch die Umsetzung der Ankündigung, diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen humanitäres Recht verantwortlich seien, zu sanktionieren. "Wir sind auch weiterhin der Ansicht, dass der Sicherheitsrat die Situation in Syrien vor den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs bringen sollte."

"Syrien kann nicht länger warten", warnte das 'Centre for Responsibility to Protect' (R2P) mit Sitz in New York in einer Mitteilung vom 13. März. Angesichts der verheerenden Auswirkungen, die die Uneinigkeit und Untätigkeit des UN-Sicherheitsrates nach sich gezogen hätten, appellierte das Zentrum an die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA), in Fällen, in denen es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ethnische Säuberungen und Völkermord gehe, nicht von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/03/split-ukraine-undermine-peace-syria/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2014