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WESTSAHARA/076: Agrarokkupation oder die koloniale Plantagenkultur in der Wüste (WSRW)


Western Sahara Resource Watch - Nachrichten, 14. Februar 2012

WSRW-Bericht enthüllt massiv wachsende Agrarindustrie in der besetzten Westsahara


Der heute veröffentlichte, neue WSRW-Bericht "Conflict Tomatoes", enthüllt das enorme Wachstum der marokkanischen Agrarindustrie in der besetzten Westsahara und ihres Handels mit der EU.

Das Europäische Parlament wird in seiner Sitzung am 16. February 2012 höchstwahrscheinlich über einen neuen Vertrag abstimmen, der eine weitere Liberalisierung von Agrarprodukten aus Marokko vorsieht. Das dem Abkommen beinhaltet jedoch nicht, daß die Produktion in der Westsahara von der Vereinbarung ausgeschlossen werden muß. Dieses hätte zur Folge, daß eine ethisch nicht vertretbare und umstrittene Industrie auf dem Territorium massive Unterstützung erfährt.

Der WSRW-Bericht "Conflict Tomatoes" benennt 11 Plantagen, die um die Stadt Dakhla in den südlichen Teilen des Territoriums herum angesiedelt sind. Die Nachforschungen zeigen, daß sich alle Anlagen entweder im Besitz des marokkanischen Königs, mächtiger marokkanischer Multies oder französischer transnationaler Unternehmen befinden. Keines der Unternehmen befindet sich in der Hand der ortsansässigen Saharauis, auch nicht einmal im Besitz kleinbetrieblicher marokkanischer Siedler auf dem Gebiet.

Diese Industrie beruht in Gänze auf der Entnahme nicht erneuerbarer Grundwasserreserven. Der agrarindustrielle Anbau findet ohne die Zustimmung der westsaharauischen Bevölkerung statt und bricht deshalb internationales Recht, wie in einem entscheidenden Rechtsgutachten der UNO dargelegt wurde.

"Die Menschen, die auf diesen Farmen arbeiten, sind Marokkaner, nicht Saharauis. Sie arbeiten monatelang auf den Farmen und leben in von der Regierung geförderten Wohnprojekten. Zur gleichen Zeit bleibt die saharauische Bevölkerung in Dakhla ohne Arbeit", erklärt El Mami Amar Salem, Einwohner von Dakhla und Präsident des Komitees gegen Folter in Westsahara, in dem Bericht.

Die Agrarproduktion auf den Farmen hat enormen Auftrieb erfahren: Die Gemüseproduktion ist von 2002-2003 bis 2008-2009 um 2800% gestiegen. Es wird erwartet, daß sich die Zahl der Menschen, die in der Dakhla-Region arbeitet, bis 2020 verdoppelt.

"Wir empfehlen den EU-Institutionen, kein Agrarabkommen mit Marokko abzuschließen, ohne unzweideutig zu erklären, daß sich dieses nicht auf Produkte aus der Westsahara bezieht. Anderenfalls, wird damit internationales Recht untergraben, es werden die Grundrechte der Saharauis mißachtet und es wird sich sich negativ auf die UN-Friedensgespräche auswirken, erklärten die hinter dem Bericht stehenden Organisationen.

Bauernverbände in Südeuropa haben ihrer Sorge Ausdruck verliehen, daß sie nun mit Plantagenunternehmungen in Wettbewerb treten müßten, die auf dem besetzten Territorium operieren.

Der Bericht wird von der internationalen Organisation Western Sahara Resource Watch mit Unterstützung von Emmaus Stockholm in Schweden veröffentlicht.

Am 14. Dezember 2011 unterband das EU-Parlament den EU-Fischfang in der besetzten Westsahara - hauptsächlich aufgrund der Sorge, gegen internationales Recht zu verstoßen.


Der Bericht kann unter der folgenden URL heruntergeladen werden:
http://www.wsrw.org/files/dated/2012-02-13/conflict_tomatoes_14.02.2012.pdf


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Quelle:
Western Sahara Resource Watch
Nachrichten, 14. Februar 2012
www.wsrw.org/a105x2246
Kontakt in Deutschland:
Axel Goldau, WSRW Deutschland
E-Mail: redaktion@kritische-oekologie.de
Tel.: (+49) (0)30/76 70 34 98
Internet: www.wsrw.org
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Februar 2012