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GENTECHNIK/531: Schmidt zuckt - mehr nicht (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 390 - Juli/August 2015
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Schmidt zuckt - mehr nicht
Zu Gentechnik-Anbauverboten legt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) einen überarbeiteten Gesetzentwurf vor

Von Annemarie Volling


Zur Umsetzung der von der EU stark erweiterten Möglichkeiten, auf nationaler Ebene Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zu erlassen, veröffentlichte Anfang Juni das Bundesumweltministerium zwei Rechtsgutachten, die es zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben hatte. BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel stellte die Ergebnisse in einer Anhörung im Bundestag vor: "Das Ziel, ein vollständiges Anbauverbot und ein einheitliches Schutzniveau gegen Risiken und schädliche Auswirkungen von GVO in ganz Deutschland durchzusetzen, lässt sich formal und inhaltlich konsequent nur durch eine bundeseinheitliche Regelung verwirklichen." Eine konsistente Begründung sei notwendig, da ansonsten unterschiedliche Gründe für Anbauverbote auf Landesebene gegeneinander ausgespielt werden könnten. Auch aus Effizienzgründen sei eine einzige konsistente Regelung besser geeignet als sechzehn verschiedene Landesregelungen.

Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt reagierte und gab - auch Anfang Juni - einen überarbeiteten zweiten Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes in die Ressortabstimmung. Die AbL bezeichnete den Entwurf als inakzeptabel, da es "für den Bund nur eine unverbindliche Möglichkeit" gebe, auch zu verbieten. Vorrang für Verbote sollen weiter die Bundesländer haben. Auch Bundesumweltministerin Hendricks und die SPD äußerten Ablehnung und geben nationalen Verboten weiterhin den Vorzug. Die sechs Grünen-Länderagrarminister veröffentlichten ein weiteres Rechtsgutachten und forderten bundeseinheitliche und durch den Bund umgesetzte Verbotsregelungen.

Eine AbL-Analyse zeigt, dass der zweite BMEL-Gesetzentwurf weiterhin zu einem Anbauflickenteppich führen würde. Zwar kann nun auch der Bund Anbauverbote erlassen - allerdings darf er dies nur nach erteilter europaweiter Anbauzulassung (Phase zwei). Anbaueinschränkungen während des Zulassungsprozesses zu erbitten (Phase eins), soll dagegen nach dem Gesetzentwurf weiterhin nur den Bundesländern erlaubt sein. Aber auch in Phase zwei wird der Bund im Gesetzestext lediglich in einem isolierten, nachrangigen Absatz erwähnt. Den Bundesländern will Schmidt weiter die vorrangige Zuständigkeit zuschieben. Zudem gibt es weder klare Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern noch eine Verpflichtung, tätig zu werden, und auch kein Kontrollgremium. Chaos im Zuständigkeitsdickicht der Regelung ist vorprogrammiert und einem Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen im Bundesgebiet würde damit weiter Vorschub geleistet. Damit wird die von Minister Schmidt postulierte Rechtssicherheit gerade konterkariert. Neu ist im Gesetzentwurf die Einrichtung eines "Anbauausschusses" aus 20 Mitgliedern. Er soll darlegen, inwieweit Verbotsgründe vorliegen und eine Empfehlung an die Bundes- und Landesbehörden abgeben. Diese Empfehlungen, die bei Unstimmigkeiten durch weitere Stellungnahmen der Ausschussmitglieder ergänzt werden können, müssen jedoch nicht umgesetzt werden. Das könnte ein Einfallstor für mögliche Klagen sein. Ein Austausch zwischen Bund und Ländern zu dieser Thematik ist sinnvoll, ist aber bereits im Gentechnikgesetz vorgesehen und auch Praxis. Diese Wege sind zu optimieren, so dass mögliche Gründe für bundeseinheitliche Verbote zusammengestellt und diese dann von der Bundesregierung erteilt werden. Minister Schmidt kann sich bei seinem Handeln des Rückhalts von Bundeskanzlerin Merkel und der gentechnikfreundlichen Forschungsministerin Wanka gewiss sein. Mit diesem Rückenwind verteidigt er seinen Gesetzentwurf. Bund und Länder hätten eine "gemeinsame wichtige Gestaltungsaufgabe". Die Grünen-Länderagrarminister würden mit ihrem Vorstoß den Eindruck erwecken, dass sie sich aus der Verantwortung ziehen wollen. Aktuell haben fünf Bundesländer einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, den sie am 10. Juli in den Bundesrat einbringen wollen. Danach soll der Bund Anbauverbote verantwortlich regeln. Aus Sicht der AbL ist es notwendig, alles daran zu setzen, die gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft und den Schutz der Umwelt sicherzustellen.


Annemarie Volling, Netzwerk gentechnikfreie Landwirtschaft

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 390 - Juli/August 2015, S. 3
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2015

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