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HUNGER/222: Guter Zeitpunkt für neue Strategien im Kampf gegen den Welthunger (Ev. Akademie Bad Boll)


Evangelische Akademie Bad Boll - 26. Februar 2010

Entwicklungszusammenarbeit/Welternährung:
Guter Zeitpunkt für neue Strategien im Kampf gegen den Welthunger

Die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Ernährungsicherung, meinten Fachleute auf einer Tagung in Bad Boll


Bad Boll / Kreis Göppingen - Mehr Investitionen in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie eine verstärkte Förderung der Kleinbauern fordern Fachleute, die sich seit gestern (25.02.2010) in der Evangelischen Akademie Bad Boll mit Strategien zur Ernährungssicherung in Afrika südlich der Sahara auseinandersetzen. Der größte Teil der weltweit mehr als einer Milliarde Hungernden lebt in dieser Region. Außerdem sei eine bessere Abstimmung der Geberorganisationen untereinander und die Orientierung der Entwicklungshilfe an den Konzepten der jeweiligen Empfängerländer notwendig.

Hauptursache des Hungers in Afrika sind klima- und wetterbedingte Ernteausfälle, denn 70 bis 80 Prozent der afrikanischen Landwirtschaft sind vom Regen abhängig. "Wir brauchen mehr Investitionen in die Landwirtschaft. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, denn die politische Sensibilität dafür ist da", sagte Dr. Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe. Die vor zwei Jahren drastisch gestiegenen Nahrungsmittelpreise hatten die Zahl der Hungernden nach oben schnellen lassen, Leidtragende waren vor allem die Armen, gerade auch auf dem Land. Dort leben die meisten Hungernden. Beide Probleme, Armut und Hunger, sind eng miteinander verbunden. "Schon in den 60er Jahren war es wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Lösung des Hunger- und Armutsproblems im ländlichen Raum ansetzen muss", erklärte Professor Manfred Zeller von der Universität Hohenheim auf der Konferenz in Bad Boll.

Die Anpassung der afrikanischen Landwirtschaft an den Klimawandel wurde von den Fachleuten auf der Tagung als zentrale Herausforderung zur Ernährungssicherung gesehen. Immer drängender werde aber auch die Regulierung der zunehmenden ausländischen Landkäufe. Staaten, die wenig oder keine eigenen Ackerflächen haben, wie beispielsweise Saudi-Arabien, kaufen, pachten oder leasen zunehmend Land in großem Stil in Entwicklungsländern. Dies hat unter anderem auch zur Verschärfung der Nahrungsmittelpreiskrise beigetragen.

Die Entwicklung eines internationalen Verhaltenskodexes soll dieses "Landgrabbing" regulieren. Die Klärung der Landrechte ist ein weiterer Schritt zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktion und damit zu mehr Ernährungssicherheit.

Richtschnur für alle Lösungsansätze muss das Recht auf Nahrung sein, sagte Dr. Bernhard Walter von "Brot für die Welt". Dies könne aber nicht die Gebergemeinschaft einfordern, das müsse die Zivilgesellschaft der jeweiligen Staaten machen. Deshalb, so die Fachleute, müsse diese gestärkt werden. Gerade bei der Umsetzung des Rechts auf Nahrung sei es wichtig, von der "gängigen Denkweise" wegzukommen und die Parlamente der Länder zu stärken, damit sie dieses Recht von ihren Regierungen einfordern können. "Die Umsetzung des Rechts auf Nahrung muss auch politisch gesehen werden, nicht nur juristisch", so Dr. Stefan Schmitz vom Bundesentwicklungsministerium.

Bei der Tagung handelt es sich um eine Kooperationsveranstaltung der Evangelischen Akademie Bad Boll mit der AGEG Consultants eG, der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden Württemberg (SEZ) und "Brot für die Welt".

Beate Wörner für die Pressestelle der Evangelischen Akademie Bad Boll


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Evangelische Akademie Bad Boll - 25. Februar 2010

Entwicklungszusammenarbeit/Welternährung:
"Wir müssen eine solar-solidarische Landwirtschaft aufbauen"

In der Evangelischen Akademie Bad Boll erörtern Ernährungsfachleute Strategien gegen den Welthunger


Bad Boll / Kreis Göppingen - "Die Weltgemeinschaft wiegte sich in dem Traum, dass der Hunger auf dem Rückmarsch ist", fasste Dr. Stefan Schmitz vom Bundesentwicklungsministerium die Stimmung zusammen, die vor der Welternährungskrise 2008 weltweit herrschte. Und das, obwohl seit den 60er Jahren die Zahl der Hungernden weltweit nahezu konstant bei 850 Millionen lag. Erst als ihre Zahl im letzten Jahr auf über eine Milliarde stieg, nahm die Welt das Hungerproblem wieder zu Kenntnis. Es sei nur die Spitze des Eisbergs, die wir derzeit sehen, so Schmitz bei der heutigen Tagung (25.2.2010) an der Evangelischen Akademie in Bad Boll, die sich mit Strategien zur Ernährungssicherung in der Entwicklungszusammenarbeit speziell in Afrika südlich der Sahara auseinandersetzt.

Dort leben die meisten Hungernden, der größte Teil von ihnen in ländlichen Gebieten. Hauptursache des Hungers in Afrika sind klima- und wetterbedingte Ernteausfälle, denn 70 bis 80 Prozent der afrikanischen Landwirtschaft sind vom Regen abhängig. "Weder die Bevölkerung noch die Staaten haben die Kapazität, sich an den Klimawandel anzupassen. Die Bevölkerung ist meistens so arm, dass eine zusätzliche Dürre oder Überschwemmung sofort zur Katastrophe führt", betonte Dr. Bernhard Walter von "Brot für die Welt". Außerdem sind die afrikanischen Kleinbauern zu arm, um sich Düngemittel für ihre Felder zu kaufen. In Deutschland beispielsweise streut ein Bauer im Durchschnitt 80 Kilo Mineraldünger auf einen Hektar, in Afrika sind es drei. Daher hat ein deutscher Bauer auch einen zehn Mal so hohen Getreideertrag wie sein Kollege in Burkina Faso.

Die Kleinbauern waren die Verlierer der Entwicklung der vergangenen dreißig Jahre. Die internationale Gebergemeinschaft fuhr die Mittel für die ländliche Entwicklung drastisch zurück, Billigimporte vom Weltmarkt zerstörten die nationalen Agrarmärkte, die nationalen Regierungen ließen ihre Kleinbauern links liegen. Und so forderte Jobst Kraus, Studienleiter an der Akademie, "die Landwirtschaft muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden." Er unterstrich diese Aussage mit den Ergebnissen des Weltagrarberichts, der eine radikale Wende in der Agrarpolitik und der Agrarforschung fordert. Diese müsse vor allem auch für die Industriestaaten gelten, "weil man sich weltweit immer noch an den Industriestaaten orientiert. Wir müssen hier in Deutschland eine solar-solidarische Landwirtschaft aufbauen." Das Bundesentwicklungsministerium hat inzwischen reagiert. "Wir arbeiten derzeit an einem völlig neuen Konzept der ländlichen Entwicklung", so Schmitz. "In Zukunft wird der Kleinbauer in Afrika im Mittelpunkt stehen." Bis Mitte des Jahres soll das Konzept stehen.

Auch die internationale Staatengemeinschaft wurde aktiv. So wurde im Anschluss an den Welternährungsgipfel in Rom im vergangenen Jahr die Globale Partnerschaft für Ernährungssicherung ins Leben gerufen, der auch Deutschland angehört. "Aus unserer Sicht sind die Weichen gestellt, dass die Ernährungssicherung weiterhin ein globales Thema bleibt," so Astrid Jakobs de Pádua vom Bundesernährungsministerium bei der Bad Boller Tagung.

Bei der Tagung handelt es sich um eine Kooperationsveranstaltung der Evangelischen Akademie Bad Boll mit der AGEG Consultants eG, der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden Württemberg (SEZ) und "Brot für die Welt".

Beate Wörner für die Pressestelle der Evangelischen Akademie Bad Boll

Das Tagungsprogramm finden Sie im Internet unter:
http://www.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/670110.pdf


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Quelle:
Pressemitteilung vom 25 und 26. Februar 2010
Evangelische Akademie Bad Boll - Presse und Publikationen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2010