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LANDWIRTSCHAFT/1449: Südostasien - Reis vor Ratten retten, Bauern setzen auf Nachhaltigkeit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Januar 2011

Südostasien: Reis vor Ratten retten - Bauern setzen auf Nachhaltigkeit

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 18. Januar (IPS) - Immer wenn die globale Reisproduktion einbricht, sind die Schuldigen schnell ausgemacht: Dürren, Überschwemmungen oder andere Katastrophen. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die Schäden, die Ratten verursachen. Im Rahmen einer Kampagne lernen die Bauern nun, wie sie ihren Reis mit einfachen Mitteln vor den Nagern schützen.

"In Indonesien und Vietnam stehen Ratten als Reisschädlinge der Vorerntezeit an erster beziehungsweise dritter Stelle", berichtet Grant Singleton vom Reisforschungsinstitut IRRI in Manila. In beiden Ländern und auf den Philippinen sind Agrarexperten unterwegs, um die Reisfarmer mit ökologisch nachhaltigen Methoden vertraut zu machen, mit denen sie Felder und Speicher vor den gefräßigen Tieren schützen.

"Erstmals seit der Einführung von Chemikalien zur Bekämpfung der Nager in den 1950ern werden umweltfreundliche Methoden vermittelt, um möglichen Rattenplagen Herr zu werden", sagte Singleton. "Wir wissen inzwischen ziemlich genau, wann und wie sich die wichtigsten Arten in den größten Reisregionen Asiens kontrollieren lassen."


Kampagne angelaufen

Fast 200.000 Reisbauern in Indonesien und Vietnam nehmen derzeit an einer Kampagne teil, die sie mit umweltfreundlichen Methoden vertraut machen sollen, ihre Ernten effektiv, preiswert und nachhaltig vor den Nagern zu schützen. Rattengifte sind tabu.

"Stattdessen fordern wir die Bauern auf, im Kampf gegen die Ratten zusammenzuarbeiten", schildert Singleton. "Sie ziehen inzwischen gemeinsam los, um die Ratten rechtzeitig zu dezimieren und verbessern die Hygiene auf ihren Feldern. Darüber hinaus verkürzen sie die Pflanzzeit auf zwei Wochen und somit auch die Fortpflanzungsperiode der Ratten, die sich dem Entwicklungs- und Reifeprozess von Reis annähert."

IRRI zufolge vernichten Ratten in Asien fünf Prozent (Malaysia) bis 17 Prozent (Indonesien) der Reisproduktion. Das wäre genug, um 225 Millionen Menschen oder die gesamte Bevölkerung Indonesiens über einen Zeitraum von zwölf Monaten zu ernähren. Auf den asiatisch pazifischen Raum entfallen 90 Prozent der jährlichen Reisproduktion. In der Region leben aber 570 Millionen Menschen, die nicht genug zu essen haben. Die größten regionalen Reisproduktionsländer China, Indien, Indonesien, Pakistan, Bangladesch, Vietnam, Thailand, die Philippinen und Burma sind zugleich Heimat von bis zu 250 Millionen Reisbauern.

In Osttimor und Kambodscha schaffen sich immer mehr Bauern im Kampf gegen die Ratten Silos aus Metall an. "Oft sind es nur kleine Maßnahmen im Kampf gegen die Ernteverluste", meint Rosa Rolle vom Asien-Pazifik-Regional-Büro der UN-Landwirtschaftsorganisation (FAO) mit Sitz in Bangkok. "Sie können Langzeitlösungen bewirken, die wenig kosten."

"Seit der globalen Nahrungsmittelkrise erfahren die Bemühungen, die Reisverluste möglichst klein zu halten, besondere Aufmerksamkeit", meint Subash Dasgupta, Pflanzenexperte des FAO-Regionalbüros in Bangkok.


Ratten in der Übermacht

Vielen Indern, Bangladeschern, Burmesen und Laoten ist die Rattenplage von Ende 2006 noch gut im Gedächtnis. "Die Ratten waren furchtbar. Die Bauern hatten keine Chance", erinnert sich die Menschenrechtsaktivistin Cheery Zahau von der burmesischen Minderheit der China, die besonders von der Hungerkrise zwischen 2006 und 2008 betroffen waren.

Die explosionsartige Vermehrung der Rattenpopulation war vorhersehbar gewesen. Sie tritt alle 48 Jahre auf, wenn eine bestimmte lokale Bambusart Blüten treibt. Die Ratten werden von dem Duft der Pflanze angezogen und machen sich später über die proteinhaltigen Früchte her, die ein Fruchtbarkeitshormon enthalten. Die Ratten hinterließen eine Spur der Verwüstung und veranlassten einige Bauern im gebirgsreichen Chin-Staat in der Nähe zu Indien und Bangladesch, den Reisanbau 2008 einzustellen. "Sie fühlten sich machtlos", sagte Cheery. "Sie wurden von den Ratten in die Knie gezwungen." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2011