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LANDWIRTSCHAFT/1736: Weichenstellung für eine bio-vegane Zukunft (tierrechte)


Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2017
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Weichenstellung für eine bio-vegane Zukunft


Die tierlose, bio-vegane Landwirtschaft ist die einzige Form des Landbaus, die ohne die Ausbeutung von Tieren auskommt. Aus diesem Grund setzt sich der Bundesverband für diese zukunftsweisende Form der Landbewirtschaftung ein. Der Geschäftsführer des neu gegründeten Vereins "Biozyklisch-Veganer Anbau" (BIO.VEG.AN.) Daniel Mettke berichtet über Stand und Fortschritte der bioveganen Landbaubewegung


Der erste Schritt ist geschafft: Auf der weltweit größten Messe der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der Biofach in Nürnberg, im Februar diesen Jahres hatten die veganen Bio-Lebensmittel bei den Produktinnovationen die Nase vorn. Nun geht es darum, die vegane Bio-Produktion weiterzudenken. Warum? Im Hinblick auf die (Aus-) Nutzung der Tiere reicht es nicht, biologisch erzeugte Lebensmittel zu kaufen, denn Bio-Obst und Gemüse wird mit Hilfe von tierischen Düngern kultiviert. Neben Tiermist werden auch Schlachtabfälle wie Hörner, Hufe, Borsten sowie Blut-, Fleisch-, Knochen- und Haarmehle eingesetzt. Bei der bio-veganen Landwirtschaft fällt auch diese indirekte Tierausbeutung weg, da bei ihr ausschließlich pflanzliche Dünger eingesetzt werden.


Neu: Anbaurichtlinien für bio-vegan erzeugte Produkte

Doch die bio-vegane Landwirtschaft hat ein Problem: Sie ist noch weitgehend unbekannt. Außerdem gab es bis vor Kurzem noch keine Standards für den Anbau. Diese Aufgabe hat der 2016 gegründete Verein "Biozyklisch-Veganer Anbau" übernommen. Im Februar präsentierte er im Rahmen der messeeigenen "Erlebniswelt Vegan" in Nürnberg erstmals seine "Biozyklisch-Veganen Anbaurichtlinien". Die ersten Richtlinien für bio-vegan erzeugte Produkte entsprechen der EU-Öko-Verordnung und sollen vegan lebenden Menschen transparent machen, wie Salat, Obst und Gemüse erzeugt wurden. Mit seiner Verwurzelung in der ökologischen Landbautradition steht der biozyklisch-vegane Anbau nicht in Konkurrenz zu bestehenden Verbandsrichtlinien, sondern ist in der Regel mit ihnen kompatibel. Er richtet sich allerdings an der pflanzlichen, also der veganen Lebensmittelproduktion aus.


In Arbeit: Kontrolle und Zertifizierung

Der Verein "Biozyklisch-Veganer Anbau" erarbeitet derzeit zudem einen Kontroll- und Zertifizierungsrahmen für die Anbaurichtlinien. Seitens der Öko-Kontrollstellen sieht man keine Probleme oder Berührungsängste, zukünftig auch die Interessen von Veganern beim Anbau zu berücksichtigen. Beate Wunderlich von der Gesellschaft für Ressourcenschutz (GfRS) sagte im Rahmen der Messe, dass eine Zertifizierungsstelle durchaus effizient prüfen könne, ob ein Betrieb tierische Dünger verwende oder nicht. Bestätigung kam auch aus dem Handel. Albert Fuhs, Geschäftsführer der Landgard Bio GmbH, sprach sich ebenfalls für einen biozyklisch-veganen Anbau aus: "Es ist wichtig, dass wir jetzt damit beginnen, transparent zu sagen: 'So funktioniert die Erzeugung - bis auf den Acker zurück', und dem Kunden das Produkt anbieten können, das er tatsächlich wünscht."


Erfolgreich: Bio-vegane Betriebe

Dr. Johannes Eisenbach, Koordinator und stellvertretender Vorsitzender des griechischen Biocyclic-vegan Network, der die Grundlagen für die Entwicklung der Anbaurichtlinien geliefert hatte, berichtete von den Erfolgen der bio-veganen Produktion von Früchten. Dies bestätigte auch Inka Sachse von der niederländischen Organisation Soil & More International. Eine Landwirtschaft ohne "Nutztiere" sei weltweit betrachtet nichts Ungewöhnliches. Dr. Benjamin Bodirsky, der sich am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mit klimarelevanten Stickstoffkreisläufen beschäftigt, unterstrich die Bedeutung von "tierlosen" Anbaualternativen für den Klimaschutz. Auf der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen, dem ökologischen Versuchsbetrieb der Universität Kassel, schafft man derzeit die Grundlagen, um die Klimafreundlichkeit zu untersuchen. In einem Anbauversuch mit 6-jähriger Fruchtfolge werden unterschiedliche Düngemethoden miteinander verglichen. Dabei sind auch vegane Varianten vorgesehen.


Bio-vegan: EU-weit haben 80.000 Betriebe Potenzial

Geeignete Öko-Betriebe gäbe es genug, sagte Dr. Ulrich Schmutz von der Universität Coventry, der zu "viehloser" und veganer Öko-Landwirtschaft geforscht hat. "Der Anteil der viehlosen Öko-Betriebe in Deutschland liegt bei circa 25 Prozent. Wir haben das auf Europa hochgerechnet. Das wären fast 80.000 Betriebe, die praktisch potenziell für 'vegan' offen wären. Das ist eine relativ große Anzahl." Der Biolandwirt Bernd Kugelmann führt einen dieser Betriebe in Rheinland-Pfalz. Er arbeitet seit 2012 vollkommen frei von tierischen Düngern und Substanzen. Da diese Anstrengung vom Markt bisher nicht gewürdigt wurde, setzte er sich mit seinen Mitstreitern vom Verein "Biozyklisch-Veganer Anbau" für einen Zusammenschluss als bio-Veganer Anbauverband ein.


Wichtig: Aufklärung, Kooperation und Vernetzung

Doch mit der Schaffung eines einheitlichen, transparenten und durch die Föderation der Welt-Öko-Bewegung anerkannten veganen Bio-Anbaustandards alleine ist es nicht getan. Gerade wenn es um die Umsetzung von Tierrechten geht, die ja zwangsläufig ein anderes Mensch-Tier-Verhältnis fordern, muss der biozyklisch-vegane Anbau fortentwickelt werden. Hierzu muss auch der Verbraucher informiert und geschult werden. Die wichtigste nationale Anlaufstelle ist hier das Bio-Vegane Netzwerk für Landwirtschaft und Gartenbau (BVN), das im Bund für Vegane Lebensweise (BVL) organisiert ist. Auch auf internationaler Ebene besteht Handlungsbedarf. Um die tier- und klimafreundliche Landwirtschaft weltweit voranzubringen, müssen sich die existierenden bio-veganen Anbauinitiativen zusammentun und vernetzen. Wichtig ist auch der Ausbau der Kooperation mit Tierrechts- und Verbraucherverbänden. Ansätze dafür gibt es bereits. Beispielsweise die "Grow-Green"-Kampagne der britischen Vegan Society. Diese erarbeitet Modelle, wie Großbritannien perspektivisch mit veganer Landwirtschaft ernährt werden kann, inklusive praktischer Ausstiegshilfen für tierhaltende Bauern.

www.biozyklisch-vegan.de
http://biovegan.org/

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Quelle:
Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2017, S. 18-19
Menschen für Tierrechte
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2017

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