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MELDUNG/130: Internationaler Agrarministergipfel mit Delegierten aus fast 50 Staaten (BMELV)


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressemitteilung vom 22. Januar 2011

Aigner: Gemeinsam handeln im Kampf gegen den Hunger

Internationaler Agrarministergipfel mit Delegierten aus fast 50 Staaten


Vor dem Hintergrund steigender Preise für Agrarrohstoffe und einer dramatischen Zahl hungernder Menschen in den ärmsten Ländern der Welt hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner eine engere Vernetzung von Agrarpolitik, Entwicklungspolitik sowie Handels- und Finanzpolitik gefordert. "Der Kampf gegen den Hunger steht ganz oben auf der Agenda der Weltgemeinschaft. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung kann es gelingen, den Hunger in der Welt einzudämmen und den Milleniumszielen ein Stück näher zu kommen", sagte Aigner zum Abschluss des 3. Internationalen Agrarministergipfels am Samstagabend in Berlin. Auf Einladung von Bundesministerin Aigner hatten 49 Agrarministerinnen und Agrarminister aus der ganzen Welt am Rande der Internationalen Grünen Woche über die Sicherung der Welternährung und Fragen des globalen und regionalen Handels beraten.

"Wir stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Die Ernährung einer bis 2050 auf etwa neun Milliarden Menschen anwachsenden Weltbevölkerung muss gesichert werden", sagte Aigner. Nach Prognosen der FAO wird die Nachfrage nach Getreide von derzeit 2,1 Milliarden Tonnen bis 2050 auf 3 Milliarden Tonnen steigen. Gleichzeitig werde sich jedoch die landwirtschaftliche Fläche pro Kopf von derzeit rund 0,23 Hektar auf 0,17 Hektar verringern. Aigner forderte, die Landwirtschaft und die ländlichen Räume müssten im Kampf gegen den Hunger stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, zumal die meisten der hungernden und unterernährten Menschen nach wie vor in ländlichen Regionen leben. "Die Internationale Entwicklungsbank hat festgestellt: Investitionen in Landwirtschaft leisten einen vier Mal größeren Beitrag zur Armutsbekämpfung als Investitionen in andere Sektoren."

Eine weitere Herausforderung sei es, die Rahmenbedingungen für den Handel deutlich zu verbessern und die Funktionsfähigkeit der Märkte zu gewährleisten, erklärte Aigner. Mit Blick auf rapide steigende Preise für einzelne Agrarrohstoffe zeigten sich Aigner und die Teilnehmer des Gipfels "besorgt, dass exzessive Ausprägungen von Preisvolatilität und Spekulationen auf internationalen Agrarmärkten eine Bedrohung für die Ernährungssicherung darstellen können", heißt es im Abschluss-Kommunique des Gipfels.

"Schwankungen der Preise gehören zum Markt. Allerdings sehe ich die Gefahr, dass durch reine Spekulationen erheblicher Einfluss auf die Preise genommen wird. Hier sind wir gefordert", so Aigner. "Wir müssen auf diesem Feld dringend handeln: Die Nahrungsmittelmärkte dürfen nicht zum Objekt von Zockern werden. Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe sind eben kein Produkt wie jedes andere, hier geht es um die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen."

Das Abschluss-Kommunique des 3. Internationalen Agrarministergipfels findet Eingang in den laufenden Prozess auf G20-Ebene. Als Vorsitzland hatte Frankreich die Preisschwankungen der Rohstoffe auf die Tagesordnung der G20 gesetzt. Die Teilnehmer des Berliner Agrarministergipfels appellierten an die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten und die zuständigen internationalen Organisationen, sich für eine Stärkung der Funktionsfähigkeit von Agrarmärkten einzusetzen und für die Verbesserung der Markttransparenz und Marktinformation zu sorgen sowie sich gegen Missbrauch und Preismanipulationen einzusetzen. Die Agrarministerinnen und Agrarminister der G20-Staaten treffen sich auf Einladung Frankreichs Mitte 2011 in Paris.


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Abschlusskommuniqué
des 3. Berliner Agrarministergipfels 2011
am 22. Januar 2011 in Berlin

Beim "3. Berliner Agrarministergipfel" haben Agrarministerinnen und Agrarminister aus 48 Ländern Erfahrungen und Konzepte ausgetauscht, wie Handel auf lokaler, regionaler und globaler Ebene einen Beitrag zur Ernährungssicherung leisten kann.

Sie sind überzeugt, dass eine nachhaltige und regionale Erzeugung, Handel, sowie ein integriertes regelbasiertes Handelssystem Grundvoraussetzungen für die Verwirklichung von Ernährungssicherung und die Umsetzung des Rechts auf Nahrung sind.

Die in Berlin versammelten Agrarministerinnen und Agrarminister

- begrüßen die Gelegenheit zu einem offenen Austausch über die Rolle des Handels bei der Sicherung der Welternährung;

- stellen fest, dass die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume eine Schlüsselrolle dabei spielt, die Bedürfnisse der wachsenden Weltbevölkerung nach ausreichender und gesundheitsförderlicher Nahrung zu stillen, und untrennbar mit wirtschaftlichem Wachstum und Armutsbekämpfung verbunden ist;

- betonen die Notwendigkeit, private und öffentliche Investitionen in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie die Förderung von Forschung und Innovationen zu verstärken;

- unterstreichen in diesem Zusammenhang die Verantwortung aller Regierungen zur Sicherstellung und quantitativen sowie qualitativen Steigerung nationaler Nahrungsmittelproduktion in Übereinstimmung mit nationalen Ernährungssicherungsstrategien;

- stellen weiter fest, dass zur Sicherung der Welternährung angesichts knapper Ressourcen und der mit dem Klimawandel verbundenen wachsenden Risiken ein integrierter und nachhaltiger Ansatz für die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume erforderlich ist;

- bekräftigen die Schlussfolgerungen des 2. Berliner Agrarministergipfels vom 16. Januar 2010 "Landwirtschaft und Klimawandel - neue Konzepte von Politik und Wirtschaft";

- betonen die zentrale Bedeutung des Ausbaus lokaler und regionaler Märkte für die Stärkung der Wertschöpfung in der Landwirtschaft und für eine lebendige Entwicklung der ländlichen Räume;

- bekräftigen, dass die Anbindung der landwirtschaftlichen Erzeuger an die Märkte und die grenzüberschreitende Integration regionaler Märkte einen Beitrag zur Ernährungssicherung und zur Teilhabe der Landwirtschaft an der globalen wirtschaftlichen Entwicklung leisten können;

- unterstreichen in diesem Zusammenhang die Bedeutung funktionierenden und fairen Wettbewerbs für die Teilhabe der Erzeuger an der Wertschöpfung auf lokaler, regionaler und globaler Ebene;

- berücksichtigen, dass Kleinlandwirte in Entwicklungsländern besonderer Unterstützung bedürfen, sich besser in lokale, regionale und globale Märkte zu integrieren;

- erkennen die Funktion des Handels an, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Ebenen und Akteuren zu schaffen;

- heben die Rolle funktionierender Märkte für das Handelssystem hervor;

- sehen die Notwendigkeit, Entwicklungsländer bei der Überwindung technischer und institutioneller Hemmnisse im Handelsbereich zu unterstützen;

- halten an dem Ziel fest, im Rahmen der Doha-Entwicklungsrunde faire und ausgewogene Regeln im Agrarbereich zu schaffen;

- appellieren in diesem Zusammenhang an die Verhandlungsführer in der WTO, einen baldigen, ambitionierten und ausgewogenen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde anzustreben und deren Beitrag zur Sicherung der Welternährung insbesondere in den ärmsten Ländern im Blick zu behalten;

- sehen eine freie und transparente Preisbildung als eine wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Märkten;

- erwägen angesichts weltweit zu beobachtender Preisvolatilität auf den Agrarmärkten die Bedeutung von Maßnahmen zur Risikoabsicherung zu stärken;

- sind besorgt, dass exzessive Ausprägungen von Preisvolatilität und Spekulationen auf internationalen Agrarmärkten eine Bedrohung für die Ernährungssicherung darstellen können;

- begrüßen die Initiative Frankreichs, dieses Thema auf die Agenda der G-20 zu setzen;

- appellieren an die in der G-20 versammelten Staats- und Regierungschefs und die zuständigen Internationalen Organisationen , sich für eine Stärkung der Funktionsfähigkeit von Agrarmärkten, die Verbesserung der Markttransparenz und -information sowie gegen Missbrauch und Manipulation von Preisen einzusetzen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 22.01.2011
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2011