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MARKT/1730: Smithfields Wildwest-Eroberung des Ostens (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 325 - September 2009
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Smithfields Wildwest-Eroberung des Ostens
US-Fleischkonzern expandiert in Polen und Rumänien

Von Ecki Niemann


Etwa eine Million Sauen hält der Smithfield-Fleischkonzern in den USA, als Teil eines riesigen Komplexes von Futtermittelwerken, Zuchtfirmen, Schlachthäusern, Fleischfabriken, Kühlhäusern und Exportfirmen. Durch die Industrialisierung der Schweinehaltung ist die Zahl der Sauenhalter in den USA von 667.000 im Jahr 1980 auf weniger als 67.000 gesunken. Eine Smithfield-Sauenanlage in Mexiko steht unter dem Verdacht, Ursprung des Schweinegrippe-Ausbruchs zu sein. Nun bedroht die Expansion des Multis die osteuropäische Landwirtschaft. Als wesentlichen Grund für das Eindringen in europäische Märkte nennt die New York Times die nachlassende politische Unterstützung durch die von Smithfield bisher massiv gesponserten Politiker in den USA. Nachdem bei Hurrikans mehrere Smithfield-Güllelagunen in North Carolina überliefen und die Proteste gegen Umweltverstöße allerorten zunahmen, sind die Auflagen für Smithfield-Anlagen schärfer geworden. Nur mit Mühe konnte der Konzern ein Gesetz verhindern, das die Fleischverarbeiter zwingen sollte, ihr Fleisch auf offenen Märkten zu kaufen, also nicht mehr direkt von den eigenen Farmen zu beziehen.

So expandiert Smithfield nunmehr nach Polen und Rumänien, begünstigt durch schwache wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen, Korruption, Polit-Patronage und EU-Fördermittel. In Rumänien betreibt Smithfield bereits große Fleischfabriken, fast 40 Sauen-Anlagen und Ackerbau auf 50.000 ha. In Polen stehen bei Smithfields Schlachterei Animex schon 500 Landwirte unter Vertrag. Parallel dazu sank die Zahl der Sauenhalter in Polen seit 1996 von damals 1,1 Millionen auf 500.000, in Rumänien sogar von 477.000 auf 52.000.


Lobbying und EU-Fördermittel

Eine polnische Bürgermeisterin beschreibt das Smithfield-Vorgehen als "Eroberung des Ostens mit Wildwest-Methoden". Der Konzern hat sich die Unterstützung wichtiger Politiker gesichert, z. B. die des Bukarester Geschäftsmanns und ehemaligen US-Botschafters Nicholas Taubman oder die des Architekturbüros des ehemaligen Ministers Gheorge Seculici. Die US-Firma McGuireWoods, die zuvor drei Jahre lang Repräsentantin Rumäniens beim Antrag auf die NATO-Mitgliedschaft gewesen war, betätigt sich als Smithfield-Lobbyist. Smithfield kassierte jährlich etwa 18 Millionen Euro aus dem rumänischen Programm zum Aufbau der Sauenhaltung, außerdem 300.000 Euro Flächenprämien und 200.000 Euro aus Gründungs-Förderprogrammen der EU.


Erster Widerstand

Aber die Auswirkungen der Agrarfabriken auf Umwelt und Klima werden in der rumänischen Region Timis zunehmend kritisiert, trotz der Rolle Smithfields als Arbeitgeber, Steuerzahler und Sponsor in der armen Region. Nach Ausbruch der Schweinepest 2007 wurde Smithfield als Verbreiter der Seuche beschuldigt, nachdem der Konzern seine Sauen in mehreren Farmanlagen eingestallt hatte, die noch nicht genehmigt und zudem überbelegt waren, so dass für viele Ferkel keine geeigneten Ställe bereit standen.

Als Smithfield dennoch 11,5 Millionen Euro aus dem EU-Seuchen-Entschädigungsfonds für 67.000 gekeulte Sauen beanspruchte, stellten sich selbst regionale Behörden mit dem Hinweis auf Smithfields unzureichende Seuchenvorbeugung quer. Vertreter der EU-Kommission konstatierten mangelhafte Berichterstattung und fehlende Vorkehrungen beim Verkehr zwischen den Anlagen. Schließlich wandte sich Smithfield an den Agrarausschuss-Vorsitzenden des rumänischen Parlaments, der setzt sich nun für eine Gesetzesänderung ein, welche die Zahlung der, Seuchen-Entschädigung auch im Falle einer Missachtung von Sicherheitsmaßnahmen möglich macht. Und aus noch einem EU-Topf speisen sich Smithfields Profite: aus dem für Exportsubventionen. Allein die Smithfield-Schlachterei Animex kassierte nach Aussagen polnischer Agrarexperten mehr als 3 Millionen Euro, für Schweinefleisch-Exporte unter anderem nach Liberia, Äquatorial-Guinea und Elfenbeinküste. Das Ende dieses Dumpings würde Smithfield und seine agrarindustriellen Nachahmer in Europa empfindlich treffen.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 325 - September 2009, S. 10
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2009