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MARKT/2132: Sich auf mehr Körnerleguminosen einstellen (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 391 - September 2015
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Sich auf mehr Körnerleguminosen einstellen
Mit dieser Ernte werden Erbsen und Bohnen auch für den Landhandel zur Größe

Von Christine Weißenberg


Es ist soweit: Die in diesem Jahr angebauten Erbsen sind zu großen Teilen gedroschen, die Ernte der Ackerbohnen steht bevor. Nun wird sich zeigen, welche Märkte sich für die Körnerleguminosen auftun. Nach Einschätzungen aus den Projekten "Vom Acker in den Futtertrog" und "Eiweißfutter aus Niedersachsen" sowie anderer Marktbeobachter sind es viele Marktfruchtbetriebe und weniger Futterbaubetriebe mit eigener Tierhaltung, die in den Körnerleguminosenanbau eingestiegen sind oder ihn wieder aufgenommen haben - auf Grund der Greeningauflagen oder auch wegen der mittlerweile wieder größeren Anerkennung der positiven Fruchtfolgeeffekte.

Verwertung im Betrieb

Ökonomisch günstig ist ansonsten besonders die innerbetriebliche Verwertung als Futterbestandteil in hofeigenen Mischungen, weil sie nicht auf Marktpreise angewiesen ist, sondern den Wert als Futter anrechnet. Ein von diesem Vorgehen überzeugter konventioneller Ackerbauer und Schweinehalter aus Nordrhein-Westfalen (NRW) ersetzt bis zu neun Prozent des zugekauften Eiweißergänzers in einer Dreiphasenfütterung durch seine Bohnen. Seine eigene Ernte reicht nicht: "Ich kann noch Bohnen gebrauchen. Für den Weizenpreis plus zwei Euro würde ich welche abkaufen. Sauber sollten sie sein, ich will die direkt verwenden können." So entstehen Märkte, auch wenn es sich hierbei zunächst nur um einen Ausschnitt handelt. Die sich bildenden Preise entsprechen dem, was bisher üblich ist, sind aber viel niedriger als der ansetzbare Futterwert.

Abwehrhaltung

Mitte August kursierten jedoch mit 16,50 Euro/Doppelzentner (dt = 0,1t) Ackerbohnenpreise des Landhandels deutlich unterhalb des Weizenpreises. Da fielen in Gesprächen Worte wie "Frechheit" oder "Skandalpreis". Torsten Stehr, zuständig für die Ackerbohnenvermarktung bei der Raiffeisen Weser-Elbe eG, kennt das Phänomen im Vorfeld der Ernte: "Da ist bisher eine Abwehrhaltung des Handels. Die Akzeptanz in der hiesigen Vermarktung ist noch nicht vorhanden. Die Preise und Nutzungsmöglichkeiten werden zerredet". Stehr bleibt gelassen und ist gespannt, ob die politische Fürsprache und der Greening-Effekt Wege öffnen zu einer stärkeren Verwertung der heimischen Körnerleguminosen als Futter. "Erstmal kommt das Ernten, dann lagern wir die Bohnen ein und sichten, welche Qualität wir haben. Dann schauen wir, welche Absatzmöglichkeiten es gibt." Zur Sicherheit hat Stehr einige Exportkontrakte abgeschlossen, hofft aber in diesem Jahr auf mehr Interesse von Futtermittelhändlern. Er rechnet damit, 5.000 bis 6.000 t Bohnen angeliefert zu bekommen, letztes Jahr waren es noch 3.000.

Aufkeimendes Interesse

Die Preise in der zweiten Augusthälfte lagen schon bei 19,50 Euro bis 21,60 Euro/dt für Erbsen in Niedersachsen. Dabei gelten die höheren Preise in Veredelungsregionen. Ware, die aus Marktfruchtregionen, z. B. weiter entfernt aus Thüringen, gekauft wird und transportiert werden muss, erzielt zwei Euro weniger. Aus NRW verlauteten ähnliche Preise mit 19,50 Euro/dt für Bohnen, Erbsen kamen auf ein bis zwei Euro mehr. Erste Anzeichen für die steigende Marktpräsenz von Körnerleguminosen und dafür, dass der Landhandel beginnt sich Gedanken zu machen, sind zudem Anfragen anderer Landhändler bei Torsten Stehr, ob sie über ihn vermarkten könnten. Und ganz konkret hat sich der Geschäftsführer eines Raiffeisenhandels in NRW an das Projekt "Vom Acker in den Futtertrog" gewandt, weil er die Notwendigkeit sieht, sich mit der Vermarktung heimischer Leguminosen und deren Einsatz als Eiweißträger in Futtermischrationen zu beschäftigen. Als Landhändler müssten sie sich darauf einstellen, dass mehr angebaut werde, die Landwirte wissen wollten, wohin mit ihrer Ernte, und die Futtermittelwerke, mit welchen Mengen sie zu rechnen haben. Ab 1.000 Tonnen werde die Verwertung für die Werke interessant. Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), nimmt als Marktkenner für gentechnikfreie Futtermittel auf Diskussionsveranstaltungen ein großes Interesse der Führungsebene von Lebensmittelhandel, Verarbeitern und Futtermittelhandel an Erbsen und Bohnen wahr. Bisher gelte dieser Markt eher als Nische, aber "die Futtermittelhändler scheinen vor allem die 'Kinderkrankheiten' nicht mittragen zu wollen; grundsätzlich ist alles, was preiswürdig ist, Thema."

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 391 - September 2015, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2015

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