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MARKT/2153: Soja aus nah oder fern? (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 395 - Januar 2016
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Soja aus nah oder fern?
Internationale und regionale Einflüsse auf die Preisbildung des Weltmarkt- und Futterrohstoffs

von Luiz Massucati


In Deutschland fressen vor allem Hühner und Schweine den Großteil der importierten Hülsenfrüchte in Form von Sojaschrot aus Übersee. Nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft führt Deutschland jährlich bis zu 1,5 Millionen Tonnen (Mio. t) Sojaschrot und 3,6 Mio. t Sojabohnen ein. Als Weltmarktrohstoff wird Soja an den Terminbörsen auf jedem Kontinent gehandelt und der Preis der Sojabohnen in Deutschland wird von vielen Faktoren beeinflusst. Der erste Einflussfaktor ist das Ausmaß der Anbaufläche weltweit. Im Frühjahr überlegen sich die Bauern und Bäuerinnen anhand ihrer Fruchtfolgegestaltung und der Preisrelation, ob Mais oder Soja angebaut wird, da diese Kulturen einen ähnlichen Produktionszeitraum haben: Lässt die Fruchtfolge den Anbau von Soja zu? Ist Mais teurer als Soja? Die Aussichten der Anbaubedingungen für Soja spielen an den Warenterminbörsen eine wichtige Rolle: Sind die Felder trocken oder nass? Können die Landwirte rechtzeitig säen? Ist genug Wasser da? Droht Unwetter die Produktion zu verhindern? China als Hauptabnehmer von Sojabohnen beeinflusst mit seinem Kaufverhalten ebenfalls die Preisbildung. "Die chinesischen Händler halten sich erstmal bedeckt und irgendwann kaufen sie. Von einem Tag auf den anderen ist die Nachfrage da und die Verfügbarkeit sinkt", sagt Jürgen Recknagel vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg. Die Verfügbarkeit ist auch an die Logistik geknüpft: Zugefrorene Flüsse, Probleme mit der Eisenbahn in Nordamerika, Engpässe im Straßennetz und in den Häfen in Brasilien behindern den Transport der Sojaproduktion und das Erreichen der Handelsplätze entscheidend.

Europäisch gentechnikfrei

In Europa wird für den Sojabohnenanbau im Gegensatz zu großen Teilen Süd- und Nordamerikas nur gentechnikfreies Saatgut verwendet. Für GVO-freies Soja besteht ein eigener Markt, es wird mehr gezahlt. Die Zuschläge hängen von der Verfügbarkeit ab und die Verfügbarkeit ist wiederum abhängig von der rechtzeitigen Planung. Wenn in Brasilien die Zertifizierung nicht läuft, dann ist die GVO-freie Produktion deutlich niedriger und die Zuschläge können über 100 Euro pro Tonne (EUR/t) erreichen. "Dann wird es kritisch und der Markt hat ein Problem. Da überlegen die Menschen, ob sie bereit sind, diese Zuschläge zu zahlen", so Recknagel. Der Sojabohnenanbau nahm dieses Jahr in Deutschland im Vergleich mit dem Jahr 2012 von 5.000 auf 17.000 Hektare deutlich zu. Aus der heimischen Produktion können Vollfettsojabohnen und zukünftig aus der Ölmühle ADM in Straubing Sojaextraktionsschrot angeboten werden. Für Fleischerzeuger aus Baden-Württemberg und Bayern bietet es sich an, Soja aus dem Donauraum in ihre Futterration zu mischen. Der in Österreich ansässige Verein Donau Soja bietet die gleichnamige Marke für gentechnikfrei produzierte Sojabohnen aus dem Donauraum an. Der Verein zertifiziert nach einem eigenen Qualitätsstandard, der Herkunft, Nachhaltigkeit und garantierte Gentechnikfreiheit umfasst. Die Mehrkosten im Vergleich zu Übersee-Soja (GVO-Bohnen) machen ca. 70 EUR/t aus.

Regionale Preise ableiten

Die internationale Notierung von Sojabohnen (GVO-Bohnen) taugt nicht ohne weiteres zum Vergleich mit den Angeboten in Deutschland, weil Währung und Einheit nicht passen. Im Rahmen des süddeutschen Projekts Sojanetzwerk wurde ausgehend vom Weltmarktpreis ein Verfahren zur gerechten Preisbildung für regionale, GVO-freie Sojabohnen entwickelt. Seit Wochen pendeln die Kurse für Soja an der Chicago Board of Trade (CBOT) um 880 US-Cent pro Bushel. Umgerechnet liegt der Sojabohnenpreis an der CBOT im Moment bei 296,6 EUR/t. Hinzu kommen der in den USA gängige Aufschlag für GVO-freie Bohnen (+ 50 EUR/t), die Frachtkosten nach Rotterdam (+ 40 EUR/t) und die Frachtkosten nach Deutschland (+ 20 EUR/t). Am Ende kosten die GVO-freien Bohnen in Deutschland ca. 406,6 EUR/t. Aber das ist nicht der Erzeugerpreis. Für einheimische konventionelle Sojabohnen unterscheiden sich die Marktpreise regional, je nach Logistikaufwand für die erfassenden Genossenschaften, die ihre Transport-, Lagerungs- und Erfassungskosten aufschlagen. Der Anbau von Soja erfolgt überwiegend im Vertragsanbau bzw. für den Eigenbedarf. 2014 konnten z.B. Lieferverträge mit Agrarhandelsunternehmen zu Preisen von 470 EUR/t bei der ZG-Raiffeisen in Baden und 380 EUR/t beim Raiffeisen Kraftfutterwerk Kehl abgeschlossen werden. Im ökologischen Anbau kann derzeit in Niedersachsen ein Erzeugerpreis von 820 EUR/t für Soja erzielt werden.


Luiz Massucati, AbL-NRW-Projekt
www.vom-acker-in-den-futtertrog.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

In einer neuen Fotoausstellung werden Gesichter und Geschichten zur Versorgung mit Eiweißfuttermitteln aus heimischem Leguminosenanbau gezeigt - hier Ackerbohnenbauer und Schweinehalter Dirk Krieter sowie eine Sojapflanze. Ab Februar 2016 können die Fototafeln beim Projekt ausgeliehen werden.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 395 - Januar 2016, S. 3
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
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Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
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(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2016

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