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MARKT/2169: Widerstand lohnt sich für Milchbauern (UBS)


unabhängige bauernstimme, Nr. 397 - März 2016
Eine Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Widerstand lohnt sich für Milchbauern
Vergleichende Betrachtung der Milchpreise 2015 in Frankreich und Deutschland

Von Ottmar Ilchmann,


Der niederländische Bauernverband LTO hat jetzt seinen Milchpreisvergleich für das Jahr 2015 für 16 große europäische Molkereien vorgelegt. Erwartungsgemäß haben alle Molkereien im Krisenjahr wesentlich schlechter ausgezahlt als im Vorjahr, durchschnittlich knapp 20% weniger. Überraschend sind aber die großen Unterschiede im angeblich so grenzenlosen Milchmarkt schon innerhalb der EU. Bei einem Durchschnittspreis von 30,83 Cent reicht die Spanne von 38,93 Cent bei der norditalienischen Granarolo bis 26,35 Cent bei der irischen Glanbia.


Deutschland am unteren Ende

Ernüchternd ist das Abschneiden der deutschen Molkereien. Der Branchenprimus DMK (Deutsches Milchkontor) liegt mit 27,37 Cent auf dem drittletzten Platz. Schlechter sind nur Glanbia aus Irland und die niederländische DOC Kaas. Ausgerechnet letztere möchte DMK gerne übernehmen, was für den dann gemeinsamen Milchpreis beider Fusionspartner Schlimmes befürchten lässt. Generell sind die stark exportorientierten großen Genossenschaftsmolkereien eher in der unteren Hälfte zu finden. Aber auch Müller Milch, eigentlich Experte für Markenprodukte mit guter Wertschöpfung, liegt beim Auszahlungspreis weit hinten - einfach, weil er es kann! Die schlecht auszahlenden deutschen Genossenschaften ermöglichen es Müller, einen Großteil des Ertrags für sich zu behalten. Besonders interessant ist aber das sehr gute Abschneiden der französischen Molkereien! Sie liegen mit 32 bis 33 Cent z. B. satte fünf bis sechs Cent über dem deutschen "Leuchtturm" DMK.


Proteste zahlen sich aus

Grund hierfür: Nach den eindrucksvollen Protesten der französischen Kollegen im Frühsommer kam es, unterstützt von der französischen Regierung, zu einer Branchenvereinbarung zwischen Milcherzeugern, Molkereien und dem Handel. Diese hat augenscheinlich geholfen, den französischen Kollegen erheblich höhere Milchpreise im Vergleich zu DMK zu sichern. Daraus lassen sich mehrere Lehren ziehen:

1. Proteste bringen durchaus etwas, Widerstand lohnt sich! Er darf auch ruhig mal ein bisschen heftiger sein!

2. Ein Bauernverband, der die Interessen seiner Mitglieder machtvoll auf die Straße bringt, kann etwas bewirken. In Deutschland stellt die Verquickung der Bauernverbandsspitze mit dem nachgelagerten Bereich ein großes Problem dar. Der Bauernverband vertritt die Interessen der Molkereien, nicht die der Milchbauern und bricht deren Widerstandskraft. Sein Motto: Landwirte sterben leise.

3. Auch auf nationaler Ebene kann Politik, wenn sie es denn will, durchaus etwas bewirken! Die französische Politik will ihren Bauern helfen, die deutsche Bundesregierung will das nicht!

4. Selbst im gemeinsamen europäischen Binnenmarkt ist es möglich, in einem Mitgliedsland ein wesentlich höheres Preisniveau zu halten, wenn sich die Branche in diesem Ziel einig ist. Also sind globalisierte Märkte weit weniger durchlässig, als man uns erzählt. Europaweite Krisenmaßnahmen könnten demnach erst recht sehr wirksam sein.

Ottmar Ilchmann, stellvertretender AbL-Vorsitzender

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Quelle:
unabhängige bauernstimme, Nr. 397 - März 2016, S. 12
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2016

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