Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

VERBRAUCHERSCHUTZ/1017: Hefeextrakte in Bio-Lebensmitteln - Ein Problem? (aid)


aid-PresseInfo Nr. 8/10 vom 24. Februar 2010

Hefeextrakte in Bio-Lebensmitteln

Ein Problem?


(aid) - Manche Verbraucher und auch Naturkostunternehmer wünschen sich einen Verzicht auf Hefeextrakte in Bio-Lebensmitteln. Eine Umstellung auf hefeextraktfreie Rezepturen scheint aber für bestimmte Produkte im Moment nicht möglich oder es schmeckt weniger gut. Das ist ein Ergebnis eines Forschungsprojektes des Fachbereiches Nachhaltige Ernährung an der Fachhochschule Münster im Auftrag des BNN Herstellung und Handel, das auf der BioFach in Nürnberg vorgestellt wurde.

Hefeextrakt wird aufgrund seines Gehalts an Glutaminsäure und Glutamaten kritisch diskutiert. Auch in Bio-Lebensmitteln wird der Extrakt eingesetzt, wenn es um einen würzigen Geschmack geht. Da Hefeextrakt natürlicherweise Glutaminsäure bzw. deren Salze (Glutamate) enthält, hat er eine geschmacksfördernde Funktion - ebenso wie die Zusatzstoffe Glutaminsäure und deren Salze Glutamate (E 620 - E 625). Diese Stoffe sind in Bio-Lebensmitteln aber nicht erlaubt.

Die Gruppe um Professor Carola Strassner von der Fachhochschule Münster wollte wissenschaftlich begründete Aussagen für oder gegen den Einsatz von Hefeextrakten ermitteln und sinnvolle Alternativen für Bio-Lebensmittel finden. Eine eindeutige Positionsbestimmung ist aber nicht möglich, da die Datenlage nicht ausreichte.

Alternativen für Hefeextrakt wurden von den Herstellern ökologischer Produkte unterschiedlich beurteilt: Nicht überall sei der Verzicht auf Hefeextrakt ohne Weiteres möglich. Viele Zutaten wie Kräuter, Gewürze und Salz müssten verändert werden. Einige Lebensmittel (z. B. Kartoffelchips) kommen aus Sicht der Hersteller nicht ohne Hefeextrakt aus, ohne dass der Geschmack beeinträchtigt wird. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen verwendeten wegen des Geschmacks (zumeist konventionellen) Hefeextrakt in ihren Produkten. Weitere Gründe waren die Verringerung des Salzgehalts im Lebensmittel und der Gehalt an B-Vitaminen.

Andere Naturkosthersteller wiederum verwenden keinen Hefeextrakt oder haben auf eine Rezeptur ohne Hefeextrakt umgestellt bzw. beabsichtigen sie. Einige Experten wiesen darauf hin, dass Bio-Hefeextrakt auf Weizen gezüchtet würde, was der vielfach gewünschten glutenfreien Produktion im Wege stünde. Zuletzt bleibt die Frage offen: Stellen Hefeextrakte für Verbraucher wirklich ein ernstzunehmendes Problem dar? Inzwischen sind die Verbraucher allerdings schon vor den "kritischen" Karren gespannt worden, wobei fraglich ist, ob der hierzu erstellte Zusammenhang zwischen Hefeextrakten, Glutamaten und Alzheimer nicht eher zu allgemeiner Verunsicherung führt als zu mehr Sicherheit. Professor Strassner dazu: "Eine der wichtigen noch zu klärenden Fragen ist, inwieweit die Menge an Glutaminsäure bzw. Glutamaten in Hefeextrakt kritisch sein könnte. Zu beachten ist, dass diese Stoffe auch in anderen Lebensmitteln wie Sojasoße oder lange gereiftem Käse natürlicherweise vorkommen."

Fazit der bisherigen Ergebnisse und der Debatte in Nürnberg: Einige Unternehmen haben bereits ihre Rezepturen verändert und setzen keinen Hefeextrakt mehr ein. Andere Unternehmen stellen zurzeit auf ökologischen Hefeextrakt um. Das Forschungsprojekt lässt aus wissenschaftlicher Sicht keine eindeutige Position für oder gegen Hefeextrakt in Bio-Lebensmitteln zu.

aid, Britta Klein


*


Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 8/10 vom 24. Februar 2010
Herausgeber: aid infodienst
Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e. V.
Heilsbachstraße 16
53123 Bonn
Tel. 0228 8499-0
E-Mail: aid@aid.de
Internet: www.aid.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2010