Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) - 14.06.2018
Riskante Nahrungsergänzung aus der Natur
Borretsch, Huflattich,Wasserdost: Kräuterhaltige Nahrungsergänzungsmittel können gesundheitsschädliche Pyrrolizidinalkaloide enthalten
Sie sind eine raffinierte Waffe der Natur. Mit Pyrrolizidinalkaloiden (PA) halten Pflanzen sich Fraßfeinde vom Leib. Das Problem: Diese sekundären Pflanzenstoffe können die menschliche Leber schädigen und wirken im Tierversuch erbgutverändernd und krebsauslösend. Über PA-bildende Wildkräuter auf den Anbauflächen von Kulturpflanzen können sie in die Lebensmittelkette gelangen. Ein weiteres Problem sind Nahrungsergänzungsmittel aus Pflanzen wie Borretsch, Huflattich oder Wasserdost - allesamt PA-Bildner. "Die dem Bundesinstitut für Risikobewertung zur Verfügung stehenden Daten zeigen, dass Nahrungsergänzungsmittel, die PA-bildende Pflanzen oder Pflanzenteile enthalten, erheblich zur Aufnahme von Pyrrolizidinalkaloiden beitragen", sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). "In einigen Nahrungsergänzungsmitteln ist der Gehalt sogar so hoch, dass bereits nach kurzfristigem Verzehr toxische Wirkungen möglich sind."
Stellungnahme: Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an
1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/aktualisierte-risikobewertung-zu-gehalten-an-1-2-ungesaettigten-pyrrolizidinalkaloiden-pa-in-lebensmitteln.pdf
Auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse der Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Rahmen der Auswertung
toxikologischer Daten hat das BfR seine Risikobewertung zu PA in
Lebensmitteln aktualisiert. Es berücksichtigte dabei die Aufnahme von PA
aus allen wichtigen Lebensmittelgruppen. Als besondere Quelle fielen
erneut Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Bestandteilen von PA-bildenden
Pflanzen auf. Sie hatten den höchsten PA-Gehalt.
Der maximal gemessene Wert wurde in einer Kapsel eines NEM festgestellt, das Wasserdost (Eupatorium cannabinum) als Inhaltsstoff enthielt. Wasserdost gehört zu den Korbblütlern und ist eine PA-bildende Pflanze. Weitere Beispiele für PA-bildende Pflanzen in NEM sind Huflattich, Beinwell, Borretsch, Lungenkraut, Steinsamen und Pestwurz. Auch Johanniskraut-haltige Präparate waren in fast jeder untersuchten Probe mit PA belastet. Da Johanniskraut nicht als PA-bildende Pflanze bekannt ist, stammen die gemessenen PA in diesen Fällen vermutlich aus einer Verunreinigung mit anderen Wildkräutern.
In mehr als der Hälfte der untersuchten NEM-Proben wurden PA gefunden. Die PA-Gehalte waren unterschiedlich hoch. Bei NEM mit hohem PA-Gehalt kann deren Aufnahme deutlich über der von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs liegen und bei kurzfristigem wie längerem Konsum erheblich zur PA-Aufnahme beitragen. Das BfR und die EFSA kommen daher übereinstimmend zu dem Schluss, dass das Auftreten akut-toxischer Wirkungen durch Konsum bestimmter NEM, die auf PA-bildenden Pflanzen basieren, möglich ist. Beim Konsum solcher NEM stehen einem nicht gesicherten gesundheitlichen Nutzen durch das Nahrungsergänzungsmittel zudem mögliche gesundheitliche Risiken im Hinblick auf genotoxisch-kanzerogene Wirkungen von PA gegenüber. Daher empfiehlt das BfR, Nahrungsergänzungsmittel, die PA-haltige Pflanzen oder Pflanzenteile enthalten, nicht zu verwenden. In ölbasierten Extrakten von PA-bildenden Pflanzen wurden hingegen keine PA gefunden.
Mit Blick auf alle relevanten Lebensmittelgruppen empfiehlt das BfR nach wie vor Maßnahmen zur Senkung der Konzentration dieses Pflanzeninhaltsstoffes in Lebensmitteln. Das gilt auch weiterhin. Zur Verringerung des gesundheitlichen Risikos empfiehlt das BfR Verbraucherinnen und Verbrauchern grundsätzlich Abwechslung und Vielfalt bei der Auswahl der Lebensmittel.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich
unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die
Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und
Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in
engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
Das BfR ist 15 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat das BfR eine
Jubiläumsbroschüre herausgegeben, die kostenlos heruntergeladen
oder bestellt werden kann unter:
http://www.bfr.bund.de/de/publikation/broschueren-660.html
Weitere Informationen unter:
http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_pyrrolizidinalkaloiden_in_lebensmitteln-187302.html
- FAQ des BfR
http://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/pyrrolizidinalkaloide-127028.html
- Weitere Informationen
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution638
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) - 14.06.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2018
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