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ASYL/1335: Fest der Familie - aber nicht für syrische und irakische Flüchtlinge (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 21. Dezember 2018

Fest der Familie - aber nicht für syrische und irakische Flüchtlinge

PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachen sind bestürzt über die dramatischen Schicksale aufgrund des lahmgelegten Familiennachzugs


Vor rund einem Jahr war die verzweifelte Situation syrischer Familien das Topthema von Sondierungs- und Koalitionsgesprächen. Ein Jahr später beklagt PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt eine »erbarmungslose Gleichgültigkeit. Deutschland feiert Weihnachten als Fest der Familie - die Verzweiflung getrennter Flüchtlingsfamilien aus der syrisch-irakischen Krisenregion ist völlig aus dem Blick geraten.«

PRO ASYL warnt vor einer dramatischen Fehleinschätzung der Situation in Syrien und Irak. Der IS ist noch immer militärisch stark und in der Lage Terror zu verbreiten. Der syrische Diktator Assad ist für seine Brutalität gegenüber Oppositionellen und solchen, die er dafür hält, gefürchtet. Diese Region wird nach dem Abzug der US-Truppen zu einem noch größeren Pulverfass, denn es ist völlig unabsehbar wie sich die Gemengelage weiterentwickelt. PRO ASYL und der niedersächsische Flüchtlingsrat halten daher die anhaltende Indifferenz und Gefühllosigkeit angesichts der Not der Familien für unverantwortlich.

Die Menschenrechtsorganisationen kritisieren die verschleppte Bearbeitung von Visumsanträgen durch die Auslandsvertretungen sowie die Ausländerbehörden: Nach Auskunft des Auswärtigen Amts sind seit August 2018 bis Ende November 2018 insgesamt 1562 Visa an Angehörige von subsidiär geschützten Flüchtlingen ausgegeben worden. PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern die Bundesregierung auf, wenigstens die politisch verabredete Quote zu erfüllen und die restlichen 3.438 Visa für das Jahr 2018 zu erteilen. Überdies muss bei allen Fällen, bei denen Minderjährige von den Eltern getrennt sind, unverzüglich der Nachzug ermöglicht werden. Dies gebietet das Grundgesetz und die UN-Kinderrechtskonvention, zu der sich die GroKo auch im Koalitionsvertrag explizit bekannt hat. »Kindeswohl hat Vorrang vor migrationspolitischem Kalkül! Kinder gehören zu ihren Eltern und umgekehrt!«, fordert Burkhardt.

Zum Hintergrund:

Mit dem am 15. Juni 2018 beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte hat die Bundesregierung das Recht auf Familienleben für Angehörige dieser Schutzberechtigen kategorisch abgeschafft und durch ein Gnadenrecht ersetzt. Das Prüfungsverfahren für die Vergabe der monatlich bis zu 1.000 Visa erfolgt auf drei Ebenen und ist ein bürokratisches Monster.

In den ersten vier Monaten hätten über das einer Lotterie gleichende Verfahren zumindest 4000 Visa erteilt werden sollen. Tatsächlich wurden 4.927 Anträge auf Erteilung eines Visums von den Auslandsvertretungen »positiv geprüft« und an die Ausländerbehörden in Deutschland übersandt. Lediglich 2.031 Anträge wurden von den Ausländerbehörden positiv beschieden und an das Bundesverwaltungsamt (BVA) weitergeleitet. Das BVA hat fast alle Anträge (2.026) anerkannt und dies den Auslandsvertretungen übermittelt. Bis Ende November wurden 1562 Visa ausgegeben.

August: 42 von 853
September: 147 von 914
Oktober: 499 von 1536
November: 874 von 1624

Gesamt August bis November 2018: 1.562 von 4.927

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 21. Dezember 2018
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Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
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Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2018

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