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ASYL/595: Überstellung eines Asylsuchenden nach Griechenland rechtswidrig (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 10. Juli 2009

Überstellung eines Asylsuchenden nach Griechenland rechtswidrig

VG Frankfurt holt Iraner nach Deutschland zurück


Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat mit Urteil (Az. 7 K 4376/07.F.A (3)) vom 08.07.2009 festgestellt, dass im Falle eines iranischen Asylsuchenden die Überstellung nach Griechenland rechtswidrig war. Der junge Iraner musste im Jahr 2007 aus dem Iran fliehen, wo ihm akut Verfolgung drohte. Er kam über Griechenland nach Deutschland. Hier leben seine Eltern und seine Schwester. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärte sich allerdings für unzuständig und ordnete die "Überstellung" des Iraners nach Griechenland an, weil er dort zum ersten Mal das Territorium der EU betreten hat.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt urteilte nun, dass diese Entscheidung rechtswidrig war: Deutschland ist zuständig - die Bundesrepublik Deutschland wurde verpflichtet, die Überstellung nach Griechenland rückgängig zu machen.

Das Gericht hatte den betroffenen Iraner und seine griechische Anwältin zur mündlichen Verhandlung geladen und beide umfassend zur Situation in Griechenland befragt. Dabei entstand ein katastrophales Bild des Asylsystems in Griechenland: Flüchtlinge werden mittellos in die Obdachlosigkeit gedrängt, überleben nur aufgrund von Armenspeisungen. Das Asylverfahren ist eine Farce: Die Anhörung erfolgt im Minutentakt, statt eines Dolmetschers müssen andere Flüchtlinge in gebrochenem Griechisch übersetzen. Mit einem fairen und gerechten Verfahren - so auch das Frankfurter Gericht - sind die Verhältnisse in Griechenland nicht vereinbar.

PRO ASYL hatte den Fall des Iraners zusammen mit seiner Frankfurter Anwältin begleitet und für seine Rückkehr aus Griechenland gekämpft. Wie es dem jungen Flüchtling in Griechenland erging, dokumentierte Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL, mittels Recherchen vor Ort.

Der Fall des Iraners hatte vor rund 1 ½ Jahren eine Serie von Eilverfahren ausgelöst, in denen die Überstellung nach Griechenland verhindert wurde. In dem jetzt entschiedenen Fall stellten sich die damaligen Argumente des Bundesamtes als falsch heraus: das Bundesamt hatte in dem Eilverfahren geltend gemacht, dass die deutsche Botschaft in Athen ein Monitoringverfahren bezüglich der aus Deutschland abgeschobenen Flüchtlinge gewährleiste. Außerdem hatte es die Zusicherung Griechenlands eingeholt, dass die Rechte des Flüchtlings beachtet würden. Beides stellte sich im Nachhinein als falsch heraus.

PRO ASYL kritisiert seit Jahren die Überstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland und fordert, dass Deutschland die Zuständigkeit für die Asylverfahren an sich zieht.

gez. Marei Pelzer
Referentin


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 10. Juli 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2009