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ASYL/664: Bundesregierung beschönigt Situation in Griechenland (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 28. Oktober 2010

PRO ASYL zur Anhörung des Bundesverfassungsgerichts:
Bundesregierung beschönigt Situation in Griechenland

Sofortiger Abschiebestopp nach Griechenland gefordert


PRO ASYL wirft der Bundesregierung vor, die Lage in Griechenland beschönigend darzustellen. Griechenland ist eine asylrechtliche Wüste, das Asylsystem dort ist kollabiert. Europaweit stoppen Gerichte Abschiebungen nach Griechenland. Menschen dürfen nicht sehenden Auges in eine Situation zurückgeschoben werden, wo ihre Menschenrechte verletzt werden.

Europaweit fordern Menschen und Flüchtlingsorganisationen einen Stopp der Überstellungen und den Aufbau eines solidarischen europäischen Schutzsystems für Flüchtlinge. "Deutschland darf seine Insellage im Herzen Europas nicht länger ausnützen und muss aktiv mitwirken am Aufbau eines europäischen Systems der Schutzgewährung", so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. PRO ASYL erinnert daran, dass das Grundrecht auf Asyl 1993 geändert wurde, um zu einem europäischen System der Schutzgewährung zu kommen. In der Zwischenzeit ist Deutschland zum Bremser geworden. "Die Bundesregierung behauptet, sie wolle Griechenland helfen, tatsächlich will sie sich nur freikaufen", sagte Burkhardt. "Eine Hilfe für Griechenland muss dazu führen, dass Asylverfahren in Deutschland und in anderen EU-Staaten durchgeführt werden."

PRO ASYL fordert gemeinsam mit dem European Council on Refugees and Exiles (ECRE), einem Zusammenschluss von 69 europäischen Flüchtlingsorganisationen, Überstellungen nach Griechenland zu stoppen und vom sogenannten Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Auch der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), der Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, und der UN- Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, appellierten an die europäischen Staaten, Überstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland einzustellen.

Die 30.-40.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr allein über die griechisch-türkisch Nordgrenze ankamen, sind für Europa eine verkraftbare Zahl - ein kleines Land wie Griechenland ist völlig überfordert. PRO ASYL fordert deshalb die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland in anderen EU-Staaten. Vor dem hereinbrechenden Winter müssen insbesondere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vor der Obdachlosigkeit und einem Leben in den Parks und Straßen Athens bewahrt werden.

PRO ASYL warnt vor einer weiteren Aufrüstung der Grenzen durch den bevorstehenden Einsatz von Frontextruppen. Das führt zu einer neuen Mauer gegen Flüchtlinge. Frontex hat den Auftrag, angeblich "illegale Einwanderer" abzuwehren. Menschen aus Staaten wie Afghanistan, dem Irak oder Iran sind jedoch Schutzbedürftige.


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 28. Oktober 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2010