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INNEN/1736: PRO ASYL zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz - Kaum eine Spur vom »Spurwechsel« (Pro Asyl)


PRO ASYL - Presseerklärung vom 5. Dezember 2018

PRO ASYL zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Kaum eine Spur vom »Spurwechsel«

Gesetzentwurf produziert Unsicherheit und wird Arbeitgeber frustrieren


Anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder hat PRO ASYL die Akteure gebeten, sich für eine deutliche Verbesserung des vor kurzem vorgelegten Referentenentwurfes für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz einzusetzen. Dieser greife in Bezug auf die Integration der in Deutschland lebenden Asylsuchenden und Geduldeten viel zu kurz.

»Wenn der Entwurf so Gesetz wird, produziert er weitere Unsicherheit bei denen, die bereits erste Schritte der Arbeitsmarktintegration gegangen sind. Und er frustriert die Arbeitgeber, die in den Jahren seit 2015 die Aufforderung, Flüchtlingen Perspektiven anzubieten, ernst genommen haben«, so PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Der Gesetzentwurf sieht neben der problematischen Ausweitung von Arbeitsverboten für manche Personengruppen Neuregelungen zur Ausbildungsduldung (§ 60 b AufenthG) und die Einführung einer Beschäftigungsduldung (§ 60 c AufenthG) vor.

Insbesondere die Hürden beim Zugang zur Beschäftigungsduldung werden für viele Menschen kaum zu überwinden sein. Gefordert werden eine Vollzeitbeschäftigung von mindestens 35 Wochenstunden, die vollständige Lebensunterhaltssicherung seit mindestens einem Jahr und Sprachkenntnisse auf einem Niveau, das für die praktische Tätigkeit in vielen Fällen nicht benötigt wird. Außen vor bleibt also, wer z.B. alleinerziehend in der Vergangenheit nicht Vollzeit arbeiten oder den Lebensunterhalt nicht vollständig sichern konnte. Selbst gut verdienende Fachkräfte, die ihren Lebensunterhalt komplett sicherstellen können aber weniger als 35 Stunden arbeiten, wären ohne Chance, wie auch Geringverdiener in Vollzeit, wenn sie in Städten mit hohen Mieten wohnen.

Zudem sind Wartezeiten bis zur erstmaligen Erteilung einer solchen Duldung vorgesehen, die den Ausländerbehörden einen zusätzlichen Zeitraum für Abschiebungen ermöglichen sollen. Das Ziel der Rechtssicherheit sowohl für betroffene Personen wie für Arbeitgeber wird so völlig verfehlt, Unsicherheit und Frust zusätzlich geschürt. Wieso sollte ein Arbeitgeber in Ausbildung, Einarbeitung und Beschäftigung investieren, wenn weiterhin Abschiebungsgefahr besteht?

Kontraproduktiv ist der Entwurf insofern auch, als dass er nur die Schiene Ausbildung oder Arbeit für die Aufenthaltssicherung vorsieht. Junge Menschen werden voraussichtlich Schulen und Universitäten verlassen, um ihren Aufenthalt zu sichern, statt ihren Bildungsweg fortzusetzen. Man muss sich fragen, ob das im Interesse Deutschlands liegt.

Selbst in Sachen Ausbildungsduldung bleiben viele Fragen zu Lasten der Betroffenen offen. Neue Interpretationsspielräume für die lokalen Ausländerbehörden konterkarieren den bundesgesetzlich eigentlich vorgesehenen Anspruch. Derart unzureichende gesetzgeberische Arbeit unkritisch zu unterstützen kann in niemandes Interesse sein.

PRO ASYL fordert deshalb Verbesserungen. Die Ministerpräsidentenkonferenz kann hier Signale senden.

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 5. Dezember 2018
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Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2018

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