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MENSCHENRECHTE/260: US-Menschenrechtsorganisationen hoffen auf Schließung von Guantánamo-Haftzentrum (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juni 2013

USA: Menschenrechtsorganisationen hoffen auf Schließung von Guantánamo-Haftzentrum

von Jared Metzker


Bild: © Charles Davis/IPS

Protest vor dem Weißen Haus im Januar 2012 gegen Folter und unbegrenzte Haft anlässlich des zehnten Jahrestages der Eröffnung der Guantánamo-Haftanstalt
Bild: © Charles Davis/IPS

Washington, 28. Juni (IPS) - Menschenrechtsorganisationen in den USA haben sich "zurückhaltend optimistisch" gezeigt, dass US-Präsident Barack Obama mit seiner jüngsten Zusage, das Haftzentrum in der Guantánamo-Bucht auf Kuba diesmal zu schließen, Ernst machen wird.

Ihre Zuversicht basiert auf Passagen in Obamas 'Ermächtigungsgesetz' zum Verteidigungshaushalt ('National Defence Authorisation Act' - NDAA) 2014, das derzeit vom Kongress diskutiert wird. "Es sieht danach aus, als könnte diesmal ein Zweiparteienkompromiss erzielt werden", meinte Dixon Osburn von 'Human Rights First' in Washington.

In seiner jetzigen Form stattet das NDAA 2014 die Exekutive mit größeren Vollmachten aus, die Gefangenen in Guantánamo in andere Einrichtungen zu überstellen beziehungsweise freizulassen. Es würde auch den Transfer der Häftlinge in die USA erlauben.

Die NDAA-Textstellen zu Guantánamo haben den zuständigen Senatsausschuss unbeschadet überstanden. Mit Hilfe der Klauseln könnte der Weg für eine Schließung der Haftanstalt frei gemacht werden. Erwartet werden heftige Debatten bei der in den kommenden Monaten erwarteten Senatsdebatte.

Dem derzeitigen Vorstoß für die Schließung der umstrittenen Haftanstalt ging eine neue Zusage Obamas von Ende April voraus. Der US-Präsident kritisierte die fortgesetzte Existenz der Einrichtung, deren Schließung er bereits 2008, vor dem Beginn seiner ersten Amtszeit im Jahr darauf, angekündigt hatte. Die Situation, mehr als 100 Personen in einem Niemandsland auf Dauer festzuhalten, sei nicht tragbar. "Der Gedanke, dass wir auch weiterhin eine Gruppe von Personen festhalten, die nie verurteilt wurden, verträgt sich nicht mit dem, was wir sind und ist mit unseren Interessen unvereinbar. Das muss aufhören", erklärte er im April.


Rückhalt wächst

Seither haben sich einige einflussreiche Kongressmitglieder parteiübergreifend hinter Obama gestellt, das Haftzentrum abzuwickeln. Anfang Juni begleiteten die beiden Senatoren John McCain (Republikaner) und Dianne Feinstein (Demokratin) den Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough, auf einer Reise nach Guantánamo und sprachen sich nach ihrer Rückkehr für die Schließung der Anlage aus.

Derzeit werden 166 Menschen auf unbegrenzte Zeit im Haftzentrum von Guantánamo festgehalten. 86 wurden bereits als entlassungswürdig eingestuft. Sie sitzen nur deshalb noch hinter Gittern, weil man nicht weiß, wohin sie geschickt werden sollen.

56 dieser 86 Personen kommen ursprünglich aus dem Jemen, einem Land, von dem angenommen wird, dass sich dort viele Al-Qaeda-Kämpfer aufhalten. Bisher gilt ein Moratorium, das die Repatriierung der jemenitischen Guantánamo-Häftlinge in das Land verbietet. Doch Obama hat im letzten Monat angekündigt, es aufzuheben.

Viele der Gefängnisinsassen, die auf ihre Freilassung warten, werden derzeit zwangsernährt. Sie haben sich seit Februar einem Hungerstreik angeschlossen, um gegen ihre fortgesetzte Inhaftierung zu protestieren.


"Exorbitante" Unterbringungskosten

Neben dem unerträglichen Zustand für die Betroffenen wies Osburn auch auf die "exorbitanten" Kosten in Höhe von 1,6 Millionen US-Dollar pro Häftling und Jahr hin. Der Betrag übersteigt die Unterbringungskosten in US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnissen bei weitem. Sie belaufen sich auf 50.000 Dollar pro Kopf und Jahr.

"Wir hatten den Präsidenten bereits beim letzten Mal beim Wort genommen", meinte Andrea Prasow von der internationalen Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch'. "Wollen wir hoffen, dass es diesmal anders ausgehen wird."

Doch auch Prasow ist "ziemlich zuversichtlich", dass Bewegung in die Angelegenheit kommt. Möglicherweise betrachte Obama die Umsetzung seines Versprechens als wichtigen Teil seines politischen Erbes. "Obama ist ein junger Präsident, der noch lange in diesem Land leben und die Auswirkungen seiner Entscheidungen sehen wird", sagte sie. "Aus dem Amt zu scheiden, ohne diese Situation verändert zu haben, wäre ein schwerer Fehler." (Ende/IPS/kb/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/06/rights-advocates-see-progress-toward-closing-guantanamo/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2013