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SICHERHEIT/077: China - Entsendung von Patrouillenbooten ins Goldene Dreieck geplant (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. November 2011

China: Wildwest am Mekong - Entsendung von Patrouillenbooten ins Goldene Dreieck geplant

von Marwaan Macan-Markar

Fischer auf dem Mekong im Norden von Laos - Bild: © Irwin Loy/IPS

Fischer auf dem Mekong im Norden von Laos
Bild: © Irwin Loy/IPS

Bangkok, 15. November (IPS) - China plant die Entsendung bewaffneter Patrouillenboote in einen von Warlords und Drogenschmugglern dominierten Teilabschnitt des Mekong-Flusses. Sie sollen für die Sicherheit chinesischer Frachtschiffe sorgen, die zwischen der im Norden Thailands gelegenen Hafenstadt Chiang Saen und dem Hafen Guanlei in China verkehren.

"Schlüsselbereiche entlang des Mekong werden überwacht", kündigte der Generalsekretär der Vereinigung chinesischer Reeder, Fang Youguo, auf der Website der chinesischen Zeitung 'People's Daily' an. Auch "legale" Frachtschiffe aus den übrigen drei Ländern sollten durch die Patrouillen geschützt werden.

Die Boote sollen unter anderem in der zerklüfteten, von bewaldeten Bergen gesäumten Region des 'Goldenen Dreiecks' zwischen Laos, Thailand und Burma zum Einsatz kommen. Dort verlaufen einige der berüchtigtsten Rauschgiftschmuggelrouten der Welt.


China sicherte sich lukrative Transportroute

Dass dieser entlegene Teil Südostasiens für Peking an strategischem Wert gewonnen hatte, wurde bereits vor etwa zehn Jahren deutlich. Damals verständigte sich China mit Thailand, Laos und Burma darauf, einen Abschnitt des Mekong für die Schifffahrt zu vertiefen.

Inzwischen werden auf dieser Transportroute von Chiang Saen nach Yunnan jährlich Waren im Wert von mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar befördert. Dazu gehören Zement, Eisen, Obst und Erdöl. Aus China kommende Schiffe haben Knoblauch, Zwiebeln, Äpfel und Plastikartikel für thailändische Märkte an Bord.

China hat sich zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen für die etwa 130 auf der Strecke verkehrenden Schiffe entschlossen, nachdem Anfang Oktober bei Überfällen auf zwei Frachter 13 chinesische Matrosen getötet wurden.

Der Verdacht fiel zunächst auf Nor Kham, einen Warlord, der der ethnischen Minderheit der Shan in Burma angehört. Ende Oktober ermittelte die Polizei in Thailand jedoch gegen neun Mitglieder einer Sondereinheit des thailändischen Militärs. Anfang November kam außerdem der Name des chinesischen Magnaten Zhao Wei ins Spiel, der ein Casino in einer laotischen Provinz nahe dem Mekong besitzt. Zhao geriet in der Vergangenheit bereits mit den chinesischen Behörden aneinander, die bei Razzien seine Spielhöllen aushoben.

Nach den Matrosenmorden, die in China große Empörung auslösten, soll die Route nun bis zum Einsatz der fünf Patrouillenboote gesperrt bleiben. Diese Strecke hat zusammen mit den Transportwegen zu Lande maßgeblich dazu beigetragen, dass Peking mit den kleineren südlichen Nachbarstaaten ein einzigartiges Handelsbündnis eingehen konnte.

Um die Untersuchung der Verbrechen zu beschleunigen, übte China diplomatischen Druck auf die drei Nachbarländer aus. Am 31. Oktober wurde ein Abkommen unterzeichnet, das einen gemeinsamen Einsatz gegen Kriminelle in den Grenzgebieten vorsieht. "Damit hat China die Botschaft übermittelt, die erste Macht in der Region werden zu wollen", meinte der China-Experte Nicholas Bequelin von der Organisation 'Human Rights Watch' im Gespräch mit IPS.

Um der Gerechtigkeit willen müssten die Verbrecher gestellt und gemäß den Gesetzen bestraft werden, hieß es in einem Leitartikel in der englischsprachigen Zeitung 'China Daily'. "Angesichts der komplexen Situation im Goldenen Dreieck sind transnationale Fahndungen und koordinierte Aktionen wichtig."


Polizei machtlos gegen Schmuggler

Die neuen Sicherheitsmaßnahmen könnten wegen der Gesetzlosigkeit im Goldenen Dreieick allerdings Rhetorik bleiben. Die Polizei war bislang nicht in der Lage, Schmuggel und Schussgefechte einzudämmen.

"Das grenzüberschreitende Verbrechen entlang des Mekong bleibt ein Problem, auch wenn die zuständigen Regierungsbehörden ihr Bestes tun, um die Lage unter Kontrolle zu halten", sagte Gary Lewis, der Leiter der Abteilung für Asien und den Pazifikraum beim UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Lewis berichtete auch von Erpressungen und Raubüberfällen, die über die reine Drogenkriminalität hinausgingen.

"Einige Gebiete im Goldenen Dreieck sind durchlässig und entlegen. Deshalb ist es extrem schwierig, den Mekong auf seiner gesamten Länge zu überwachen", erklärte er in einem Interview. "Kriminelle finden ideale Bedingungen vor."

In einem im September veröffentlichten UNODC-Bericht wurde der 4.880 Kilometer lange Abschnitt des Mekong, der durch das Gebiet des Goldenen Dreiecks fließt, als "Hauptschmuggelroute" für Metamphetamine genannt, die im Shan-Staat in Burma produziert werden. In der Vergangenheit war die Region auch der wichtigste Lieferant von Opium und Heroin.

Drogenhändler und Warlords pressten den chinesischen Schiffen 'Schutzgelder' ab, sagte Khuensai Jaiyen von der Shan-Nachrichtenagentur. Diejenigen Schiffe, die nicht anhalten, würden beschossen. (Ende/IPS/ck/2011)


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http://www.unodc.org/
http://www.hrw.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105812

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2011