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INTERNATIONAL/022: Simbabwe - Comeback für Simbabwe-Dollar? Vorschlag stößt auf Unverständnis (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2012

Simbabwe: Comeback für Simbabwe-Dollar? - Vorschlag stößt auf Unverständnis

von Ignatius Banda

Viele Simbabwer meiden Angestelltenverhältnisse - Bild: © Stanley Kwenda

Viele Simbabwer meiden Angestelltenverhältnisse
Bild: © Stanley Kwenda

Bulawayo, 20. Januar (IPS) - Tinashe Zuze gehört zu den vielen gut ausgebildeten Simbabwern, die dem formellen Sektor Ende der 1990er Jahre den Rücken zugekehrt haben. Im Anschluss "an den Tag, an dem unser Simbabwe-Dollar starb", gab er seinen Posten als Bankangestellter auf, um sich illegal als Devisenhändler durchzuschlagen. Dass es in den Reihen der regierenden ZANU-PF-Partei Stimmen gibt, die eine Wiedereinführung des Simbabwe-Dollar propagieren, stößt bei ihm auf völliges Unverständnis.

Der 14. November 1997 ist als 'Schwarzer Freitag' in die Geschichte des Landes eingegangen. An diesem Tag brach die simbabwische Währung unter dem Gewicht der Zahlungen zusammen, die Präsident Robert Mugabe den Veteranen des Befreiungskrieges der 1970er Jahre zukommen ließ. Die Ausgaben, die im Haushalt des Landes nicht vorgesehen waren, brachten Simbabwes Wirtschaft in Schwierigkeiten. Die Folgen sind bis heute spürbar.

Zuzes Devisengeschäfte liefen Jahre lang prächtig. Doch als dann 2009 das Multiwährungssystem eingeführt wurde, musste er sich nach einer beruflichen Alternative umsehen. Inzwischen handelt er mit japanischen Gebrauchtwagen. "Das Leben kann ganz schön anstrengend sein", meint er im Rückblick.

Im Vorfeld der Wahlen, die nach dem Willen von Langzeitpräsident Robert Mugabe in diesem Jahr stattfinden sollen und der krisengeschüttelten Koalitionsregierung ein Ende bereiten werden, sind jedoch Forderungen nach einer Rückkehr des Simbabwe-Dollar zu hören. "Dass jemand die Frechheit besitzt, diesen Vorschlag zu unterbreiten, setzt mich doch ziemlich in Erstaunen", meint Zuze. "Das ist genau die Währung, die so viele Menschen ins Unglück gestürzt hat", sagt der Geschäftsmann, bei dem zu Hause noch Bündel der wertlosen Banknoten herumliegen.


Hyperinflation unvergessen

Auf dem Höhepunkt des wirtschaftlichen Chaos im November 2008 sahen sich die Verbraucher gezwungen, beim Einkauf von Milch oder Brot die Banknoten säckeweise anzukarren. Über Nacht waren im Zuge der Hyperinflation die Kosten für Brot von zwei Millionen auf 35 Millionen Simbabwe-Dollar hochgeschnellt.

Seit der Einführung des Multiwährungssystems, das die finanziellen Transaktionen in US-Dollar, südafrikanischem Rand und botswanischem Pula zulässt, befindet sich die einst am schnellsten schrumpfende Wirtschaft auf dem Weg einer langsamen aber steten Genesung. Die Entwicklung lässt sich an den vollen Regalen in den Geschäften ablesen, in denen Jahre lang gähnende Leere herrschte.

Trotz der schlechten Erfahrung mit der Katastrophenwährung wirbt Mugabes ZANU-PF, die weitgehend für den wirtschaftlichen Niedergang des Landes verantwortlich gemacht wird, für die Wiedereinführung des Simbabwe-Dollar. Aus den Reihen der Partei ist zu hören, dass der US-Dollar die wirtschaftliche Vormachtstellung der Vereinigten Staaten nur noch perpetuiere.

Doch Analysten mahnen zur Vorsicht. Simbabwes Wirtschaftskrise habe für die riesige Kluft zwischen Arm und Reich und die Zerstörung der Mittelschicht gesorgt, warnen sie. Angesichts stagnierender Löhne und Gehälter wachse die Gefahr sozialer Unruhen. Ein Comeback des Simbabwe-Dollar werde die kritische Situation nur noch weiter verschärfen.

Dem renommierten Finanzexperten Eric Bloch zufolge, der im Vorstand der Simbabwischen Notenbank sitzt, würde ein Comeback des Simbabwe-Dollar die Inflation anheizen und dem Land ein ähnlich verheerendes Wirtschaftschaos bescheren wie 2008. "Ich bin wie Finanzminister Tendai Biti der Meinung, dass wir am US-Dollar festhalten müssen", betont er. "Eine Wiedereinführung des Simbabwe-Dollar hätte zur Folge, dass unser Land den Zugang zu internationalen Krediten verliert."

Nach Ansicht des politischen Analysten Donald Sithole würde sich Simbabwe damit darüber hinaus der Gefahr sozialer Unruhen aussetzen. "Wir haben anderswo gesehen, wie sich die unzufriedenen Massen ihren Weg bahnen und soziale Gerechtigkeit einfordern. Die Rückkehr des Simbabwe-Dollar könnte auch bei uns zu sozialem Unfrieden führen."

Sithole zufolge "sollte uns die globale Finanzkrise eine Lehre sein. Dennoch erleben wir selbstgefällige Politiker, die denken, dass es bei uns aufgrund ihrer allseits bekannten Repressionsmaßnahmen nicht zu den weltweit beobachteten Straßenprotesten kommen wird. Doch die Geduld der Menschen hat auch mal ein Ende", versichert er und fügt hinzu: "Ich fürchte, wir bewegen uns auf gefährlichem Grund."


Lehrer machen Druck

Seit Beginn des neuen Schuljahrs Anfang Januar haben die Lehrergewerkschaften bereits mit Streiks gedroht, sollten die Pädagogen in einer Zeit, in der sich die Abgeordneten ihre Diäten erhöht haben, nicht besser bezahlt werden.

"Diese Leute wollen den Simbabwe-Dollar zurück, um uns erneut ausplündern zu können", empört sich Gamaliel Siziba, der Leiter einer weiterführenden Schule, in Anspielung auf die Korruptionsvorwürfe gegen Politiker aus den Reihen der ZANU-PF.

"Mir scheint es so", fügt die Gemüsehändlerin Catherine Moyo hinzu, "als seien sich mit Ausnahme unserer Politiker alle Simbabwer im Klaren, dass die Rückkehr zum Simbabwe-Dollar nur noch mehr Leid hervorrufen wird". (Ende/IPS/kb/2012)


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http://www.ips.org/africa/2012/01/woe-betide-the-return-of-the-zimbabwean-dollar/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2012