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HERRSCHAFT/1430: Grüne betreiben Sicherung herrschender Verhältnisse (SB)



Das Eintreten führender Mitglieder der Grünen für eine Koalition ihrer Partei mit SPD und FDP auf Bundesebene ist nicht nur pragmatischen Überlegungen zu aussichtsreichen Konstellationen nach der nächsten Bundestagswahl geschuldet. Wenn mit Jürgen Trittin, Renate Künast und der Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke politische Schwergewichte mit Nachdruck auf diese Option drängen, dann wollen sie sich damit vor allem von der Linken abgrenzen, mit der man anstelle der FDP ebenfalls eine Regierungskoalition bilden könnte.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise bedeutsam, die sich im Verlauf des Jahres verschärfen und in der Bundesrepublik soziale Konflikte zutage fördern wird, die einigen Einfluß auf das Ergebnis der Bundestagswahl haben dürften. Auch wenn die Linke bislang kaum von der Diskreditierung des neoliberalen Kapitalismus profitieren konnte, ist längst nicht ausgeschlossen, daß sie bis zum September in der Lage ist, größere Kreise der Wählerschaft vor diesem Hintergrund für sich zu mobilisieren. Das könnte ihr in einer Koalition mit SPD und Grünen den Platz der zweitstärksten Kraft und damit erheblichen Einfluß auf das Regierungsprogramm bescheren.

Bislang jedoch hat vor allem die FDP davon profitiert, daß das Krisenmanagement der Bundesregierung marktwirtschaftliche Grundsätze, die die Position der herrschenden Kapital- und Funktionseliten stärken, für verhandelbar erklärt. Die FDP verkörpert in Reinkultur die Interessen der Kapitalmacht, die gerade die Wirtschaftskrise als Gelegenheit begreift, ihre Position zu konsolidieren, indem sie mißliebige Konkurrenten in einem mörderischen Selektionsprozeß aus dem Feld schlägt und die dabei entstehende Not mit repressiver Sozialkontrolle neutralisiert. Die mit Hilfe der Regierungsprogramme zur Rettung der Banken möglich werdenden Konzentrationsprozesse und die offenkundige Absicht, die Stellung der Lohnabhängigen durch Verzicht auf eine entsprechende Alimentation von Industrieunternehmen respektive dabei gemachte Auflagen zur Verschärfung des Arbeitsregimes weiter zu schwächen, signalisieren eine Fortdauer kapitalistischer Herrschaft, die eine sozialistische Alternative erst recht außer Reichweite der sie favorisierenden Bevölkerung rücken läßt.

Führende Grüne wie Trittin und Künast haben die Zeichen der Zeit erkannt und setzen darauf, auch in Zukunft auf der Seite der Gewinner zu stehen. Nichts könnte ehemalige Linke wie sie mehr schrecken als das Entbrennen eines Sozialkampfs, in dem die Systemfrage gestellt und der Einfluß bislang erfolgreich ausgegrenzter Teile der Bevölkerung anwüchse. Eine Koalition mit SPD und FDP garantierte demgegenüber die Fortsetzung einer Klassenherrschaft, deren Verantwortung für die Verarmung von Millionen keinesfalls zum Anlaß eines Elitenwechsels werden darf. Im Unterschied zur grünen Basis, die durchaus Gemeinsamkeiten mit der Linken ausmachen kann, wissen Trittin und Konsorten um die Dynamik, die der linken Konkurrenz zugute kommt, wenn sie einmal in eine einflußreiche Position gelangt.

Selbst wenn es eher unwahrscheinlich ist, daß die Linke zu klassenkämpferischem Elan aufläuft, kann man nicht ausschließen, daß die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Bundesrepublik so harsch werden, daß die Partei Gysis und Lafontaines sich an die Spitze der Bewegung setzt und ihren erklärten sozialistischen Grundsätzen entspricht. Ihre Ausgrenzung zu betreiben gilt mithin in einflußreichen Kreisen des Landes als Empfehlung für eine großzügige Unterstützung des geleisteten Einsatzes um die Sicherung herrschender Interessen. Daß führende Grüne auf diese Rückendeckung aus sind, ist allerdings keine Neuigkeit, sondern bestätigt nur, daß man nicht erst korrumpiert werden muß, wenn man ohnehin niemals etwas anderes vorhatte als unter allen Umständen nach oben zu kommen.

11. März 2009