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KRIEG/1305: Shimon Peres voll des Lobes über Leistung seiner Soldaten (SB)



Israels Präsident Shimon Peres ist stolz auf die Leistungen seiner Soldaten. Am Montag behauptete er bei einer Ansprache vor Reservisten, die im Ausbildungszentrum für Urban Warfare der israelischen Streitkräfte in Tzeelim auf den Einsatz in Gaza vorbereitet wurden: "Was die israelischen Streitkräfte in 16 Tagen geleistet haben, haben andere Länder nicht in 16 Jahren geschafft". Er glaube nicht, daß "wir jemals eine Armee hatten, die so gut ausgebildet, organisiert und hochentwickelt war wie ihr" (israelnationalnews.com, 12.01.2009). Gleichzeitig rechtfertigte er die Fortsetzung der Angriffe damit, daß sein Land durch den Raketenbeschuß aus dem Gazastreifen "ohne Grund" dazu genötigt worden wäre, sich zu verteidigen.

Der Friedensnobelpreisträger erwähnte mit keinem Wort die völkerrechtswidrige Abschottung und Aushungerung der Bevölkerung des Gazastreifens, er stellte den Bruch des Waffenstillstands durch die israelischen Streitkräfte ebensowenig in Rechnung wie die Tatsache, daß die Besatzungspolitik Israels nach wie vor Alpha und Omega des Konflikts darstellt. Über tausend Tote, über 5000 zumeist schwer Verletzte und rund 100.000 Obdachlose unter den Palästinensern sind die Bilanz einer bald drei Wochen währenden Offensive, in der die israelischen Truppen, bevorteilt durch hochmoderne Waffen aus US-amerikanischen Rüstungsschmieden, durch die unbestrittene Kontrolle des Luftraums und die politische wie logistische Unterstützung der USA und EU, angeblich die im Gazastreifen regierende Hamas zerschlagen.

Tatsächlich ist die militärische Leistung, ein von Zivilisten dicht besiedeltes Gebiet von Land, von See und aus der Luft zu beschießen, um die dortige Regierung und ihre bewaffneten Kräfte auszuschalten, nicht so ruhmreich, wie es Peres glauben macht. Zwar scheint den israelischen Streitkräften die Wiederherstellung ihres Ansehens als eine der schlagkräftigsten Armeen der Welt nach dem Debakel des Libanonkriegs 2006 wichtig zu sein, doch wird dies nicht das Resultat einer Kriegführung sein, bei der ein Elendsghetto unter Einsatz aller militärischer Mittel zerstört wird.

Israels Streitkräfte können sich vor allem damit brüsten, mit außerordentlicher Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit vorgegangen zu sein. Abschreckend daran ist weniger die militärische Effizienz als die Bereitschaft, Menschen in einem eng umgrenzten Gebiet niederzumachen, aus dem es kein Entkommen gibt und das nicht einmal über Keller, geschweige denn Bunker für die schutzsuchende Bevölkerung verfügt. Daß andere Streitkräfte womöglich ein Vielfaches der Zeit brauchen, um eine Zerstörungsbilanz wie diese zu erzielen, ist weniger ihrer geringen Effizienz als dem politischen Grund geschuldet, daß sich keineswegs alle Regierungen leisten können, ungestraft ein solches Massaker zu begehen.

Peres vergißt bei seinem Lob auf die eigenen Soldaten, daß haltlose Mutmaßungen über die eigene militärische Stärke niemals eine gute Voraussetzung sind, um im Krieg siegreich zu sein. Was die US-Streitkräfte in Vietnam und im Irak erlebt haben wie in Afghanistan erleben, sind realistischere Szenarios, die Auskunft über die Probleme westlicher Streitkräfte in Guerillakriegen erteilen. Tatsächlich können sie niemals siegen, weil die Maßnahmen von Besatzungsarmeen niemals im beanspruchten Sinne gerecht, sondern bestenfalls durch die von ihnen eingesetzte Vasallen mit einem dünnen Deckmäntelchen der Legalität versehen sind. Israels Soldaten mögen durch den langjährigen Einsatz gegen eine unterdrückte Zivilbevölkerung Experten in Sachen Aufstandsbekämpfung sein, und auf diese kommt es in einer zusehends von sozialen Konflikten erschütterten Weltordnung immer mehr an. Daß sie im konventionellen Sinne, das heißt bei Aufeinandertreffen mit einem gleichwertigen Gegner, militärisch besonders leistungsfähig wären, läßt sich aus diesem ungleichen Kampf jedoch nicht schließen.

15. Januar 2009