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FLUCHT/016: Uganda - Massenflucht aus dem Kongo, Flüchtlinge hoffen auf ein Leben in Frieden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. März 2013

Uganda: Massenflucht aus dem Kongo - Flüchtlinge hoffen auf ein Leben in Frieden

von Bastian Schnabel


Bild: © Bastian Schnabel/IPS

Flüchtlinge aus dem kongolesischen Nord-Kivu
Bild: © Bastian Schnabel/IPS

Nykabande, Uganda, 7. März (IPS) - Vor dem Anmeldezelt im Flüchtlingslager von Nyakabande im Südwesten Ugandas, herrscht Hochbetrieb. Trauben von Menschen warten hier seit den frühen Morgenstunden darauf, sich anmelden zu können. Die Kongolesen, die nur das Nötigste aus der Heimat mitgebracht haben, sehen müde und erschöpft aus.

Die meisten waren tagelang unterwegs, um sich vor den Kämpfen zwischen Armee und Rebellengruppen in der Region Nord-Kivu in ihrem Heimatland Demokratische Republik Kongo (DRC) in Sicherheit zu bringen. Viele wollen nun in Uganda neu anfangen. "Wir hoffen auf eine bessere und friedliche Zukunft", meint Ndagigimana Ndayambaje, der mit Frau und Kindern das Auffanglager erreicht hat.

Die Reise ins gelobte Land ist gefährlich. So berichtet Bruce Murray von der Hilfsorganisation 'Medical Teams International' (MTI), die die Menschen im Flüchtlingscamp ärztlich versorgt, dass vor allem Frauen sexueller Gewalt ausgesetzt gewesen seien. "Die Kinder leiden besonders unter Unterernährung, Atemwegserkrankungen und Durchfall", erläutert er. Auch gebe es viele Mädchen und Jungen, die sich mit den Pocken angesteckt hätten.


2,2 Millionen Flüchtlinge

Seit April 2012 wurden im Zuge der Kämpfe in der Nord-Kivu-Provinz mehr als 2,2 Millionen Menschen vertrieben. Fast 700.000 sind dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) zufolge in die Nachbarländer Uganda und Ruanda geflohen.

Am 4. März hat das UNHCR um internationale Hilfsgelder in Höhe von knapp 70 Millionen US-Dollar ersucht, um die vor allem vor den Rebellen der Demokratischen Kräfte für die Befreiung von Ruanda (FDLR), der Bewegung 23. März (M23) und den Mai-Mai geflohenen Kongolesen zu versorgen.

Zwischen Dezember 2012 und Februar 2013 waren kontinuierlich 50 bis 100 Kongolesen pro Tag nach Uganda geflohen. Doch am 1. März schwemmte der Ausbruch interner Kämpfe innerhalb der M23 zwischen 1.00 und 5.00 Uhr morgens etwa 4.000 Kongolesen über den Grenzposten in Bunagana.

Wie ein Grenzbeamter erklärte, ist die Grenze tagsüber von beiden Seiten passierbar. Gelegentlich kämen auch M23-Rebellen in Zivil zum Einkaufen oder zum Besuch von Verwandten nach Uganda. Schon ein im Juni 2012 veröffentlichter Zwischenbericht der UN-Expertengruppe für die DRC hat die Frage aufgeworfen, inwieweit die ugandische Regierung in die Aktivitäten jenseits der Grenze verwickelt ist.

Im Übergangslager werden die Asylsuchenden vom Roten Kreuz Uganda und dem UNHCR registriert. Sobald sie als Flüchtlinge anerkannt sind, können sie die gleichen Dienstleistungen in Anspruch nehmen wie ugandische Staatsbürger. Dazu gehören eine freie Gesundheitsversorgung und eine Arbeitserlaubnis.

"Die M23-Rebellen kamen jeden Tag und verlangten von uns Lebensmittel und Geld. Sie drohten damit, uns umzubringen, sollten wir nicht auf ihre Forderungen eingehen. Doch hier in Uganda kann ich sogar ein eigenes Stück Land haben", meint David Byirangiro, ein kongolesischer Flüchtling.


Flüchtlingskatastrophe im Schatten Malis und Syriens

Das UN-Ernährungsprogramm (WFP) hat alle Hände voll zu tun, um die Flüchtlinge mit Lebensmitteln zu versorgen, zumal ein Ende der Kämpfe in Nord-Kivu nicht in Sicht ist.

"Obwohl wir in diesem Jahr von den USA, von Japan und Großbritannien Zuwendungen erhalten haben, reichen die Finanzhilfen für die Flüchtlinge in Uganda nicht. Die weltweite Aufmerksamkeit konzentriert sich derzeit auf Mali und Syrien. Doch sollte die Welt wissen, dass sich auch in der DRC die politische Instabilität fortsetzt."

Das WFP hat bereits damit begonnen, die Nahrungsmittelversorgung in den Flüchtlingscamps zu halbieren. Sollte der Massenzustrom von Flüchtlingen aus dem Kongo weitergehen, wird sich die Versorgungslage weiter verschlechtern. Und derzeit sieht alles ganz danach aus, als ob dies der Fall ist.

Am 23. Februar, einen Tag vor der offiziellen Unterzeichnung des kongolesischen Friedensvertrags in Anwesenheit von elf afrikanischen Staats- und Regierungschefs und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in Addis Abeba, gab es bereits Berichte über das Wiederaufflammen von Kämpfen in Nord-Kivu.

In der äthiopischen Hauptstadt diskutierten die versammelten Entscheidungsträger auch über die Möglichkeit, eine Eingreiftruppe unter UN-Leitung einzusetzen. Die wichtigsten Akteure des Konflikts, vor allem die Rebellengruppen FDLR und M23, waren zu den Friedensgesprächen nicht eingeladen worden.

Die Zivilbevölkerung in Nord-Kivu, die unmittelbar von den Kämpfen betroffen ist, setzt keinerlei Hoffnungen in die Verhandlungen. "Die Friedensgespräche sind ganz und gar nutzlos. Wir haben von dem Konflikt, der kein Ende findet, die Nase voll", sagt Florence Mahirwe, die sich nach Uganda geflüchtet hat. "Ich habe nicht vor, in die DRC zurückzukehren", meint sie. "Ich sehne mich nach Frieden, Sicherheit und Stabilität." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/home
http://www.un.org/sc/committees/1533/egroup.shtml
http://www.ipsnews.net/2013/03/north-kivu-refugees-hope-to-find-peace-in-uganda/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2013