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KOLLATERAL/025: Kinder - In Kriegen ausgebeutet, UN-Generalsekretär warnt vor Verschlechterung der Lage (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Juli 2015

Kinder: In Kriegen ausgebeutet - UN-Generalsekretär warnt vor Verschlechterung der Lage

von Beatriz Ciordia


Bild: © Tobin Jones/UN

Ehemalige Kindersoldaten in Somalia werden der Obhut von UNICEF anvertraut
Bild: © Tobin Jones/UN

NEW YORK (IPS) - Ob in Palästina, der Ukraine oder Somalia: Kriege gefährden das Wohl von Millionen von Kindern. Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 300.000 Heranwachsende sind als Kindersoldaten im Einsatz. Sechs Millionen wurden schwer verletzt und sind zum Teil dauerhaft behindert. Schätzungsweise 20 Millionen leben als Flüchtlinge in benachbarten Staaten oder als Vertriebene im eigenen Land.

Wie aus einem Bericht von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vom 5. Juni hervorgeht, hat sich die Situation für Kinder in vielen Staaten weiter verschlechtert. Doch nach Ansicht von 'Watchlist', einem Netzwerk internationaler Hilfsorganisationen, könnten die UN selbst noch mehr tun, um den Schutz für Kinder zu verbessern. So sollten sie dafür sorgen, dass Staaten, die der Generalsekretär auf die 'Liste der Schande' gesetzt habe, keine Soldaten für Friedenstruppen mehr stellen dürfen. Auf der Liste werden Länder aufgeführt, in denen Kinder in bewaffneten Konflikten getötet, sexuell angegriffen und rekrutiert werden.


Aktivisten fordern härteres Vorgehen gegen Staaten

Jo Becker von 'Human Rights Watch' kritisiert, dass der UN-Sicherheitsrat durchaus in der Lage wäre, schärfere Sanktionen gegen Länder zu verhängen, in denen Regierungen oder bewaffnete Gruppen weiter die Rechte von Kindern verletzten. Mögliche Strafmaßnahmen wären Waffenembargos, Reiseverbote oder das Einfrieren von Vermögenswerten. "Der Sicherheitsrat sollte solche Fälle außerdem an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen."

Im vergangenen Jahr waren mehr Kinder denn je von bewaffneten Konflikten betroffen gewesen. Die Zahl der Entführungen von Kindern und Erwachsenen stieg in Nigeria, dem Irak, Syrien und im Südsudan in alarmierender Weise an. Tausende Kinder wurden in verschiedenen Regionen der Welt getötet. Für Iraks Minderjährige war 2014 das tödlichste Jahr, seitdem die UN die Gewalt gegen Minderjährige systematisch dokumentieren. Die Zahl der Toten wird mit 700 und die der Entführten mit etwa 1.300 angegeben. Die Dunkelziffer dürfte noch weit höher sein.

Die Zahl der von israelischen Soldaten in den Palästinensergebieten getöteten Kinder ist auf 557 angestiegen. Das sind mehr Opfer als bei den letzten beiden Militäreinsätzen zusammengenommen.

Um den Kampf gegen die Gewalt voranzubringen, nahm der UN-Sicherheitsrat am 18. Juni die Resolution 2225 an, die einen größeren Schutz der Kinder durch die Staatengemeinschaft vorsieht und Entführungen verurteilt. In dem von Malaysia eingebrachten und von 56 Staaten befürworteten Resolutionsentwurf werden Entführungen zu den Rechtsverstößen gezählt, die zu einem Eintrag auf der 'Liste der Schande' führen können.

Mit Hilfe dieser Liste kann die Praxis der Entführungen besser überwacht werden. Wenn ein Staat dieser Liste hinzugefügt wurde, können ihn die Vereinten Nationen zwingen, Aktionspläne für ein Ende dieser und anderer Menschenrechtsverletzungen vorzulegen. In den meisten Fällen sind die Kidnapper jedoch nicht-staatliche Gruppen wie die Terrormilizen Boko Haram und Islamischer Staat.

Nachdem Entführungen von Kindern durch die UN-Resolution auf die höchste Dringlichkeitsstufe gestellt worden sind, erhalten Kinderschützer mehr Möglichkeiten, gegen diese Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Die stellvertretende UNICEF-Exekutivdirektorin Yoka Brandt gibt zu bedenken, dass Entführungen oftmals nur der Anfang einer ganzen Reihe gravierender Menschenrechtsverletzungen sind, gefolgt von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen, Indoktrinierung, Rekrutierung als Kindersoldaten und Morden.


Anhaltende Folgen für das Leben

"Jeder Übergriff ist zerstörerisch. Kinder werden ihrer Kindheit beraubt und an einem erfüllten, produktiven Leben gehindert", sagte sie am 18. Juni bei einer Debatte über Kinder in bewaffneten Konflikten vor dem Sicherheitsrat. Brandt betonte außerdem, wie wichtig es sei, Kindern nach ihrer Freilassung zu helfen, wieder ein 'normales Leben' zu führen. "Diese Kinder sind Opfer und müssen als solche behandelt werden. Sie haben physische und psychische Wunden erlitten."

Die sozialen Medien haben sich als wertvolles Instrument zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für an Kindern verübte Gräueltaten erwiesen, insbesondere im Zusammenhang mit den massenhaften Entführungen in Nigeria, Syrien und dem Irak. (Ende/IPS/ck/15.07.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/07/children-increasingly-becoming-the-spoils-of-war/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2015

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