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STANDPUNKT/151: Nachbetrachtungen zu den Parlamentswahlen in Russland (Queck/Falkenhagen)


Nachbetrachtungen zu den Parlamentswahlen in Russland in Anbetracht der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen dort auch im Blickwinkel der Weltfinanzkrise

von Brigitte Queck und Hans-Jürgen Falkenhagen, 19.12.2011


Es ist in Russland unbestritten, dass es nicht der Putin-Faktor, sondern eher der Medwedjew-Faktor war, der mit knapp 50 % der Wählerstimmen zum Verlust der Partei "Einiges Russland" von 15 Prozentpunkten gegenüber den Dumawahlen von 2007 führte und es zudem gegenüber den Staatsdumawahlen von 2007 zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung um 3,5 Prozentpunkte auf 60,2 % kam.
Dass die Partei "Einiges Russland" aber dennoch die Wählergunst behalten konnte, ist vor allem der Tatsache zuzuschreiben, dass Russland dank der guten Arbeit der Regierung unter Ministerpräsident Putin die Folgen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise ohne harte soziale Einschnitte und Verwerfungen, wie sie in den EU-Ländern zu verzeichnen sind, gut in den Griff bekommen hat. Es gab in Russland z.B. keine Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen, wie in vielen EU- und EURO-Ländern. Es gab in Russland keine ansteigende Inflation und kein Sinken der Realeinkommen der Bevölkerung. Im Gegenteil! Die Wirtschaft und der Lebensstandard entwickelten sich weiter in kontinuierlich aufsteigender Linie.
Außerdem verdankt die Partei ihre große Akzeptanz der großen Popularität des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin, der sich nicht scheut, in regelmäßigen Abständen der russischen Bevölkerung über die Arbeit der Partei in direkt geschalteten Fernsehinterviews Rede und Antwort zu geben.
Die größten Zugewinne an Abgeordnetenmandaten bei den Dumawahlen, nämlich 35, erzielten die Kommunisten, die jetzt eine Fraktionsstärke von 92 Abgeordnetensitzen im Parlament erlangt haben, die sie berechtigt, eigenständig Misstrauensanträge gegen die Regierung und Anträge auf Impeachmentverfahren gegen den Staatspräsidenten zu stellen, sowie Vorschläge an das Verfassungsgericht und den Föderalen Rechnungshof zu unterbreiten. Die Regierung kann mit einfacher Mehrheit, der Staatspräsident mit Zweidrittelmehrheit abgesetzt bzw. seines Amtes entheben werden.

Die Kommunisten stehen in einer besonders scharfen Gegnerschaft zu Medwedjew, der von diesen oft in eine Landesverräterrolle, vergleichbar mit Gorbatschow und Jelzin, gestellt wird.

Stark bemängelt werden die Wahlen in Russland hauptsächlich vom Westen.
Doch das ist nicht verwunderlich. Befürchtet man doch im Westen, dass Russland unter einem zukünftigen Präsidenten Putin einen ähnlichen Weg wie China einschlägt und auf jeden Fall eine Regierung haben wird, die auf den steigenden Wohlstand des gesamten russischen Volkes orientiert.
Ganz im Unterschied zu den westlichen Staaten, die die Weltfinanzkrise auf den Schultern der Bevölkerung ihrer jeweiligen Länder abwälzen, indem sie die Banken, die durch kriminelle Machenschaften schließlich vor der Pleite standen, durch Steuergelder, höhere Mehrwertsteuer und steigende Preise für alle Waren des öffentlichen Bedarfs, von Seiten der westlichen Regierungen sanieren.

Damit dies so bleiben möge und sich gefälligst auch Russland an diesem neoliberalen System der Finanzbourgeoisie weltweit beteiligt, reiste der Stellvertretende US-Präsident Biden im Vorfeld der Dumawahlen kurz nach dem Ausbruch des "arabischen Frühlings", wie er in der Westpresse genannt wird, nach Russland und warnte Medwedjew, sowie einen Führer der Opposition, Kasparow, unverhohlen "sollte Putin sich wieder zur Präsidentenwahl stellen", gäbe es "unausweichliche Ereignisse, analog denen in der arabischen Welt!!!"
(http://www.regnum.ru/news/polit/1382930.html#ixzz1I01sojqz)

Als der sogenannte "arabische Frühling" im Nahen Osten ausbrach, der bedingt durch die von den USA ausgehenden Weltfinanzkrise und das von den USA initiierte ungerechte Geldkurssystem in größere finanzielle Schwierigkeiten geriet als die westlichen Länder selbst, versuchten diese von Anbeginn diese Volksrevolutionen in ihrem Sinne zu nutzen. In Libyen, das den höchsten Lebensstandard aller arabischen und erst recht aller afrikanischen Länder, aufzuweisen hatte und in dem es folglich auch keinen Grund für eine Volksrevolution gab, wollte man unter der faustdicken Lüge, Gaddafi bombardiere sein eigenes Volk, militärisch intervenieren (was dann auch geschah!). Das Ziel der USA war es, das ölreichste Land im Nahen Osten wieder unter imperialistische Gewalt zu bekommen, um damit:
1. die eigene, mit 18 Billionen verschuldete, Wirtschaft wieder anzukurbeln;
2. den wertlosen Dollar mit den libyschen Ölmilliarden, die die libysche Volks-Dschamariha auch für eine gemeinsame afrikanische Währung, den Golddinar, vorgesehen hatte, aufzuwerten;
3. den Dollar als Weltwährung aufrechtzuerhalten.

Für einen aus diesen Gründen von vornherein beabsichtigten Aggressionskrieg gegen Libyen benötigte man aber das Stillhalten Russlands und Chinas im UNO-Sicherheitsrat!!
Gott sei Dank war in Russland noch der vom Westen bevorzugte russische Präsident Medwedjew an der Macht und so lief alles so, wie vom Westen von langer Hand geplant!
Russland und China stimmten in der UNO weder der Resolution 1973 bezüglich Libyens zu, noch lehnten sie diese ab, sicher auch in der Hoffnung, dass mit ihrer Haltung dann der Artikel 27 der UN-Charta in Kraft tritt, der besagt, "Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates... bedürfen der Zustimmung.... ALLER ständigen Mitglieder".
Doch die NATO bombardierte Libyen unter Außerachtlassung der UNO-Charta und ihrem spezifischen Artikel 27 trotzdem!!

Damit den USA und ihren westlichen "Bomben-Verbündeten" durch die mittels offener Aggression zugefallene reiche Beute nicht verloren geht und auch die anderen arabischen und afrikanischen Länder neo-kolonialisiert werden können, will nun die USA in Libyen den größten Militärstützpunkt der USA außerhalb ihres Territoriums errichten!!
China und Russland, die ebenfalls Anteile an den libyschen Ölraffinerien hatten, wurden von der Neuverteilung der "Beute" nach dem flächendeckenden NATO-Bombardements Libyens ausgeschlossen.
Dies stellt einen offenen Affront der USA gegenüber China und Russland dar, den beide Länder so eigentlich nicht vorausgesehen hatten!!
Hatten doch beide mit der Ausruf der US-hörigen Übergangsregierung in Libyen deren sofortige Anerkennung erklärt!!

Die unklare Haltung der Chinas und Russland im UNO-Sicherheitsrat hatte besonders in Russland zu Missstimmungen in der Bevölkerung, vor allem gegen ihren Präsidenten Medwedjew, geführt und es kam in allen größeren Städten Russlands zu Pro-Libyen-Demos!!
Lediglich Putin hatte damals in sehr scharfer Form in Fernsehauftritten diesen "Kreuzzug" des Westens gegen Libyen verurteilt, der mit der ablehnenden Haltung des russischen Volkes dazu konform ging!!
Nun hat das Volk der Russischen Föderation mit dem Stimmzettel sich mehrheitlich für die Partei "Einiges Russland "entschieden, obwohl von dieser Partei der "Verräter" Medwedjew, wie man ihn im Volksmund nennt, von eben dieser Partei bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen als zukünftiger Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten aufgestellt wurde.
Ist deshalb Medwedjew kürzlich von seinem Dumamandat der Partei "Einiges Russland" zurückgetreten????
Wahlbeschwerden, auch der Kommunistischen Partei Russlands, die sich bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Russland durchaus auch Hoffnungen auf Regierungsposten machen dürfen, werden in Russland geprüft.
Trotzdem rechnet man russlandweit aber nur noch mit marginalen Veränderungen des Wahlergebnisses. Auch würden sofortige Neuwahlen zur Duma mit den bevorstehenden Präsidentenwahlen am 4. März 2012 kollidieren.
In knapp drei Monaten, nämlich am 4. März 2012, sollen Präsidentschaftswahlen in Russland stattfinden. Der gegenwärtige Vorsitzende der Partei "Einiges Russland", Wladimir Putin, wird dann als Kandidat dieser Partei für das russische Präsidentenamt kandidieren, 6 weitere Parteien haben ebenfalls das Recht, einen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen und ins Rennen zu schicken. Von der Partei "Gerechtes Russland" ist bereits deren Vorsitzender, Andrej Mironow, als Kandidat nominiert worden. Die politische Situation ist jetzt dergestalt, dass Medwedjew als Noch-Staatspräsident fungiert und gleichzeitig den Status eines designierten Ministerpräsidenten besitzt. Er muss aber von der Staatsduma noch in dieses Amt gewählt werden. Nach der Verfassung und dem Wahlgesetz muss Putin erst nach seiner erfolgten Wahl als Staatspräsident das Amt des Parteivorsitzenden niederlegen.

Die US-Regierung hat angesichts ihrer Enttäuschung über die Wahlen zur russischen Staatsduma angekündigt, dass sie die finanzielle Unterstützung für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Russland, insbesondere für "Golos" (Die Stimme), bei der bevorstehenden Präsidentenwahl stark erhöhen will. Wie dabei aus Washington verlautet, sind bisher schon beträchtliche Mittel der US-amerikanischen Steuerzahler an die russischen NGOs, wie "Golos" , geflossen.
Die russische NGO "Golos" ist eine "regionale Zivilorganisation zur Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten", wie sie sich selbst auf ihrer Webseite vorstellt.
Was hat es mit den Vorwürfen der westlichen Medien zu tun, dass diese Organisation in Russland "mundtot gemacht würde" bzw. wie Human Right Watch (eine von dem Multimilliardär Soros finanzierte Organisation) äußerte, "Opfer einer Schmierenkampagne" geworden sei? Russische Organe fanden heraus, dass Golos und andere NGOs, welche allesamt die Opposition (auch die geheime Opposition) unterstützen, Gelder aus dem Ausland erhalten haben, was gegen die russischen Gesetze verstößt (und übrigens in jedem Land der Welt, einschließlich den USA, so verboten ist). Golos führt auf ihrer Webseite alle ausländischen Partner auf, von denen diese NGO unterstützt wird und Gelder erhält. Darunter finden sich vor allem die Spezialisten für "Regimewechsel", die National Endowment for Democracy (NED) und das National Democratic Institute (NDI), zwei der wichtigsten US-Sponsoren der "Orangenen Revolution" in der Ukraine und der "Rosenrevolution" in Georgien mit Soros an der Spitze. Auch die USAID ist als Partner von Golos gelistet.

Während US-Außenministerin Hillary Clinton am Rande der Bonner Afghanistankonferenz äußerte: "Wir sind ernsthaft besorgt über den Verlauf der Wahlen... Die russischen Wähler haben eine umfassende Untersuchung aller glaubhaften Berichte über Wahlbetrug und -manipulation verdient", gab Marc Toner, Sprechers des US-Außenministeriums, kurz danach unumwunden die Ausweitung der finanziellen Unterstützung von russischen Nichtregierungsorganisationen zu. "Wir müssen mehr als neun Millionen Dollar für die Unterstützung eines freien und transparenten Prozesses bei den bevorstehenden (Präsidenten-)Wahlen in Russland ausgeben. Wie Sie wissen, liegt es in unserem Interesse, die Nichtregierungsorganisationen, sowie den Prozess selbst und nicht irgendwelche einzelnen politischen Parteien zu unterstützen". Dabei gab er zu, "Golos" ist eine DER Nichtregierungsorganisationen, die von uns Hilfen erhalten". In diese Hilfen werden sicherlich auch Bestechungsgelder (Silberlinge für hinterhältigen Verrat) für "Judasse" enthalten sein, wie sie Putin genannt hat.

Nun, Wladimir Putin hat sich in einer öffentlichen Stellungnahme auf diese Vorgänge bezogen und davor gewarnt, diesen Rattenfängermethoden auf den Leim zu gehen und sich für Silberlinge zum Vaterlandsverrat korrumpieren lassen.
Unregelmäßigkeiten bei der Wahldurchführung aufzudecken, ist legitim. Das erklärte auch der derzeitige russische Präsident Wladimir Putin und schlug in einer Direktübertragung eines Fernsehgespäches mit der russischen Bevölkerung vor, überall in den 90.000 Wahllokalen des Landes Webkameras aufzustellen, die "Tag und Nacht arbeiten", damit jeder im "Land sehen kann, was neben den konkreten Wahlurnen passiert." (siehe: http://www.1tv.ru/news/polit/193959)
Wäre ähnliches in westlichen Ländern denkbar, die nach wie vor auch manipulierbare Computerwahlen zulassen und auch keine ausländischen Wahlbeobachter vor Ort haben??


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Quelle:
Copyright 2011 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2011