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STANDPUNKT/390: Krieg und Medienpropaganda eine Absage erteilen - Kommentar von Mairead Maguire (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. September 2014

Kommentar: Krieg und Medienpropaganda eine Absage erteilen

von Mairead Maguire



In diesem Kommentar verurteilt die nordirische Friedensaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin von 1976, Mairead Maguire, den NATO-Beschluss, eine schnelle Eingreiftruppe im Baltikum einzurichten. Die Welt brauche keine weiteren Waffen, sondern kühle Köpfe und weise Menschen, schreibt sie in ihrem Plädoyer gegen Militarismus und Gewalt.


Belfast, 16. September (IPS) - Da die USA, Großbritannien und die NATO auf einen Krieg mit Russland hinarbeiten, ist es an der Zeit, dass die Menschen und ihre Regierungen in aller Welt eine klare Position für den Frieden und gegen Gewalt und Krieg einnehmen, egal aus welcher Richtung er kommt. Wir sind an einem gefährlichen Punkt in der Geschichte der Menschheitsfamilie angekommen und es wäre für uns und unsere Kinder eine der schlimmsten Tragödien, wenn wir den Kriegsgewinnlern erlauben, uns in einen dritten Weltkrieg mit Millionen Toten zu führen.

Die Entscheidung der NATO auf ihrem Gipfeltreffen in Wales [vom 4. bis 5. September], eine neue 4.000 Mann starke schnelle Einsatztruppe im Baltikum abzustellen, ist ein für uns alle gefährlicher Weg, der in einen Dritten Weltkrieg münden könnte, wenn wir das nicht verhindern. Was wir jetzt brauchen, sind kühle Köpfe und weise Menschen und gewiss nicht noch mehr Gewehre, mehr Waffen, mehr Krieg.

Die NATO ist das Entscheidungsgremium, das die fortgesetzten Kriege verursacht hat - vom Konflikt in der Ukraine bis zu denen im Irak, in Afghanistan, in Libyen und in anderen Ländern.

Der jüngste Beschluss verpflichtet die 28 Mitgliedstaaten dazu, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben und in Osteuropa eine Reihe von drei bis fünf Stützpunkten zu errichten, wo die Ausrüstung und der Nachschub gelagert werden soll, um etwa die Einsatzfähigkeit des Militärs zu beschleunigen.


Bekannte Kriegspropaganda

Die Entscheidung der USA/NATO zugunsten einer schnellen Einsatztruppe, die angeblich dem Zweck dient, einen möglichen russischen Militärschlag zu kontern, erinnert mich an die Kriegspropaganda mit all ihren Lügen, Halbwahrheiten, Unterstellungen und Gerüchten, die darauf abzielte, uns für einen Krieg gegen den Irak und für die nachfolgenden schrecklichen Kriege des Terrors, die von den Verbänden der NATO-Bündnispartner durchgeführt wurden, zu vereinnahmen.

Das Beobachterteam der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) konnte keine Hinweise dafür finden, dass die Berichte der NATO einschließlich der Satellitenfotos, die russische Kampfverbände bei Militäroperationen innerhalb des ukrainischen Territoriums zeigen, stimmen.

Während die NATO eifrig eine Gegeninvasion zur nicht-existenten russischen Invasion in der Ukraine anbahnt, rufen die Menschen in der Ukraine nach Frieden und Verhandlungen. Sie wünschen sich eine politische Führung, die ihnen den Frieden und keine Waffen und keinen Krieg bringt.

Die 'Speerspitze' militärischer Macht wird von den NATO-Bündnispartnern im Rotationsverfahren bereitgestellt und auch Luft-, See- und Sondertruppen beinhalten. Ein NATO-Sprecher hat uns mitgeteilt, dass diese Truppe in unkonventioneller Kriegsführung - von der Finanzierung von Separatistengruppen über die Verwendung der sozialen Medien bis zu Einschüchterungsmaßnahmen und Fehlinformationen - fit gemacht wird. Es besteht kein Zweifel daran, dass die derzeitige Dämonisierung von Präsident Wladimir Putin und des russischen Volkes durch die westlichen Medien Teil dieser Fehlinformationskampagne ist.

Die letzten Vorschläge der NATO, 4.000 Soldaten zu stationieren und eine separate, von den Briten geführte, gemeinsame 10.000 Mann starke Expeditionstruppe aufzustellen, sind ein höchst aggressiver und unverantwortlicher Schritt von Seiten der USA, Großbritanniens und der NATO. Sie bedeuten einen Bruch des 1997 mit Moskau geschlossenen Vertrags, keine ständige, substanzielle Armee in Osteuropa zu stationieren.


NATO auflösen

Die NATO hätte zeitgleich mit dem Warschauer Pakt aufgelöst werden müssen. Doch das ist nicht geschehen und nun wird die NATO von den USA kontrolliert, die eigene Ziele verfolgen. Im Gespräch über die NATO hatte ein Vertreter der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton erklärt: "Amerika ist die NATO." Anstatt aufgelöst zu werden, erfindet sich die NATO heute wieder neu, indem die europäischen Staaten wiederbewaffnet und militarisiert werden und Feindbilder - seien es Russen oder der Islamische Staat (IS) - geschaffen werden.

In einer zunehmend von Abhängigkeiten geprägten, miteinander verbundenen Welt, die sich um den Aufbau von Brüderlichkeit, um wirtschaftliche Zusammenarbeit und um menschliche Sicherheit bemüht, sollten die Tötungs- und Einschüchterungsmethoden des Kalten Krieges und die Allmachtfantasien und Überlegenheitsallüren keinen Platz haben. Die Welt hat sich verändert. Die Menschen wollen nicht auseinanderdividiert werden. Sie wünschen sich ein Ende der Gewalt, des Militarismus und des Krieges.

Das alte Bewusstsein hat ausgedient und ein neues Bewusstsein, das auf einer Ethik des Nichttötens, des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit basiert, breitet sich aus. Es wird Zeit, dass die NATO erkennt, dass ihre Politik der Gewalt kontraproduktiv ist. Der Krise in der Ukraine und Gruppen wie dem Islamischen Staat ist mit Gewehren nicht beizukommen, wohl aber mit Gerechtigkeit und einem Dialog des Friedens.

Vor allem braucht die Welt Hoffnung. Gefragt ist eine inspirierende politische Führung, die Gestalt annehmen könnten, würden sich US- Präsident Barack Obama und Präsident Putin zusammensetzen, um den Konflikt in der Ukraine durch Dialog, Gespräche und Gewaltlosigkeit zu lösen.

Wir leben in gefährlichen Zeiten, doch alles ist möglich, alles kann sich ändern ... Und Frieden ist möglich. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/09/opinion-say-no-to-war-and-media-propaganda/

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IPS-Tagesdienst vom 16. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2014