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STANDPUNKT/469: Der Südsudan auch weiterhin fragilster Staat der Welt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2015

Entwicklung: Der Südsudan auch weiterhin fragilster Staat der Welt

von Beatrice Paez


Bild: © Isaac Billy Gideon Lu'b/UN

Polizeikadetten im Südsudan bei der Vereidigung, September 2012
Bild: © Isaac Billy Gideon Lu'b/UN

SAINT JOHN, NEW BRUNSWICK, KANADA (IPS) - Im zweiten Jahr in Folge haben das US-Magazin 'Foreign Policy' und der Think Tank 'Fund for Peace' (FFP) den Südsudan als fragilsten Staat der Welt eingestuft. Der sich weiter intensivierende Bürgerkrieg in dem zentralafrikanischen Land hat bisher mehr als zwei Millionen Menschen in die Flucht getrieben.

In dem am 17. Juni von 'Foreign Policy' und FFP jährlich veröffentlichten Index fragiler Staaten (FSI) sind sieben Subsahara-Staaten unter den zehn instabilsten Ländern aufgeführt. Zudem hat der Einfluss der radikalen Bewegung 'Islamischer Staat' dazu geführt, dass 2015 der Jemen, Libyen, Syrien und der Irak in die Liste der Länder aufgenommen wurden, in denen sich die Lage am meisten verschlechtert hat.


Deutliche Besserung der Lage in Kuba

Kuba hingegen hat in den vergangenen zehn Jahren den größten Sprung nach vorn gemacht. Die Beziehungen zu den USA haben sich entspannt, und die Wirtschaft des Karibikstaates hat sich allmählich internationalem Kapital geöffnet. Herausforderungen bleiben der Zugang zu dem öffentlichen Dienstleistungssektor und die Menschenrechtslage.

Zur Bewertung der Fragilität eines Staates berücksichtigen 'Foreign Policy' und FFP ereignisbezogene Faktoren und einschlägige Daten. Analysiert wurden Entwicklungen in 178 Ländern. "Die Staaten, die auf dem Index ganz oben stehen, machen kaum Fortschritte. Auf den mittleren Plätzen gibt es viel mehr Veränderungen", sagt Nate Haken von FFP. "Denn Fragilität schafft Fragilität und Stabilität bringt Stabilität hervor."

Der Report zeigt aber auch Ausnahmen wie Nigeria auf, die sich einer derartigen Kategorisierung entziehen. "Für mich war Nigeria in diesem Jahr eines der interessantesten Länder. Alle Indikatoren deuten auf intensiven Druck an allen Fronten hin", sagt Haken. "Die Ölpreise sind auf einem niedrigen Stand, und es wurden mehr Menschen als getötet als im Vorjahr." Doch die von Muhammadu Buhari angeführte politische Opposition habe eine unerwartete Wende herbeigeführt, so Haken weiter.

Bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen in Nigeria setzte sich Buhari, der das Amt bereits von 1983 bis 1985 bekleidet hatte, gegen den seit 2010 regierenden Staatschef Goodluck Jonathan von der Demokratischen Volkspartei durch. Laut Haken hatten politische Beobachter eine Vertiefung der Gräben zwischen dem Norden und dem Süden des Landes erwartet. "Ich denke, die meisten haben mit einem Desaster gerechnet", so der Experte.

Zu der Gruppe der Länder, in denen sich die Lage deutlich gebessert hat, kamen Portugal und Georgien hinzu, die jeweils positive wirtschaftliche Entwicklungen vorweisen konnten. Die USA belegen seit Jahren Rang 89 und werden in der Rubrik 'stabilere Länder' gelistet. Seit 2007 nehmen jedoch Proteste gegen den Umgang der Behörden mit illegal aus Zentralamerika eingewanderten Flüchtlingen oder mit Schwarzen im Land immer weiter zu. Deutschland gehört zu den stabilen Ländern und belegt Platz 165.

Der Index ist weniger als Instrument gedacht, um Prognosen abzugeben. Er soll vielmehr eine Einschätzung der politischen Lage in den untersuchten Ländern möglich machen. Entscheidungsträger, die sich mit der Lage der Menschenrechte und der wirtschaftlichen Entwicklung befassen, hätten es leichter, die Bereiche zu identifizieren, die Priorität genießen sollten, meint Haken.

Im Fall der Ebola-Krise in Westafrika hätten sich die Schlagzeiten zu Ländern wie Liberia, Guinea und Sierra Leone zwar in Grenzen gehalten, dennoch habe der "Welleneffekt" in der Region Folgen für die internationale Staatengemeinschaft gehabt, so Haken. So habe sich die ganze Welt bemüht, die Seuche einzudämmen.

Demografischer Druck, etwa durch die massive Abwanderung der Bevölkerung ländlicher Regionen in die Städte, sowie ein mangelhaftes Straßennetz haben die Ausbreitung von Ebola begünstigt. "Der Index macht deutlich sichtbar, wie wichtig die Infrastruktur für die nachhaltige menschliche Sicherheit ist", sagt er. "Als sich Ebola bereits ausgebreitet hatte, konnten medizinisches Personal und Nachschublieferungen die ländlichen Gebiete kaum erreichen."


Ehemalige Konfliktstaaten weiterhin gefährdet

Laut dem Bericht ruft diese regionale Krise in Erinnerung, dass Staaten, die Konflikte überwunden haben, auf dem Weg des Wiederaufbaus weiterhin anfällig sind.

Der Index stützt sich auf zwölf Indikatoren und weitere Variablen, etwa die Legitimität des Staates, demografischer Druck, Wirtschaftsleistung, Interventionen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure und Funktionalität des öffentlichen Sektors. Jeder Indikator wird gleich gewichtet.

2014 wurde der Begriff "gescheitert" durch "fragil" ersetzt. "Scheitern lässt immer darauf schließen, dass es irgendwo einen Schuldigen gibt", sagt Haken. "Das war aber von Vornherein nicht das Anliegen des Indexes." (Ende/IPS/ck/19.06.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/06/south-sudan-again-tops-fragile-states-index/

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IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2015

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