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DILJA/1106: Münchner Konferenz - Kriegsstrategen geben sich ein Stelldichein (SB)


Kriegskonferenz in München

Zur Sicherung westlicher Hegemoninalbestrebungen wurden und werden Kriege geführt


Am heutigen Freitag beginnt in München die sogenannte "Sicherheitstagung", wie das Stelldichein international führender Repräsentanten aus Regierungs- und Militärkreisen, die frühere Wehrkundetagung, heute genannt wird. Der Begriff "Sicherheit" ist in diesem Zusammenhang gezielt mißverständlich eingesetzt, unterstellt er doch ganz generell die Abwesenheit von Kriegen und militärischer Gewalt, während tatsächlich das genaue Gegenteil, nämlich die Durchsetzung hegemonialer Absichten der führenden westlichen Staaten mit militärischen Mitteln, der eigentliche Sinn und Zweck sowie Verhandlungsgegenstand dieses hochkarätigen Treffens sein dürfte.

Traditionsgemäß gehört es zum Repertoire kriegführender Staaten, die eigenen Absichten vor der Öffentlichkeit in ihr Gegenteil zu verkehren, und so gibt es wohl kaum einen Krieg in Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit, der nicht - zumindest aus Sicht derer, die ihn führen - edelsten Zielen, etwa der Verteidigung wehrloser Menschen im eigenen oder auch fremden Land, dient. Auf der diesjährigen "Sicherheitstagung" in München wird dies nicht anders sein; bestenfalls hinter verschlossenen und der Presse unzugänglichen Türen dürfte von den Teilnehmern, unter denen sich ein Dutzend Staats- und Regierungschefs sowie Repräsentanten aus insgesamt 50 Staaten befinden, Klartext gesprochen werden können. Schon vorab ist absehbar, daß zum einen der Krieg in Afghanistan einen großen Stellenwert auf dieser Konferenz einnehmen wird, aber auch der anvisierte Strategiewechsel der führenden westlichen Staaten in ihrer Mittelost-Politik, genauer gesagt in ihrem Verhältnis zum Iran.

Wolfgang Ischinger, ein erfahrender deutscher Diplomat, wird zum ersten Mal diese weltweit wohl einmalige Veranstaltung leiten. Ihm kommen nicht nur die Aufgaben eines Veranstalters und Gastgebers zu, dem die hohe Ehre zufällt, neben dem neuen US-Vizepräsidenten Joe Biden auch viele andere hochrangige Vertreter aus den NATO-Staaten, aber auch Rußland sowie dem Iran und Afghanistan begrüßen zu dürfen. Ischinger selbst steht wie viele Konferenzteilnehmer für eine Politik gewaltgestützter Hegemonialpolitik, wie sie der Welt Ende des vergangenen Jahrhunderts durch die westliche Obstruktionspolitik und Kriegführung, die letzten Endes zur Zerschlagung des sozialistischen Jugoslawiens sowie zur Errichtung eines NATO-Protektorats im Kosovo führte, exemplarisch vorexerziert wurde. Ischinger war als früherer Kosovo-Beauftragter der EU an diesem Prozeß direkt beteiligt und bringt für seine neue Arbeit als Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz einschlägige Erfahrungen mit.

Krieg, verstanden als militärische Durchsetzung bestimmter Interessen, geht oftmals die Androhung von Gewalt, verstanden als politische "Verhandlungen", bei denen es sich um mehr oder minder geschickt getarnte Drohungen und Erpressungen handelt, voraus. Hierfür dürfte die Münchner Konferenz ein Forum bieten. Ischinger, der 30 Jahre lang Zeit Staatssekretär im Auswärtigen Amt und von 2001 bis 2008 deutscher Botschafter in den USA und Britannien gewesen ist, hat dem Vernehmen nach dafür gesorgt, daß hochrangige Repräsentanten aus dem Iran und aus Rußland zugegen sind. Er erwarte, so erklärte Ischinger schon Mitte Januar, daß die neue US-Regierung das "seit 30 Jahren bestehende Tabu der Beziehungen mit Teheran überwindet". Der Hintergrund der Charme-Offensive gegenüber dem Iran ist keineswegs ein friedfertiger, haben die US-Streitkräfte doch erhebliche logistische Probleme in Afghanistan durch die ständigen Angriffe auf die pakistanischen Nachschubrouten, die in der Sprengung einer Brücke am Khyber-Paß ihren vorläufigen Höhepunkt fanden.

Sollte der Iran nun politisch eingebunden - ihm wurde bereits die "Partnerschaft" mit allen Weltsicherheitratsmitgliedern sowie Deutschlands in Aussicht gestellt - und militärisch instrumentalisiert werden - als Alternativroute favorisiert die NATO für die Versorgung der in Afghanistan stationierten Truppen Straßenverbindungen durch den Iran -, würde dies einen Fortschritt in Hinsicht auf die militärische Eindämmung Rußlands bedeuten. Die Münchner Konferenz wird aller Voraussicht nach ihren Teil zur Vorverhandlung und Abwicklung dieser Verhandlungen beitragen, wobei zu erwarten steht, daß die eigentliche Stoßrichtung, nämlich mittel- bis längerfristig die Vormachtstellung der USA unter engster Kooperation mit den übrigen NATO-Staaten zu sichern, selbstverständlich nicht offen thematisiert werden wird, beinhaltet sie doch ein Konfrontationspotential gegenüber Rußland, das nicht einmal eine militärische Eskalation ausschließt.

Gegen die Münchner Kriegskonferenz wie auch an ihrem Leiter Wolfgang Ischinger wurde von Kriegsgegnern bereits Kritik laut, die in dem Vorwurf gipfelt, hier würde einzig und allein die zivil-militärische Zusammenarbeit zwischen Politik, Militär und der Wirtschaft zelebriert. Dies trifft zweifellos zu. Inwieweit tatsächlich hier Entscheidungen getroffen, Kriege geplant und vorbereitet werden, sei jedoch einmal dahingestellt, könnte es sich doch bei der Konferenz ihrerseits um eine aufwendig angelegte Propagandaveranstaltung handeln, die zwar Anhaltspunkte und Reibungsflächen genug für Kriegsgegner aller Art bietet, und dennoch indifferent genug bleibt, um die womöglich längst vollzogenen Weichenstellungen und in die Wege geleiteten militärischen Hegemonialstrategien weiterhin im Dunkeln zu belassen.

Die Person Wolfgang Ischingers könnte ein Fingerzeig darauf sein, daß hier längst beschlossene Szenarien abgearbeitet werden, ist er doch ein Gründungsmitglied des "European Council on Foreign Relations" (ECFR) [1], einer privaten Denkfabrik in Europa, die nach Vorbild des US-amerikanischem "Council on Foreign Relations" (CFR) weit entfernt von jeglicher demokratischen Legitimation die Leitlinien europäischer und westlicher Interessenpolitik festlegt und bestimmt. Diesem von dem US-Milliardär und Finanzier der sogenannten zivilen Umsturzbewegungen in Osteuropa sowie früheren Sowjetrepubliken, George Soros, finanzierten, eigentlich inoffiziellen Gremium, gehören soviele hochrangige Mitglieder und Repräsentanten aus allen relevanten Bereichen internationaler Politikgestaltung an, daß von einer De-facto-Zivildiktatur gesprochen werden könnte, deren ureigenstes und ausschließliches Ziel in der Etablierung und Festigung westlicher Vorherrschaft besteht - und so könnte man in der Münchner Sicherheitskonferenz eine wenn auch inoffizielle Bühne des ECFR vermuten.

[1] Zum European Council on Foreign Relations (ECFR) siehe in POLITIK\MEINUNGEN:
DILJA/1079: ECFR (1) - Europäischer Thinktank mit Griff zur Weltherrschaft (SB)
DILJA/1080: ECFR (2) - Zweites Bein transatlantischer Weltmachtsbestrebungen (SB)
DILJA/1083: ECFR (3) - Ein elitärer Zirkel will Europa zur Kriegsmacht machen (SB)
DILJA/1084: ECFR (4) - Die EU-Militarisierung auf leisen Sohlen vorantreiben (SB)

6. Februar 2009