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MILITÄR/846: Des modernen Kriegs letzter Schrei - Kamikazedrohnen (SB)


Des modernen Kriegs letzter Schrei - Kamikazedrohnen

"Predator" und "Reaper" bekommen von "Switchblade" Konkurrenz


Ungeachtet zahlreicher Kassandrarufe namhafter Völkerrechtler, Theologen und Militärtheoretiker schreitet die Automatisierung des Krieges mit riesigen Schritten in Richtung jenes Alptraumszenarios voran, vor dem Regisseur James Cameron die Welt bereits vor 27 Jahren mit dem Hollywood-Actionepos "Terminator", in dem sich Schauspieler Arnold Schwarzenegger in der Rolle des kaum zerstörbaren Killerroboters verewigte, warnte. US-Militär und CIA greifen "terroristische" Ziele inzwischen regelmäßig in sechs Ländern - Afghanistan, dem Irak, dem Jemen, Libyen, Pakistan und Somalia - mittels ferngesteuerter Drohnen vom Typ Predator und Reaper an, richten entsprechende Basen hierfür am Horn von Afrika, Persischen Golf und Hindukusch ein und rüsten waffentechnisch permanent auf. Wie die pakistanische Zeitung The News am 16. Oktober unter Verweis auf das Pentagon berichtete, sollen die US-Drohnen im kommenden Jahr mit einer noch tödlicheren Version der bisher eingesetzten Rakete Hellfire II, nämlich mit der Hellfire Romeo, bestückt werden. Beide Raketentypen werden vom Rüstungskonzern Lockheed Martin, Predator und Reaper vom Unternehmen General Atomics hergestellt.

Doch der letzte Schrei in Sachen gefahrloser, weil aus der Ferne durchgeführter Auslöschung seiner Feinde ist nicht die lasergesteuerte AGM-114R, so die technische Bezeichnung der Hellfire Romeo, sondern die Kamikazedrohne, deren erstmaliges Auftreten auf dem Schlachtfeld demnächst ansteht und über deren Entwicklung die linksalternative US-Onlinezeitung RAW STORY am 17. Oktober unter Verweis auf die Nachrichtenagentur Agence France Presse berichtete. Die neue Mordmaschine heißt "Switchblade" ("Schnappmesser") und stellt laut RAW STORY "den jüngsten Versuch der Vereinigten Staaten dar, die Art zu perfektionieren, wie man mutmaßliche Militante ausradiert."

Nach Angaben des in Kalifornien ansässigen Herstellers AeroVironment wiegt "Switchblade" weniger als zwei Kilogramm und wird aus einem Rohr in die Luft geschossen, bei dem Vorgang spannen sich die Flügel auf und der Apparat beginnt, angetrieben von einem kleinen Elektromotor, selbsttätig zu fliegen. "Switchblade" ist mit einer kleinen Videokamera ausgestattet, die Bilder in Echtzeit an den Bediener - den Soldaten im Einsatz - übermittelt. Sobald ein feindliches Ziel identifiziert und die Entscheidung zum Angriff gefällt wird, sendet der Bediener ein entsprechendes Signal an das Miniflugzeug, das dieses dazu veranlaßt, sich in das Ziel zu stürzen. Im Moment des Aufpralls wird eine kleine, mitgeführte Sprengstoffladung gezündet. Im Juni hat die US-Armee an AeroViroment einen Auftrag über 4,9 Millionen Dollar erteilt und das Unternehmen gebeten, einsatzfähige "Switchblades" so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Die genaue Anzahl der bestellten Kamikazedrohnen ist bislang nicht öffentlich bekannt.

Im Bericht von RAW STORY wird folgende Lobpreisung des Herstellers zitiert: "Leise fliegend mit hoher Geschwindigkeit bringt Switchblade seine mitgeführte, explosive Nutzlast mit Präzision ans Ziel, während es Kollateralschäden minimiert." Über letzteren Teil des PR-Gedöns könnte man lachen, wäre das Thema nicht so ernst. Während die Anzahl der Drohnenangriffe im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und die der getöteten Zivilisten kontinuierlich ansteigt, sollen nach Angaben des iranischen Nachrichtensenders Press TV CIA und/oder US-Spezialstreitkräfte allein am 15. Oktober in der südsomalischen Stadt Bilis Kukani und am 17. Oktober in der südsomalischen Hafenstadt Kismao 15 respektive 27 Menschen per ferngesteuertem Raketenangriff getötet haben. Bei den meisten Getöteten und Dutzenden von Verletzten soll es sich um Zivilisten gehandelt haben.

19. Oktober 2011