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NAHOST/1184: Fiel Gaddhafi einem Auftragsmord Sarkozys zum Opfer? (SB)


Fiel Gaddhafi einem Auftragsmord Sarkozys zum Opfer?

Italienische Zeitung belastet Frankreichs Ex-Präsident schwer



Das war kein Ruhmesblatt für die "Wertegemeinschaft" NATO, als im Oktober 2011 eine aufgebrachte Horde der von ihr unterstützten libyschen Rebellen den sichtlich verletzten und benommenen Muammar Gaddhafi vor laufenden Kameras gefangennahmen, mit einem Messer folterten und schließlich erschossen. Wie jeder andere Kriegsgefangene hätte auch der libysche Revolutionsführer menschlich behandelt werden müssen. Die Vorwürfe gegen seine Person - etwa Korruption oder Verwicklung in den internationalen "Terrorismus" - hätten von einem ordentlichen Gericht entweder in Tripoli oder Den Haag geklärt werden müssen, was ihm auch die Chance gegeben hätte, seine Sicht der Dinge zu erläutern. Doch durch die rasche Hinrichtung verschwand diese Möglichkeit für immer. Könnte das - und weniger der Durst nach Rache und Vergeltung - der Grund dafür gewesen sein, warum Gaddhafis Peiniger ihn nicht am Leben ließen?

Die Todesumstände von Gaddhafi gaben von Anfang an Anlaß zu Spekulationen. Er kam ums Leben beim Versuch, seine Heimatstadt Sirtre, die seit Wochen unter schwerem Beschuß stand und als letzte Trutzburg regierungstreuer Truppen galt, mit einem Autokonvoi zu verlassen. In den Nachrichten hieß es damals, die Piloten einer französischen Drohne im Luftraum über Sirtre hätten die Autokolonne bemerkt und Luftunterstützung angefordert, woraufhin NATO-Kampfjets das feindliche Ziel angriffen. Nach dem Beschuß aus der Luft mit Bomben und Raketen hatte sich Gaddhafi in einem Abflußrohr unterhalb der Autobahn versteckt, wo ihn die nachrückenden Rebellen aufspürten. Was dann geschah, konnte - und kann sich bis heute - jeder, der auf Snuff-Videos steht, bei Youtube anschauen.

Der bestialischen Ermordung Gaddhafis ging 48 Stunden zuvor ein nicht-planmäßiger, unangekündigter Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton in Tripoli voraus. Es besteht der Verdacht, daß die ehemalige First Lady Gaddhafi über die libysche Übergangsregierung, die zum Gutteil aus Schiffsbrüchigen des gerade untergegangenen "Regimes" bestand, mit der Garantie auf freien Abzug und freie Fahrt ins Exil etwa im südlichen Nachbarland Mali zur Evakuierung Sirtres veranlaßte. Seltsam jedenfalls mutete Hillarys Reaktion auf die Nachricht auf Gaddhafis Ableben an, die sie während eines Aufenthaltes in der afghanischen Hauptstadt Kabul erhielt. Von einem mitreisenden US-Journalisten gefragt, ob eine Verbindung zwischen der überraschenden Stippvisite in Tripolis und dem Tod Gaddhafis bestehe, wandte Bill Clintons Gattin mit einem vieldeutigen Lächeln auf den Lippen den berühmten Spruch aus dem Stück "Julius Cäsar" von William Shakespeare in leicht verwandelter Form auf das Ereignis an: "Wir kamen. Wir sahen. Er starb".

Das "Wir" in diesem Zusammenhang bekommt eine ganz neue Bedeutung, seit vor wenigen Tagen die Nachricht erschien, daß nicht ein libyscher Rebell, sondern ein Mitglied der französischen Spezialstreitkräfte Gaddhafi die zwei tödlichen Kopfschüssen zugefügt habe - und zwar auf direkter Anweisung des damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Am 30. September meldete die angesehene italienische Tageszeitung Corriere della Sera unter Berufung auf "gutinformierte westliche Diplomatenquellen", der Geheimdienstagent oder Elitesoldat, der die Rebellen begleitete und Gaddhafi erschoß, sei "mit ziemlicher Sicherheit Franzose" gewesen.

Als Motiv, weshalb Sarkozy Gaddhafi hätte umbringen wollen, wurde die Drohung des Libyers, unangenehme Wahrheiten über den französischen Präsidenten publik zu machen, angeführt. Bekanntlich hatte Gaddhafi Sarkozy im März 2011, als die NATO-Operation zur Luftunterstützung der libyschen Rebellen begann, Undankbarkeit vorgeworfen und behauptet, er hätte mit heimlichen und damit illegalen Geldspenden in Höhe von 50 Millionen Euro dessen erfolgreiche Kandidatur 2007 um den Einzug in den Elysée-Palast mitfinanziert. An einer Befragung Gaddhafis zu diesem Themenkomplex, bei dem es angeblich auch um Öl- und Gaskonzessionen ging, hätte der Anführer der französischen Konservativen kein Interesse gehabt, befand er sich doch im Kampf um die Wiederwahl (die er im Mai 2012 trotz aller Anstrengungen an den Sozialisten Francois Hollande verlieren sollte).

Eine Bestätigung für die Angaben von Corriere della Sera lieferte am 1. Oktober Mahmud Dschibril, der in der fraglichen Zeit Premierminister der libyschen Übergangsregierung war. In einem Interview mit dem ägyptischen Fernsehen erklärte der libysche Wendehals: "Es war ein ausländischer Agent, der sich unter die revolutionären Brigaden gemischt hatte, der Gaddhafi tötete." Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, daß Ben Omran Schaaban, der 22jährige Rebell, der sich nach der Erschießung Gaddhafis wochenlang mit der angeblich dabei verwendeten Pistole brüstete, am 24. September in einem Pariser Krankenhaus gestorben ist. Im Juli war Schaaban von Unbekannten - angeblich Gaddhafi-Anhängern - überfallen und schwer mißhandelt worden. Er wurde anschließend zur Behandlung seiner Verletzungen, darunter zwei Schußverletzungen, nach Frankreich ausgeflogen, wo man sein Leben offenbar doch nicht retten konnte.

So oder so steht fest, daß die Intervention der NATO in Libyen von langer Hand geplant war und nicht einfach als Reaktion auf die drohende Niederschlagung eines "demokratischen" Aufstandes in Benghasi erfolgte. Bereits seit November 2010 planten die britischen und französischen Streitkräfte für Mitte März 2012 ein Manöver namens "Southern Mistral" im Mittelmeer, bei dem es um "humanitäre" Luftangriffe gegen die Armee eines Diktators in einem imaginären Staat namens "Southland" ging. Wie der Zufall es wollte, hatten Paris und London in der Nähe der libyschen Küste gerade die entsprechenden Kampfverbände zusammengezogen, als nach der Verabschiedung der Resolution 3003 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen aus dem geplanten Kriegsspiel die NATO-Operation "Odyssey Dawn" wurde.

4. October 2012