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NAHOST/1226: Die USA treiben ein doppeltes Spiel im Irak (SB)


Die USA treiben ein doppeltes Spiel im Irak

Die CIA soll Erstarken von Al Kaida im Zweistromland verhindern



Zehn Jahre nach der angloamerikanischen Invasion und 15 Monate nach dem Abzug der letzten US-Kampftruppen kommt der Irak immer noch nicht zur Ruhe. Der kurdische Norden entzieht sich immer mehr der Kontrolle Bagdads, während in der Mitte und im Süden des Landes der politische Machtkampf zwischen der schiitisch dominierten Regierung von Premierminister Nuri Al Maliki und der sunnitischen Minderheit zum Teil blutig ausgetragen wird. Allein am 14. März kamen 33 Menschen gewaltsam ums Leben, während weitere 72 verletzt wurden; bei einem Überfall auf das Justizministerium in Bagdad, an dem mindestens ein Selbstmordattentäter beteiligt war, wurden 28 Menschen getötet und 67 verletzt. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, daß der Bürgerkrieg in Syrien, der längst den Charakter eines schiitisch-sunnitischen Konfliktes angenommen hat, allmählich auf den Irak übergreift. Vor wenigen Tagen hat sich der al-kaida-nahe Islamische Staat im Irak (ISI), dessen Kämpfer auch bei der Al-Nusra-Front in Syrien mitmachen, dazu bekannt, am 3. März bei einem Überfall 46 unbewaffnete syrische Soldaten, die zum Teil verletzt nach einem Feuergefecht mit den Rebellen auf irakischen Boden geflüchtet waren, massakriert zu haben.

Während die syrischen Rebellen die meisten ihrer Waffen aus Libyen, Katar und Saudi-Arabien bekommen, werden sie auch gleichzeitig von mehreren westlichen Geheimdiensten und Spezialstreitkräften unterstützt. Medienberichten zufolge versucht die CIA von der türkischen Grenze, aus die Aktivitäten der Aufständischen im syrischen Nordwesten um die Handelsmetropole Aleppo zu koordinieren. In der Nähe der jordanischen Hauptstadt Amman werden Hunderte Rebellen von amerikanischen, britischen und französischen Militärausbildern in der unkonventionellen Kriegsführung - manche würden von Terrorismus reden - unterrichtet. Doch während die NATO-Mächte in Syrien, um Präsident Baschar Al Assad loszuwerden, mit Al Kaida paktieren, wollen sie ihr im Irak immer noch Einhalt gebieten - offiziell jedenfalls.

So berichtete am 11. März das rechtskonservative Wall Street Journal, seit einiger Zeit stocke die CIA die Zahl ihrer Mitarbeiter im Irak auf, um die Anti-Terroreinheiten des Bagdader Innenministeriums und damit die treuesten Truppen Malikis, in ihrem Kampf gegen Al Kaida zu unterstützen. Iraks Counterterrorism Service (CTS) besteht aus ausgegliederten Teilen der Sicherheitskräfte des Innenministeriums und der irakischen Armee. Im WSJ-Bericht heißt es, bei der Regierung Barack Obama mache man sich Sorgen, daß bei einem Sturz des "Regimes" Assads in Syrien die Al-Nusra-Front und ihre Verbündeten zur Macht im Irak greifen könnten. Zusammen mit der irakischen Regierung wolle man ein Erstarken der extremistischen Kräfte im Irak verhindern, so das Wall Street Journal.

In einem Beitrag am 13. März für seinen Blog bei der linken US-Wochenzeitschrift The Nation hat der Nahost-Experte Robert Dreyfuss unter Verweis auf die Enthüllung der WSJ-Kollegen das widersprüchliche Verhalten von CIA und Obama-Regierung in der Syrien- und Irak-Politik als absolut "bizarr" bezeichnet: "Während die Vereinigten Staaten ihre Hilfe für den Aufstand in Syrien, dessen Rückgrat aus radikalen Islamisten und sunnitischen Fundamentalisten mit Al-Kaida-Nähe besteht, aufstocken, forciert die CIA im Irak den Kampf gegen dieselben radikalen Islamisten und sunnitischen Fundamentalisten mit Al-Kaida-Nähe". In einem Artikel, der am 14. März bei Antiwar.com erschienen ist, hat Autor John Glaser den ehemaligen CIA-Analytiker Philip Giraldi nach seiner Meinung zum besagten Bericht des Wall Street Journals gefragt. Giraldi, der selbst regelmäßig Kommentare zum Thema nationaler Sicherheit für The National Interest und The American Conservative schreibt, erklärte, ihm sei es "schleierhaft", wie die CIA die Zusammenarbeit der Al-Kaida-nahen Gruppen über die irakisch-syrische Grenze hinweg vereiteln wolle. "Die Grenze ist sehr lang, schwer kontrollierbar und verläuft größtenteils durch mehrheitlich von Sunniten bewohntes Gebiet. Das ganze Vorhaben scheint mir zum Scheitern verurteilt."

Durch die Unterstützung von Al Maliki im "Antiterrorkampf" wollen die USA vermutlich den irakischen Premierminister aus seiner Allianz mit dem Iran lösen. Seit längerem wirft Washington Bagdad vor, den Transport iranischer Waffen über irakisches Territorium an die staatlichen syrischen Streitkräfte tatenlos zuzulassen. Die Kompliziertheit der Verhältnisse läßt jedoch erkennen, daß eigentlich eine große politische Lösung notwendig ist. Halten die USA jedoch an ihrer seit 1979 andauernden Konfrontation mit der Islamischen Republik fest und drohen die Mullahs in Teheran weiterhin mit "Regimewechsel", ist keine Beilegung des politischen Streits zwischen Schiiten und Sunniten im Irak in Sicht, während die Iraner ihrerseits alles tun werden, um die schiitisch-säkularen Kräfte in Syrien im Kampf gegen die sunnitische Moslembruderschaft zu unterstützen. Die CIA erneut gegen Al Kaida im Irak loszuschicken, während sie sich derselben Kreise in Syrien bedient, wird die ohnehin fürchterliche Lage in beiden Ländern nur noch verschlimmern.

16. März 2013