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NAHOST/1519: USA bereiten den Einstieg in den Jemenkrieg vor (SB)


USA bereiten den Einstieg in den Jemenkrieg vor

Vorwand Iran liefert der Trump-Regierung die passende Begründung


In Washington deutet alles auf einen bevorstehenden direkten Eingriff der USA in den Krieg im Jemen hin. Seit dem Amtsantritt des Republikaners Donald Trump als US-Präsident Ende Januar ist die Anzahl der CIA-Drohnenangriffe auf Ziele im Jemen, die irgendwie in Verbindung mit Al Qaeda in the Arabian Peninsula (AQAP) stehen sollen, drastisch gestiegen. Seit zwei Jahren versucht eine von Saudi-Arabien angeführte Allianz sunnitischer Staaten den von Riads Gnaden abhängenden Interimspräsidenten des Jemens, Abd Rabbu Mansur Hadi, der von schiitischen Rebellen und Truppen des Ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh abgesetzt worden war, wieder zur Macht zu verhelfen. Die USA sind bislang mit Waffenlieferungen, Luftbetankung saudischer Kampfjets und Satellitenaufklärung in den Jemenkrieg indirekt verwickelt. Dies könnte sich bald ändern, sollte Trump, wie erwartet, die Offensivpläne des Pentagons absegnen.

Der Konflikt im Jemen, der mehr als 10.000 Menschen das Leben gekostet und eine schreckliche Hungerskatastrophe mit Millionen von Leidenden ausgelöst hat, befindet sich in einer Pattsituation. Mit Unterstützung von AQAP-nahen Milizionären und südlichen Separatisten, ausländischer Söldner und Soldaten der Staaten des Golfkooperationsrats haben Hadis Leute den Süden und den Osten des Jemens einschließlich der Hafenstadt Aden "befreit". Der Norden und die Hauptstadt Sanaa befinden sich nach wie vor in den Händen der Huthis und der Saleh-Armee. Um die Stadt Taizz, die auf der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungstraße zwischen Aden und Sanaa liegt, wird seit Monaten erbittert gekämpft. Hier ist die Front zum Stillstand gekommen.

Dagegen versuchen die Saudis und ihre Verbündeten von der Meeresenge Bab Al Mandab, die Indisches Ozean vom Roten Meer trennt, her nach Norden vorzurücken und die Westküste zu erobern. Zum Jahreswechsel haben sie die Stadt Mokha einnehmen können. Doch mit dem großangelegten Versuch, die Huthis und die Saleh-Leute aus der weiter nördlich liegenden, größeren Hafenstadt Hudeida zu vertreiben, kommen sie seit Wochen nicht voran. Zu erbittert ist der Widerstand. Die Huthis dürfen Hudeida nicht verlieren, denn über die Stadt läuft die Versorgung des Nordens mit Lebensmittel. Wegen der zu erwartenden negativen Folgen raten Hilfsorganisationen von der Blockade bzw. einer alles entscheidenden Schlacht um Hudeida ab. Doch es sieht alles danach aus, als würden das US-Militär gerade hier die sunnitische Kriegsallianz im Jemen durch die Entsendung einer mehrere tausend Mann starken Interventionsstreitmacht zum Durchbruch verhelfen wollen.

In den vergangenen Tagen haben getrennt von einander Trumps Außen- und Verteidigungsminister Rex Tillerson und James Mattis den Nahen Osten mit dem offiziellen Ziel bereist, die große Verbundenheit Amerikas zu den sunnitischen Staaten am Persischen Golf sowie zu Israel zu unterstreichen. Bei Besuchen unter anderem von Riad und Jerusalem sind der Ex-Öl-Manager und der General a. D. insbesondere durch iranfeindliche Äußerungen aufgefallen. Tillerson hat Teheran bezichtigt, den Nahen Osten zu "destabilisieren" und der "Hauptsponsor des internationalen Terrorismus" zu sein, während der Irakkriegsveteran "Mad Dog" Mattis behauptete, das ganze Unheil im Jemen habe man dunklen Umtrieben der iranischen Ajatollahs zu verdanken. Der Pentagonchef versprach den Saudis, die USA würden deren "Widerstand" gegenüber dem Iran "stärken" und die Streitkräfte Saudi-Arabiens "effektiver" machen. Beim Treffen Mattis' mit Benjamin Netanjahu am 21. April erklärte letzterer, Israel und die USA sähen sich der "doppelten Bedrohung" eines sich aus Iran und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) konstituierenden "radikalen Islam" ausgesetzt. Der israelische Premierminister begrüßte die jüngsten US-Raketenangriffe auf einen Stützpunkt der syrischen Luftwaffe, die er als Beweis für einen "willkommenen, strategischen Wandel" in der amerikanischen Nahost-Politik bezeichnete.

Auch in den USA stößt die Verwandlung Trumps vom Kriegsskeptiker im Wahlkampf zum Kriegsbefürworter im Oval Office auf große Zustimmung. Jene Medienkommentatoren und Berufspolitiker, die monatelang gegen den New Yorker Immobilienmagnaten wegen seiner Überlegung, die Beziehungen zu Rußland zu normalisieren und mit Wladimir Putin gemeinsam den "islamistischen Terrorismus" zu bekämpfen, hetzten, sind von den jüngsten, großangelegten Bombardements in Syrien und Afghanistan sowie vom Säbelrasseln gegenüber Nordkorea regelrecht begeistert. Beim Interview mit dem konservativen Nachrichtensender Fox News am 19. gab sich Senator Lindsey Graham aus South Carolina, neben John McCain aus Arizona der eifrigste Militarist im US-Kongreß, euphorisch hinsichtlich des neuen Kurses Trumps. Unter indirektem Verweis auf die vermeintliche Untätigkeit Barack Obamas in der Weltpolitik erklärte Graham: "Ich bin derzeit der glücklichste Kerl in ganz Amerika. Wir haben einen Präsidenten und ein nationales Sicherheitsteam, von denen ich seit acht Jahren träume." Besonders hervorgehoben hat Graham die harte Haltung der Trump-Regierung gegenüber dem Iran. Man kann davon ausgehen, daß dann, wenn es demnächst wie erwartet zu der befürchteten Kriegseskalation im Jemen wegen eines vermeintlich existierenden, finsteren Nexus zwischen Sanaa und Teheran kommt, Graham und McCain im Senat und Repräsentantenhaus für die nötige Zustimmung sorgen werden.

22. April 2017


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