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USA/1207: Obamas Demokraten in den Folter-Skandal verwickelt (SB)


Obamas Demokraten in den Folter-Skandal verwickelt

Republikaner werfen Holder und Pelosi Scheinheiligkeit vor


Parallel zu den Bemühungen Barack Obamas, dem Ansehen der USA, das während der acht Jahre George W. Bushs schwer gelitten hat, neuen Glanz zu verleihen, tobt in der amerikanischen Öffentlichkeit seit mehreren Wochen eine heftige Debatte um die Folter gefangengenommener, mutmaßlicher "Terroristen" vom Al-Kaida-"Netzwerk" Osama Bin Ladens. Dabei zeigt sich, daß es Amerikas Hoffnungsträger gar nicht so leicht fällt, die Mißstände der achtjährigen republikanischen Herrschaft rückgängig zu machen. Schließlich waren in die Entstehung solcher Mißstände führende Mitglieder seiner eigenen demokratischen Partei verwickelt. Dies dürfte erklären, warum Obama keine juristischen Schritte gegen diejenigen, die unter Bush jun. die Folter rechtlich abgesegnet oder angewandt haben, wünscht und an Kongreß und Volk appelliert, den Blick nach vorne, statt nach hinten zu richten.

Kaum hatte Obama Ende Januar als erste Handlung im Amt die schnellstmögliche Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo Bay verfügt und die Anwendung von Folter durch Mitarbeiter der CIA oder von dieser engagierter privater Sicherheitsunternehmen verboten, da geriet die im Wahlkampf versprochene, moralische Wende ins Stocken. Anfang Februar erklärte der designierte CIA-Chef Leon Panetta bei der Anhörung zu seiner Eignung für diesen Posten, zwar würden die USA nicht mehr foltern, aber daß man im Notfall, wie zum Beispiel, um in letzter Sekunde einen bevorstehenden Großanschlag zu verhindern, einen Verdächtigen dem Geheimdienst eines befreundeten Schurkenstaats übergeben könnte. Auf diese Weise sollen künftig Folterer im Ausland den Amerikanern offenbar die Drecksarbeit abnehmen.

Mit jener zynischen Stellungnahme gab Panetta zu erkennen, daß die Obama-Regierung weiterhin am "Global War on Terror" (GWoT) der Bush-Administration festhält, auch wenn sie ihn inzwischen rein aus PR-Gründen in die neutraleren, technokratischer klingenden "Overseas Contingency Operations" (OCO) umgetauft hat. Schließlich waren es die Demokraten selbst, die während der Ära Bill Clintons die Praxis der "extraordinary renditions", das heißt der Verschleppung militanter Gegner der US-Außen- und Sicherheitspolitik in den Ländern der islamischen Welt durch die CIA zwecks Internierung und Folter durch die Mitarbeiter ausländischer Regierungen eingeführt haben. Bei einer Anhörung des Justizausschusses des Senats in Washington am 7. Mai haben die beiden Republikaner Lamar Alexander aus Tennessee und Richard Shelby aus Alabama Justizminister Eric Holder zu dem Geständnis gezwungen, daß er während der zweiten Amtszeit Bill Clintons, also zwischen 1997 und 2001, mehr als einmal die völkerrechtlich illegale Entführung von Personen durch die CIA genehmigt hat. Damals arbeitete Holder unter Janet Reno als Stellvertretender Justizminister.

Den Republikanern geht es dieser Tage darum, zu verhindern, daß die zahlreichen Verstöße der Bush-Regierung gegen nationales und internationales Gesetz in der Frage der Behandlung von gefangengenommenen, mutmaßlichen "Extremisten" irgendein juristisches Nachspiel haben werden. Sie werfen den Demokraten Scheinheiligkeit sowie Inkonsequenz im Kampf gegen den "internationalen Terrorismus" vor. Derzeit ist ihr Hauptangriffsziel die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi. Zum Zeitpunkt der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 war die Kongreßabgeordnete aus San Francisco ranghöchste Demokratin im Geheimdienstausschuß des Repräsentantenhauses und soll in dieser Funktion als eine von ganz wenigen Politikern auf dem Kapitol von der Entscheidung des Weißen Hauses zur Anwendung von Folterpraktiken erfahren und sie auch noch abgesegnet haben. Pelosi verteidigt ihr damaliges Verhalten mit dem Argument, sie sei 2002 lediglich über die Genehmigung sogenannter "Enhanced Interrogation Techniques" (EITs) unterrichtet worden, habe jedoch nicht gewußt und sich auch nicht vorstellen können, daß es tatsächlich zu deren Anwendung kommen würde.

Die Angriffe der Republikaner scheinen ihre Wirkung zu haben. Wie die New York Times am 6. Mai unter der Überschrift "Torture Memos: Inquiry Suggests No Prosecutions" berichtete, ist man bei einer internen Untersuchung im Justizministerium zu dem Schluß gekommen, daß die damals Verantwortlichen im Office of Legal Counsel (OLC) für die Erstellung der skandalösen Folter-Expertisen - Steven Bradbury, Jay Bybee und John Yoo - zwar "schwere Mängel in der Urteilskraft gezeigt" hätten, aber daß gegen sie keine Anklage erhoben werden solle. Nach dem bisherigen Stand der Diskussion in Washington zu urteilen, kann man davon ausgehen, daß sich Justizminister Holder dieser im 220seitigen Untersuchungsbericht des Office of Professional Responsibility (OPR) enthaltenen Empfehlung nachkommen wird.

8. Mai 2009